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EU ohne KatastrophenschutzplanFür Klimaschäden schlecht gerüstet

Kommissionschefin von der Leyen verspricht zwar schnelle Hilfen – doch einen Plan gegen Überschwemmungen und Dürren hat sie nicht.

Trooz in Belgien am Freitag. Ausgerechnet für Katastrophen wie diese ist die EU schlecht gerüstet Foto: Julien Warnand

Brüssel taz | Die EU hat schnelle Hilfe für die von der Hochwasserkatastrophe betroffenen Länder und Regionen versprochen. „Die EU steht bereit, um zu helfen, zum Beispiel mit unserem Katastrophenschutzverfahren“, sagte Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen am Freitag.

Die Überschwemmungen in Deutschland, Belgien, Luxemburg und den Niederlanden seien eine Folge des Klimawandels, betonte sie. Doch ausgerechnet für Katastrophen wie diese ist die EU schlecht gerüstet. Eine Anpassung an die teils drastischen Folgen der Klimakrise lässt auf sich warten.

Erst im Februar hatte die EU-Kommission eine entsprechende Strategie vorgelegt. „Von tödlichen Hitzewellen und verheerenden Dürren bis hin zu massiven Waldschäden und durch den Anstieg des Meeresspiegels erodierte Küsten fordert der Klimawandel in Europa und weltweit bereits seinen Tribut“, heißt es darin.

Wirtschaftliche Verluste infolge häufigerer klimabedingter Wetterextreme nähmen zu. Allein in der EU betrügen diese Verluste im Schnitt bereits mehr als 12 Milliarden Euro pro Jahr. Konservativen Schätzungen zufolge müsste die heutige Wirtschaft in der EU bei einer Erderwärmung um 3 Grad gegenüber dem vorindustriellen ­Niveau jährliche Verluste von mindestens 170 Milliarden Euro hinnehmen.

„Gegen die Klimakrise gibt es keinen Impfstoff“

Der für das Klima zuständige EU-Kommissar Frans Timmermans hatte sich kämpferisch gegeben: „Gegen die Klimakrise gibt es keinen Impfstoff, doch wir können sie trotzdem bekämpfen und uns auf ihre unvermeidbaren Auswirkungen vorbereiten“, erklärte er damals. Doch fünf Monate später ist von diesen Vorbereitungen nichts zu sehen. Die Strategie wurde immer noch nicht in einen Aktionsplan mit Vorschlägen zum Hochwasserschutz, zum Deichbau oder zur Verhinderung oder Linderung von Dürren überführt.

Bei der Vorstellung des Klimapakets „Fit for 55“ am Mittwoch in Brüssel spielte die Anpassung an die Folgen der Klimakrise keine Rolle. Von der Leyen sieht sich zwar – wie viele deutsche Politiker – in ihrer Einschätzung bestätigt, dass die EU schnell handeln müsse, um weitere Katastrophen abzuwenden. Doch fast alle Maßnahmen zielen auf die Senkung der Treibhausgase. Der Schutz vor den Folgen der Klimakrise dagegen kommt zu kurz.

Der grüne Europaabgeordnete Rasmus Andresen forderte, einen Europäischen Hilfsfonds für die Hochwasserregionen und betroffene Bür­ge­r*in­nen aufzulegen. Die EU habe mit dem Europäischen Solidaritätsfonds ein Instrument, um bei Naturkatastrophen betroffene Regionen zu unterstützen, erklärte der Haushaltsexperte. „Wenn wir alle Reserven mobilisieren, haben wir für das Jahr 2021 noch knapp 700 Millionen Euro aus den Kriseninstrumenten zur Verfügung.“

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5 Kommentare

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  • 0G
    06438 (Profil gelöscht)

    ""Doch fünf Monate später ist von diesen Vorbereitungen (gemeint sind Vorbereitungen der EU) nichts zu sehen.""



    ==



    Nach Aussagen von Habeck hat



    ""auch die Bundesregierung zwar ambitioniertere Klimaziele beschlossen, dann sei aber nichts nachgekommen, sagte Robert Habeck:



    ===



    ===



    "Die Bundesregierung hat also gepennt, während die EU-Kommission einen Vorschlag vorgelegt hat, wie es gehen kann."



    ===



    ===

    --- Die EU-Kommission will Benzin- und Dieselautos bis 2035 verbieten.

    ----Kerosinsteuer für innereuropäische Flüge.

    ---Importabgabe auf klimaschädliche Produkte aus Drittländern

    --- Ziel der EI für 2030: 55 Prozent weniger Treibhausgase im Vergleich zu 1990

    --- erhebliche EU Investitionen in die Ladeinfrastruktur - alle 60km Ladesäulen an den wichtigsten Straßen

    --- Senkung der zulässigen Co 2 Emissionen der Neuwagenflotten der Fahrzeughersteller auf 50 und 55%

    um einige Beispiele zu nennen.

    Die EU ist zwar ein demokratisch legitimiertes Organ der 27 Mitgliedsländer - das bedeutet das diese Organisation mit dem Namen EU nicht mehr beschliessen kann als das was die Mehrheit der Mitgliedsländer fordern.

    Der Punkt:



    Allerdings entwickelt sich die EU im Bereich Klimaschutz immer mehr zum ""Weihnachtsmann"" -- und nicht nur im Bereich UMWELT SCHUTZ hat sie einen konkreten Plan.

  • Angesichts der Hochwasserkatastrophe kochen die Gemüter bzgl. Klimaschutz wieder hoch. Doch Erderwärmung und Wetterextreme ist nicht alles und vielleicht sogar noch das kleinere Übel.

    Nicht nur Deutschland ist mit Giftmüll aller Art überflutet, sei es heimlich vergraben und noch nicht entdeckt oder ganz offen irgendwo gelagert. wo es zu Überflutungen kommt, da werden diese Gifte auf die Fläche verteilt. Und es wird stetig schlimmer. Ein Großteil der Weltbevölkerung lebt in Küstengebieten, zusammen mit dem Giftmüll. Wo aber der Meeresspiegel ansteigt, da kommt es ebenfalls zu einer Verteilung solchen Mülls in der Fläche.

    Eine Vorbereitung auf solche Folgen ist gegenwärtig noch nicht erkennbar. Noch überwiegt weltweit die Suche nach Schuldigen, nachdem mal wieder irgendeien Katastrophe stattgefunden hat, und der vorübergehenden Suche folgt das kommerzkompatible Vergessen, ggf. unterbrochen durch ziemlich haltlose politische Versprechen, zukünftig alles besser machen zu wollen.

  • Ist doch toll, dass der Etat in die Bundeswehr 2021 um 1,16 Milliarden erhöht werden soll und dass "der Haushaltsausschuss des Bundestags 27 Rüstungsprojekten [...] am Mittwoch (Anm. im Juni) zugestimmt [hat]. In der letzten regulären Sitzungswoche der Legislaturperiode hat er damit Militärausgaben von insgesamt 16 Milliarden Euro bewilligt. Der größte Teil entfällt auf den Bau eines neuen Kampfjets in europäischer Koproduktion unter dem Projektnamen FCAS. Allein für dessen Entwicklung stellt Deutschland bis 2027 knapp 4,5 Milliarden Euro zur Verfügung."



    Das sind SEHR wichtige Ausgaben, jetzt wo die Bundeswehr doch so eifrig helfen darf. Da werden Kampfjets demnächst richtig weiterhelfen in Sachen Katastrophen- und Klimaschutz. Zum Glück gibt es die Bundeswehr! ;-(

  • Für Klimaschäden schlecht gerüstet. Klar, denn wenn der Schaden schon mal da ist kann man ihn ja nicht mehr verhindern.



    Wir brachen daher mehrere Dinge gleichzeitig: Anpassung, Resilienz für Klimafolgen stärken, Klimawandel verlagsamen/stoppen/umdrehen.



    Anpassung: Baulich Technisch und methodisch vor Ort...



    Resilienz stärken: Waldumstellung, Wohngebiete zukünftig entsprechend ausweisen, Infrastruktur felxibel und ggf. redundant auslegen,



    KLimawandel stoppen: Erneuerbare forcieren, Dekarbonisierung der Wirtschaft inkl. der Bewohner...



    Kurzum: Proaktiv werden, weniger reagieren müssen.



    Leider hört man das von der Politik allenfalls mal in Bruchstücken.

  • Natürlich gibt es ein Analogon zum Impfstoff für die Erderhitzung: Schnelle Reduktion der Treibhausgas-Emissionen. Das mögen nur die Konservativen nicht; und wenn schon, dann bestimmt nicht auf sozialverträgliche Weise.

    Die Konservativen sind also die Impfverweigerer*innen des Klimanotstands.