piwik no script img

EU-Pläne zu nachhaltiger EnergieGrüne drängen auf Ampel-Veto

Die Grünen wollen auf Änderungen der EU-Pläne zur Einstufung der Atomkraft dringen. Die AfD begrüßt Vorstoß der EU-Kommission.

Gerade stillgelegt: das AKW Grohnde in Niedersachsen Foto: imago

Berlin dpa/afp | Die Grünen wollen auf Änderungen an den EU-Plänen zur Einstufung von Atomkraft als nachhaltig dringen. „Unser Ziel muss es jetzt sein, über die Bundesregierung, aber natürlich auch über Kollegen im EU-Parlament, wo mit einfacher Mehrheit abgelehnt werden kann, Druck auszuüben, auf Verbesserungen hinzuwirken bei diesen Regeln zur Taxonomie“, sagte die stellvertretende Parteivorsitzende Ricarda Lang am Montag im ARD-Morgenmagazin.

Die Grüne bekräftigte die Kritik, die auch Parteikollegen wie Umweltministerin Steffi Lemke und Wirtschaftsminister Robert Habeck geäußert hatten: Atomkraft als nachhaltig einzustufen, „ist eine Form von Greenwashing, bei der wir nicht mitgehen sollten“. Dies drohe dazu zu führen, „dass wichtige Investitionen, die wir jetzt für die erneuerbaren Energien brauchen, dass die in die falsche Richtung geleitet werden“.

Die EU-Kommission hatte in der Neujahrsnacht ihren Verordnungsentwurf zur sogenannten Taxonomie an die Regierungen der 27 EU-Mitgliedstaaten geschickt. Die Taxonomie ist eine Art Klassifizierung nachhaltiger Wirtschaftsaktivitäten und kommt einer Einstufung als förderwürdig und einer Empfehlung an Investoren gleich. Brüssel schlägt unter anderem vor, Investitionen in neue Atomkraftwerke oder zur Laufzeitverlängerung von bestehenden unter bestimmten Umständen als nachhaltig und klimafreundlich zu klassifizieren.

Die Kommission will die Verordnung in zwei Wochen offiziell vorstellen. Anschließend können der Rat der Mitgliedstaaten und das EU-Parlament das Vorhaben theoretisch noch stoppen. Im Rat wäre allerdings eine kaum erreichbare qualifizierte Mehrheit von 20 der 27 Mitgliedstaaten, die zudem für 65 Prozent der EU-Einwohner stehen, nötig. Auch im EU-Parlament, wo eine einfache Mehrheit für ein Veto reichen würde, zeichnet sich dies bislang nicht ab.

AfD und CSU für Brüsseler Vorhaben

Zuspruch erhielt das Brüsseler Vorhaben von der AfD. Der Vorstoß der EU-Kommission „ist die völlig richtige Anerkennung einer unumstößlichen Tatsache“, erklärte der AfD-Co-Vorsitzende Jörg Meuthen. „Meint man es ernst mit der Reduktion von CO2-Emissionen, ohne dabei Deindustrialisierung der Wirtschaft, Verarmung der Massen, Bevormundung der Bürger und eine Energiekrise in Kauf zu nehmen, kommt man an der Atomkraft definitiv nicht vorbei.“ Der Bundesregierung warf der EU-Abgeordnete vor, Deutschland in der EU zu isolieren.

Auch die CSU-Landesgruppe im Bundestag warnte die Bundesregierung davor, auf ein Veto gegen die Pläne hinzuarbeiten. Der Chef der CSU-Abgeordneten im Bundestag, Alexander Dobrindt, sagte der Zeitung Die Welt (Montagsausgabe), ein europäischer Energiemix müsse sich unterscheiden können von der Energieerzeugung in Deutschland: „Das müssen die Ampel-Parteien jetzt lernen.“

Dobrindt betonte: „Raus aus der Kernenergie, raus aus der Kohle, weg vom Gas, das kann sicher nicht für alle EU-Länder gleichzeitig funktionieren und übrigens auch nicht für Deutschland als energieintensives Land, das auch Stromimporte benötigt.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

14 Kommentare

 / 
  • ach ja heute standen wieder nahe flensburg in windreichen norden die windräder still weil zuviel windstrom im netz ist .an der atomstromproduktion von brokdorf kanns ja nich mehr liegen das akw ist stillgelegt

  • Naja, wenn ich ganz ehrlich bin hab ich auch lieber ein paar Tonnen Atomabfall in irgend einem abgelegenen Bergwerk rumschmoren als überall verpestete Luft und mehr Klimakatastrophen bei uns und auf der ganzen Welt mit den erwartbaren Folgen (Hungersnöte, Kriege, Fluchtbewegungen usw.).

    Aber das muss halt jeder für sich entscheiden. Strom kommt ja aus der Steckdose, auch in windstillen Nächten...

    • @hderk:

      Die paar Tonnen Atommüll und die abgelegenen Bergwerke weisen Sie ja als ausgemachten Spezialisten in Sachen AKW-Betreibung aus.

  • Einzig nachhaltig bei dieser Form der elektrischen Energiegewinnung sind die immensen Kosten der Zwischen- und Endlagerung. Kernenergie ist zu träge um den heute notwendigen Lastgängen folgen zu können. Mehr als die Hälfte der thermischen Reaktorleistung wird mangels gutem Wirkungsgrad ungenutzt als Abwärme der Atmosphäre zugeführt, das Problem der strahlenden Abfälle ist weltweit seit mehr als sechs Jahrzehnten ungelöst. Dabei ist es sicherlich kein Zufall, dass aktuell neuerliche Luftschlösser wie saubere, "atommüllfressende" Gen IV-Reaktoren und Ideen wie die der Transmutation die Öffentlichkeit erreichen. Selbst aus dem Bereich des Finanzsektors kommen mahnende Worte zum Vorhaben des "grünen Anstrichs" der alten Spalt-Technologie. Dabei bieten alte Antworten als Reaktion auf neue Herausforderungen keine Lösungen. Die Energieversorgung der Zukunft sollte dezental, hocheffizient, vielfältig und möglichst nachaltig sein - und eben diesen Vorhaben sollte das finanzielle Privileg zur Förderung vorbehalten bleiben.

    • @Dirk Wilhelm:

      "Die Energieversorgung der Zukunft sollte dezental, hocheffizient, vielfältig und möglichst nachaltig sein - und eben diesen Vorhaben sollte das finanzielle Privileg zur Förderung vorbehalten bleiben."



      Soll das heißen wir sollten nur die Eierlegende Wollmilchsau fördern, die alle Probleme im handstreich löst?

  • Nein zum Atomkraft... Für immer..



    Grünen machen richtig, die EU zu blockieren..

    Auch wie Greta und Luisa gemacht haben.

  • Bei den vielen Artikeln zur Taxonomie wird selten die wissenschaftliche Grundlage für die Einordnung erwähnt. Stattdessen ist dann von einem Coup Macrons oder der "Atomlobby" die Rede. Wenn man den ganzen Lebenszyklus betrachtet, von der Uranmine bis zum Rückbau und Endlagerung, schneidet Atomkraft in allen relevanten Metriken besser als oder ähnlich gut ab wie die Erneuerbaren: CO2, Flächenbedarf, notwendiger Bergbau, Rohstoffbedarf, Tote/TWh. Man kann das z.B. in den aktuellen Veröffentlichungen der UNECE oder des IPCC nachlesen. Es mögen andere Gründe gegen Atomkraft sprechen, aber die Grundlage für die Taxonomie sind diese Umweltaspekte und da sind die Zahlen halt eindeutig.

    • @grüzi:

      Allerdings verstopfen AKWs die Stromnetze mit teuren Atomstrom und verhindern damit den Ausbau der erneuerbaren Energien.

      • @Alreech:

        Haben die Franzosen einen anderen Atomstrom oder wieso ist der da billiger?

  • " ersetzt, durch Fernwärme die Öl- und Gasheizungen in den Innenstädten"

    Und nach Berlin-Mitte kommt die Fernwärme vom AKW TempelhoferFeld?

  • Falls wir den Klimawandel durch den Bau neuer AKW doch noch stoppen können, dann sollten wir das tun. In Ländern wie Polen werden dadurch stinkende Kohlekraftwerke ersetzt, durch Fernwärme die Öl- und Gasheizungen in den Innenstädten.

    Ich habe weniger Angst vor einem Störfall als vor dem Klima-GAU. Es gibt keinen Plan(eten) B und unsere Zeit ist mittlerweile abgelaufen! Deshalb ist das wohl alternativlos.

    • @VanessaH:

      Die Störfälle sind nur die Spitze des Atom-Eisbergs.

      Ich weiß nicht, wo diese Illusionen auf einmal wieder herkommen.



      AKWs sind extrem unrentabel, die Dinger emittieren auch im Normalbetrieb radioaktive Strahlung mit teilweiser Häufung von Leukämiefällen in der Umgebung, über ihr Kühlwasser werden die anliegenden Gewässer fatal aufgeheizt, die Beschaffung des Urans ist extrem umwelt- und menschenschädlich, der anfallende Müll ist nirgends auf der Welt sicher lagerbar. Was braucht es denn noch, um Sie davon zu überzeugen, dass diese Technologie nicht geeignet ist einen Klima-GAU zu verhindern?



      Einzig alternativlos ist zuerst einmal, weniger Energie zu verbrauchen.

    • @VanessaH:

      Die Folgen von Tschernobyl und Fukushima wurden immer schon maßlos übertrieben um Angst zu machen. Dass Wildschweinfleisch aus Ostbayern derzeit ungenießbar ist, daraus machen manche ein Riesendrama; diese Leute sollte ein Klimaschützer ignorieren.

      • @Descartes:

        Sie haben keine Ahnung, wovon Sie reden!