Arbeitskampf bei der Deutschen Bahn: Scheuer, übernehmen Sie!
Im Tarifstreit mit der GDL schafft es die Bahn nicht, der Gewerkschaft eine Brücke zu bauen. Der Bund als Alleineigentümer muss eingreifen.
J etzt muss Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer ran: Die Manager des Bahnkonzerns und die Gewerkschaft Deutscher Lokomotivführer (GDL) haben sich im aktuellen Tarifkonflikt völlig verhakt. Es wird Zeit, dass die Eigentümerin der Deutschen Bahn eingreift. Eine Streikwelle in diesem Herbst wäre fatal – wegen der wieder steigenden Corona-Ansteckungsgefahr und wegen der Fahrgäste, die dauerhaft fernbleiben könnten.
Ja, in Deutschland gilt Tarifautonomie. Der Staat darf sich nicht in Verhandlungen zwischen Arbeitgebern und Gewerkschaften einmischen. Aber hier ist die Lage keine gewöhnliche. Die Deutsche Bahn ist im Alleinbesitz des Staates, der aus guten Gründen viele Milliarden in den Konzern steckt. Denn die Bahn ist das Rückgrat einer klimafreundlichen Verkehrspolitik; ihr Zustand entscheidet mit darüber, ob Deutschland seine Klimaziele erreicht.
Das Bahn-Management ist offenbar nicht dazu in der Lage, der GDL eine Brücke zu bauen, damit sie an den Verhandlungstisch zurückkehrt. Der Vorstand braucht offenbar ein deutliches Signal. Und das sollte Scheuer senden, etwa indem er ihnen klarmacht, dass ein Tarifabschluss, wie ihn sein CSU-Parteifreund Horst Seehofer für den öffentlichen Dienst ausgehandelt hat, keineswegs überzogen ist.
So ein Signal würde es der GDL ermöglichen, ohne Gesichtsverlust Gespräche aufzunehmen. Das Argument, Aktionäre würden nicht in Tarifverhandlungen ihrer Unternehmen eingreifen, zieht nicht. Wenn Großaktionäre unzufrieden sind mit dem Kurs ihren Vorstände, tauschen sie sie kurzerhand aus. Das wäre angesichts der desolaten Lage bei der Bahn auch nicht die schlechteste Idee.
Sicher geht es der GDL nicht nur um Lohnerhöhungen. Sie will auch Mitglieder gewinnen, möglicherweise sieht sie sich in einem Existenzkampf. Aber das hat die Politik verschuldet, indem die Große Koalition das Tarifeinheitsgesetz durchs Parlament gepeitscht hat. Jetzt sollte sie nicht über die Folgen jammern.
40.000 mal Danke!
40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Kanzler Olaf Scholz über Bundestagswahl
„Es darf keine Mehrheit von Union und AfD geben“
Weltpolitik in Zeiten von Donald Trump
Schlechte Deals zu machen will gelernt sein
Einführung einer Milliardärssteuer
Lobbyarbeit gegen Steuergerechtigkeit
+++ Nachrichten im Ukraine-Krieg +++
Trump macht Selenskyj für Andauern des Kriegs verantwortlich
Wahlarena und TV-Quadrell
Sind Bürger die besseren Journalisten?
Werben um Wechselwähler*innen
Grüne entdecken Gefahr von Links