: Neonazis im Grenzraum
Horst Seehofer schickt mehr Bundespolizei an die Grenze zu Polen, um dort über Belarus einreisende Menschen aufzugreifen. Bündnis demonstriert für Asyl und gegen Nazis
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Von Uta Schleiermacher
Horst Seehofer (CSU) will Verstärkung an die Grenze zu Polen schicken. Am Sonntag brachte der geschäftsführende Noch-Bundesinnenminister auch Grenzkontrollen zwischen Deutschland und Polen ins Gespräch. Hintergrund ist, dass zunehmend Menschen über Belarus und Polen nach Deutschland einreisen.
„Wir werden den Grenzraum und die grüne Grenze zu Polen engmaschig kontrollieren“, sagte Seehofer der Bild am Sonntag. Die Bundespolizei führt dort bereits stichprobenartig Kontrollen durch. Greifen sie Menschen ohne gültige Papiere auf, werden diese überprüft – wenn sie Asyl beantragen wollen, nimmt die Bundespolizei sie auf. Dafür seien jetzt acht zusätzliche Hundertschaften dort eingesetzt.
Er sei bereit, noch weiter zu verstärken, sagte Seehofer. Sollte sich die Situation an der deutsch-polnischen Grenze nicht entspannen, müsse überlegt werden, ob man – wie an der österreichischen Grenze – den Schritt zu ständigen Grenzkontrollen in Abstimmung mit Polen und dem Land Brandenburg gehe. In einem solchen Fall würde die Grenze geschlossen und den Geflüchteten mit Einreisewunsch dieser dann dort verwehrt.
Unterdessen hatte Brandenburgs Polizei in der Nacht zu Sonntag rund 50 Neonazis im Grenzgebiet zu Polen aufgegriffen und ihnen Platzverweise erteilt. Die Polizei ordnet diese Personen dem Umfeld der rechtsextremen Kleinstpartei „Der dritte Weg“ zu. Dabei habe die Polizei Pfeffersprays, ein Bajonett, eine Machete und Schlagstöcke sichergestellt.
Die Nazi-Kleinstpartei hatte zuvor zu einem sogenannten Grenzgang aufgerufen. Damit wollten sie nach eigenen Angaben „illegale Ausländer“ an der Grenze zu Polen aufspüren. „Hier haben Privatpersonen klar widerrechtlich versucht, das staatliche Gewaltmonopol in ihre Hände zu nehmen“, sagte Polizeisprecher Maik Kettlitz am Sonntag der taz. „Aber das wird es hier nicht geben.“
Alarmiert durch die Aufrufe der Neonazis demonstrierten währenddessen rund 120 Menschen aus zivilgesellschaftlichen Initiativen rund um Seebrücke und Welcome United mit einer 24-Stunden-Mahnwache in der Grenzstadt Guben für Bewegungsfreiheit und gegen Rassismus.
Das Bündnis warnte davor, dass das Recht auf Asyl an der Grenze zu Polen von vermummten Neonazis außer Kraft gesetzt werde. „Es darf keine Push-Backs geben“, hieß es aus dem Bündnis.
Minister Seehofer sagte, er sei gegen Grenzkontrollen. Aber offene innereuropäische Grenzen setzten voraus, dass „der Außengrenzschutz funktioniert“. Bundesrepublik und Europäische Union verdächtigen den belarussischen Machthaber Alexander Lukaschenko, dass er Menschen über Belarus ungehindert in die EU einreisen lässt.
Die Bundespolizei hat nach eigenen Angaben im Oktober 3.751 „unerlaubte Einreisen“ festgestellt, bei denen sie davon ausgeht, dass die Menschen über Belarus nach Polen und dann nach Deutschland gekommen sind. Die Menschen kamen aus dem Irak, aus Syrien, Iran, Afghanistan und Pakistan.
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