Laschets Rücktritt auf Raten: Ring frei bei der Union
Konsensuale Lösung? Eher nicht. Nach Laschets verschwurbelter Ankündigung droht der CDU ein offener Machtkampf. Und eine extrem schwierige Zeit.
A rmin Laschet hat am Donnerstagabend die Chance verpasst, klar seinen Rücktritt vom Parteivorsitz anzukündigen und damit unmissverständlich den Weg für eine Neuaufstellung der CDU frei zu machen. Dabei wäre das überfällig. Stattdessen ist es ein Rückzug auf Raten, den Laschet in verschwurbelten Sätzen formuliert. Seine Nachfolge will er selbst moderieren, im Konsens lösen und – sich selbst ein Hintertürchen offen lassen.
Zwei Dinge will er damit wohl gleichzeitig bewerkstelligen: seiner Partei, die zwischen Wut und Entsetzen schwankt, die Möglichkeit geben, etwas Druck abzulassen. Und Zeit für das eigene politische Überleben gewinnen. Um in dem unwahrscheinlichen Fall, dass es doch zu Jamaika-Verhandlungen kommt, die Chance auf das Kanzleramt noch nicht ganz zu verspielen. Denn nur der Einzug dort kann Laschets politische Karriere noch retten. Das aber ist wirklich schwer vorstellbar.
Dass der Noch-CDU-Chef mit seiner Strategie durchkommt, ist ohnehin höchst unwahrscheinlich. Zwar ist es Laschet auf Landesebene in NRW gerade geglückt, seine Nachfolge selbst zu regeln. Im Bund aber ist seine Position deutlich schwächer als in NRW, auch weil er hier eine solche Zusammenarbeit weder vorbereiten noch Vertrauen für sich wird schaffen können.
Zudem ist nicht zu erwarten, dass einer der bislang bekannten mutmaßlichen Kandidaten – Jens Spahn, Friedrich Merz, Norbert Röttgen und möglicherweise auch Ralph Brinkhaus – klein beigibt. Bislang halten sich diese gegenseitig in Schach. Keiner der vier ist stark genug, um als natürlicher Nachfolger zu gelten, aber auch keiner ist so schwach, dass er das Feld freiwillig räumen wird. Und einen ausgewiesenen Willen zur Macht haben alle.
Zudem fällt jetzt ein Faktor weg, der bislang disziplinierte: Wer Ambitionen anmelden will, muss Laschet nicht mehr aus dem Weg räumen. Viel spricht dafür, dass jetzt ein Machtkampf auf offener Bühne ausbricht. Dabei haben die möglichen Kandidaten durchaus unterschiedliche Vorstellungen für die Zukunft der CDU: Merz setzt auf das Wirtschaftsliberale mit einer großen Portion rückwärtsgewandtem Konservatismus.
Machtkampf auf offener Bühne
Röttgen dagegen will die CDU liberaler und auch grünenkompatibler aufstellen, und er will sie weiblicher machen, was mehr als überfällig ist. Das mag sympathisch klingen, fraglich aber ist, ob sich die CDU damit in der Opposition, wo sie aller Wahrscheinlichkeit nach landen wird, behaupten kann. Und Spahn? Der Gesundheitsminister steht für einen konservativen Kurs gepaart mit Modernität.
Und er ist der einzige der Genannten, der überhaupt den dringend notwendigen Generationswechsel in der Partei verkörpern könnte. Vielleicht aber gibt es ja auch noch den einen oder die andere Überraschungskandidat:in. In Laschets Vorschlag, den Übergang moderieren zu wollen, steckt noch ein anderes Problem: Seine konsensuale Lösung klingt zwar gut und mag Wünsche von vielen einsammeln, letztlich aber läuft sie auf eine Entscheidung in kleiner Runde hinaus.
Es ist aber gerade das, was viele in der Basis gar nicht mehr wollen – und was zudem im Falle Laschets spektakulär gescheitert ist. Auch dieser Streit steht der CDU jetzt bevor: Wie viel Mitspracherecht sollen die Mitglieder bei der Neuaufstellung der Partei haben? Und wie viel Macht behalten die Parteigremien? Dabei geht es um mehr als die Entscheidung um den künftigen Parteivorsitz. Es geht um die Frage, was für eine Partei die CDU künftig sein will.
Laschet ist nach zehn Monaten als Parteichef gescheitert, er hat der CDU das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten beschert. Viel spricht dafür, dass es so schnell nicht besser wird. Denn nach 16 Jahren Kanzlerschaft von Angela Merkel muss sich die CDU ganz grundsätzlich neu aufstellen – und zwar nicht nur beim Personal.
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