piwik no script img

Diskussion über Femizid

Die Integrationssenatorin verwahrt sich auch nach breiter Kritik weiter gegen den Begriff „Ehrenmord“

Von Stefan Alberti

Integrationssenatorin Elke Breitenbach (Linkspartei) hat am Dienstag Vorwürfe zurückgewiesen, sie verharmlose die mutmaßliche Tötung einer Afghanin durch zwei Brüder, wenn sie darin keinen Ehrenmord sehe, sondern von Femizid spreche, der Tötung von Frauen wegen ihres Geschlechts. Verharmlosend ist für sie vielmehr, von „Ehrenmord“ zu reden. „Es gibt keine Ehre bei Mord“, sagte sie vor Journalisten. „Hinter all diesen Morden steht keine Religion, steht keine Kultur, hinter all diesen Morden stehen patriarchale Strukturen.“

Der Polizei zufolge sollen die beiden Männer ihre 34-jährige Schwester in Berlin getötet und in Bayern vergraben haben. Grund für die Tat sei „gekränktes Ehrgefühl“, weil das Leben der Schwester nicht ihren Moralvorstellungen entsprach. Aus ähnlichen Motiven war 2005 die türkeistämmige Hatun Sürücü von ihrem Bruder erschossen worden.

Kritik an Breitenbach übt vor allem die muslimische Frauenrechtlerin Seyran Ates. Es wäre viel gewonnen, wenn akzeptiert würde, dass es so etwas wie „Ehrenmorde“ gibt, sagte sie im RBB. Die seien aber „nur die Spitze des Eisbergs“. Es gebe weiter große Probleme in Parallelgesellschaften mit der Unterdrückung von Frauen. Wenn die Integrationspolitik das nicht sehe, „ist das ein Armutszeugnis“. Im Tagesspiegel hatte sich der Psychologe Ahmad Mansour kritisch geäußert: Integrationspolitik würde diese Probleme oft verdrängen. Leidtragende seien die Frauen.

Breitenbach sagte am Dienstag, dass es patriarchale Strukturen in unterschiedlicher Form und Ausprägung gebe. Doch „so zu tun, als sei Gewalt an Frauen oder der Mord an Frauen importiert“, ist aus ihrer Sicht falsch. „Wir hatten schon immer auch deutsche Männer, die ihre Frauen ermorden.“

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen