Beziehungen zwischen Kreml und Elysée: Macron versucht es immer wieder

Frankreichs Staatschef sieht einen historischen Anspruch, von Moskau als vorrangiger Gesprächspartner angehört zu werden. Bisher ohne größere Erfolge.

Protest in Kiew mit ukrainischer Flagge und der Forderung: Say no to Putin

Ukrainer fordern am 9. Januar in Kiew Regierungschefs auf, Nein zu Putins Außenpolitik zu sagen Foto: Efrem Lukatsky/dpa

PARIS taz | Wenn etwas Frankreichs Präsidenten Emmanuel Macron mit Russlands Wladimir Putin verbindet, dann ist es der Sinn für die Geschichte und historische Symbole. So organisierte der neu gewählte französische Staatspräsident Macron im Mai 2017 einen Annäherungsversuch, indem er den russischen Staatschef ins Schloss von Versailles einlud – trotz der Spannungen seit der russischen Annexion der Krim 2014 und anhaltender besonders scharfer Meinungsdifferenzen bezüglich Syrien und der Ukraine.

Seine Idee dabei war es sicherlich nicht nur, seinen Gast mit einem prächtigen Galadinner zu beeindrucken. Vielmehr sollte der Anlass der Einladung, eine dem Zaren Peter dem Großen gewidmete Ausstellung im Schloss, Putin an die lange Tradition von Bündnissen und Freundschaft erinnern.

Mit dem Besuch des Zaren war 1717 nämlich 300 Jahre zuvor eine enge Beziehung eingeleitet worden. Putin dürfte allerdings geschmunzelt haben, als er beim Besuch der Ausstellung an der Seite von Macron ein Gemälde betrachtete, auf dem dargestellt wird, wie der mehr als zwei Meter große Zar den erst 7-jährigen König Ludwig XV. gönnerhaft auf den Arm nimmt.

Frankreich hat zumindest aufgrund der langen Vorgeschichte aus Macrons Sicht einen historischen Anspruch, von Moskau als vorrangiger Gesprächspartner auch in Krisenzeiten angehört zu werden. Genau dies denkt der französische Präsident auch heute – fast fünf Jahre nach seinem ersten Versuch –, an einen wenn nicht partnerschaftlichen so doch direkten und freimütigen Dialog mit dem russischen Herrscher im Kreml anzuknüpfen.

In der aktuellen Krise mit der Bedrohung der Ukraine durch einen russischen Truppenaufmarsch an den Grenzen sieht Macron jedenfalls keinen Widerspruch in seinem Verhalten: einerseits solidarisch mit den westlichen Partnern, auf das russische Säbelrasseln mit Sanktionen oder Reaktionen zu drohen, und andererseits im Gespräch Wege zur Deeskalation zu suchen.

Im Unterschied zu seinen beiden Vorgängern wünscht Macron Wiederannäherung

Um die Lage zu entspannen, führten Diplomaten aus Deutschland und Frankreich am Mittwoch im Élysée-Palast in Paris vorbereitende Gespräche im sogenannten Normandie-Format mit den Konfliktparteien in der Ukraine-Krise. Am Freitag will der französische Staatschef dann mit Putin telefonieren und ein Treffen vorschlagen.

Putins Visite in Versailles, ein Gegenbesuch von Frankreichs Präsidenten in Sankt-Petersburg, später ein Treffen in Macrons Urlaubsresidenz auf der Halbinsel von Brégançon – das alles waren Etappen ohne durchschlagende Erfolge für Macron, der im Unterschied zu seinen beiden Vorgängern eine mit „Realpolitik“ begründete Wiederannäherung mit Moskau wünscht.

Selbstverständlich wird ein französischer Staatschef nie eine Chance auslassen, um den Einfluss seines Landes auf der Weltbühne zu stärken und an die einstige Weltmacht zu erinnern. „Die Diskussion mit Russland ist immer schwierig. Das weiß ich selber, weil ich sie 2019 wieder eingeleitet habe“, sagte Macron bei einer Pressekonferenz mit Olaf Scholz am Dienstag.

Auf mögliche Einwände, Frankreich mache einen zu starken Alleingang ohne Rücksprache mit den Partnern, namentlich den USA, antwortete Macron: „Ist die Diskussion zwischen den Vereinigten Staaten und Russland ein gute Sache? Ja. Hat diese Diskussion (in der Ukraine-Frage) konkrete Ergebnisse gebracht? Ich kann sie nicht erkennen.“ Die Normandie-Treffen bleiben für ihn das „einzige politische Format“ für eine Verständigung – große Erwartungen an das diplomatische Quartett.

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