Gabriele Lesser über die Handelsbeziehungen der EU zu Belarus
: Sanktionen, da wo es wehtut

Mit wirkungslosen Sanktionen gegen das Regime von Alexander Lukaschenko vorzugehen, ist scheinheilig. Warum kündigen die EU-Außenminister innerhalb von nicht mal zwei Jahren ein fünftes Paket an „harten Sanktionen“ gegen den Machthaber in Belarus an, obwohl sie wissen müssen, dass die Geschäfte wie eh und je florieren und die heimischen Unternehmer gar kein Interesse an Handelsbeschränkungen haben.

Aktuell veröffentlichte Zahlen von Wirtschaftsministerien und Statistikämtern bringen es ungeschminkt ans Licht: Das EU-Belarus-Handelsvolumen ist in den ersten acht Monaten dieses Jahren nicht etwa geschrumpft, sondern sogar um bis zu 40 Prozent gestiegen. Die EU sollte ihre Energien nicht darauf verschwenden, das Kleingedruckte zu den Sanktionen so zu formulieren, dass diese zwar „hart“ klingen, in Wirklichkeit aber nur Raffinerieprodukte oder Kalidüngersegmente betreffen, die im Handel ohnehin keine große Rolle spielen.

Die EU-Bürger:innen sollten nicht unterschätzt werden. Sie werden die augenscheinlichen Sanktionen der EU-Außenminister nicht für bare Münze nehmen. Am Ende kommt die Wahrheit doch ans Licht, und das Vertrauen ist verspielt.

Tatsächlich gibt es gute Gründe, keine Sanktionen gegen Schlüssel­industrien oder ganze Wirtschaftszweige in Belarus zu verhängen. Denn damit treibt die EU Belarus nur noch mehr in die Arme des russischen Präsidenten Wladimir Putin. Zudem würden viele Menschen ihre Arbeit verlieren.

Sinnvoll sind dagegen Sanktionen gegen Lukaschenko selbst und alle, die sich an den Wahlfälschungen beteiligt haben und die Menschenrechte mit Füßen treten. Die Opposition in Belarus fordert seit Jahren, rund 4.000 Politiker und Staatsfunktionäre mit einem Reiseverbot in die EU, USA, nach Großbritannien und Kanada zu belegen. Doch auf der schwarzen Liste stehen zurzeit gerade mal 166 Schreibtisch­täter. „Harte Sanktionen“ gegen ein Unrechtsregime sind das gerade nicht. Die EU täte gut daran, den Forderungen der Opposition in Belarus nachzukommen.

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