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Laschets Rücktritt auf RatenRing frei bei der Union

Sabine am Orde
Kommentar von Sabine am Orde

Konsensuale Lösung? Eher nicht. Nach Laschets verschwurbelter Ankündigung droht der CDU ein offener Machtkampf. Und eine extrem schwierige Zeit.

Für den Abtritt noch nicht bereit: CDU-Chef Armin Laschet nach seiner Rede im CDU-Hauptquartier Foto: Annegret Hilse/reuters

A rmin Laschet hat am Donnerstagabend die Chance verpasst, klar seinen Rücktritt vom Parteivorsitz anzukündigen und damit unmissverständlich den Weg für eine Neuaufstellung der CDU frei zu machen. Dabei wäre das überfällig. Stattdessen ist es ein Rückzug auf Raten, den Laschet in verschwurbelten Sätzen formuliert. Seine Nachfolge will er selbst moderieren, im Konsens lösen und – sich selbst ein Hintertürchen offen lassen.

Zwei Dinge will er damit wohl gleichzeitig bewerkstelligen: seiner Partei, die zwischen Wut und Entsetzen schwankt, die Möglichkeit geben, etwas Druck abzulassen. Und Zeit für das eigene politische Überleben gewinnen. Um in dem unwahrscheinlichen Fall, dass es doch zu Jamaika-Verhandlungen kommt, die Chance auf das Kanzleramt noch nicht ganz zu verspielen. Denn nur der Einzug dort kann Laschets politische Karriere noch retten. Das aber ist wirklich schwer vorstellbar.

Dass der Noch-CDU-Chef mit seiner Strategie durchkommt, ist ohnehin höchst unwahrscheinlich. Zwar ist es Laschet auf Landesebene in NRW gerade geglückt, seine Nachfolge selbst zu regeln. Im Bund aber ist seine Position deutlich schwächer als in NRW, auch weil er hier eine solche Zusammenarbeit weder vorbereiten noch Vertrauen für sich wird schaffen können.

Zudem ist nicht zu erwarten, dass einer der bislang bekannten mutmaßlichen Kandidaten – Jens Spahn, Friedrich Merz, Norbert Röttgen und möglicherweise auch Ralph Brinkhaus – klein beigibt. Bislang halten sich diese gegenseitig in Schach. Keiner der vier ist stark genug, um als natürlicher Nachfolger zu gelten, aber auch keiner ist so schwach, dass er das Feld freiwillig räumen wird. Und einen ausgewiesenen Willen zur Macht haben alle.

Zudem fällt jetzt ein Faktor weg, der bislang disziplinierte: Wer Ambitionen anmelden will, muss Laschet nicht mehr aus dem Weg räumen. Viel spricht dafür, dass jetzt ein Machtkampf auf offener Bühne ausbricht. Dabei haben die möglichen Kandidaten durchaus unterschiedliche Vorstellungen für die Zukunft der CDU: Merz setzt auf das Wirtschaftsliberale mit einer großen Portion rückwärtsgewandtem Konservatismus.

Machtkampf auf offener Bühne

Röttgen dagegen will die CDU liberaler und auch grünenkompatibler aufstellen, und er will sie weiblicher machen, was mehr als überfällig ist. Das mag sympathisch klingen, fraglich aber ist, ob sich die CDU damit in der Opposition, wo sie aller Wahrscheinlichkeit nach landen wird, behaupten kann. Und Spahn? Der Gesundheitsminister steht für einen konservativen Kurs gepaart mit Modernität.

Und er ist der einzige der Genannten, der überhaupt den dringend notwendigen Generationswechsel in der Partei verkörpern könnte. Vielleicht aber gibt es ja auch noch den einen oder die andere Überraschungskandidat:in. In Laschets Vorschlag, den Übergang moderieren zu wollen, steckt noch ein anderes Problem: Seine konsensuale Lösung klingt zwar gut und mag Wünsche von vielen einsammeln, letztlich aber läuft sie auf eine Entscheidung in kleiner Runde hinaus.

Es ist aber gerade das, was viele in der Basis gar nicht mehr wollen – und was zudem im Falle Laschets spektakulär gescheitert ist. Auch dieser Streit steht der CDU jetzt bevor: Wie viel Mitspracherecht sollen die Mitglieder bei der Neuaufstellung der Partei haben? Und wie viel Macht behalten die Parteigremien? Dabei geht es um mehr als die Entscheidung um den künftigen Parteivorsitz. Es geht um die Frage, was für eine Partei die CDU künftig sein will.

Laschet ist nach zehn Monaten als Parteichef gescheitert, er hat der CDU das schlechteste Wahlergebnis aller Zeiten beschert. Viel spricht dafür, dass es so schnell nicht besser wird. Denn nach 16 Jahren Kanzlerschaft von Angela Merkel muss sich die CDU ganz grundsätzlich neu aufstellen – und zwar nicht nur beim Personal.

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Sabine am Orde
Innenpolitik
Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.
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10 Kommentare

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  • Nur die Linkspartei mit ihren 4,9 % ist mucksmäuschenstill und wagt es noch nicht einmal aus ihrem Mauseloch heraus ein Pips zu machen.

    • @Rudolf Fissner:

      Das könnten sich in der Tat auch andere mal zum Vorbild nehmen.

  • Gute Analyse einer Presseerklärung von Armin Laschet, die alles Mögliche war, nur eben keine Erklärung. Laschet macht jetzt voll auf Sphinx. Von wem hat er das bloß?

  • Da scharren einige Politiker und viele Medien. Aber für das Land ist Laschets verantwortungsvolle Vorgehensweise am sinnvollsten.

  • Die CDU könnte auch einfach in der Bedeutungslosigkeit verschwinden und uns allen damit einen Gefallen tun.

    • 8G
      82286 (Profil gelöscht)
      @t-mos:

      Und wer zivilisiert dann die Rechtsradikalen in der CDU ?

  • Da gibt es vermutlich den einen oder anderen bei der Union der spekuliert doch noch auf eine GroKo, dann eben mit einem Kanzler Scholz.



    Völlig unrealistisch ist das nicht.



    Die Grünen werden keinen CDU Kanzler wählen der vor der Wahl gar nicht als Kandidat im Rennen war und Laschet ist jetzt völlig undenkbar geworden.

    Die roten Linien der FDP sind aber mit den inhaltlichen Vorstellungen der SPD, insbesondere dem jetzt starken linken Flügel der SPD, mathematisch schlicht unvereinbar, das läßt sich nicht in "schöne Worte" packen, das passt einfach nicht zusammen.

    Lindner dürfte sich das Medienecho, z.B. in der Springerpresse oder der FAZ (die werden besonders gerne von seinen Parteifreunden gelesen) ausmalen können, was passiert, wenn er hier einknickt.

    Da wird Lindner also die Reißleine ziehen und was bleibt dann noch übrig ? Groko...

    • @Paul Rabe:

      Christian Bullerbü wird ja auch nicht jünger. Die vielen Nächte neben der Sparleuchte haben ihre deutlichen Spuren hinterlassen. Wenn er diesmal wieder nicht mitregiert, dann war's das doch für ihn.

    • @Paul Rabe:

      Wenn Lindner die Ampel--Reißleine zieht, blieben GroKo oder Jamaika.

      Was sollten die Grünen gegen einen anderen CDU/CSU-Kanzler haben, wenn Laschet ja offenbar nicht von den Wählern gewollt wurde?

      • @meerwind7:

        ... selber Kanzler/in werden. Muss die CDU sich halt hinten anstellen, wenn sie mitspielen will. Die Grünen könnten die CDU an ihre eigene Parole am Wahlabend erinnern: Man muss nicht stärkste Kraft sein, um den Kanzler stellen zu können. Das dürfte der CDU ganz bitter in den Magen rutschen. Allerdings hat sich noch kein Politiker von seinem Gedächtnis gefangen nehmen lassen...