Enteignungs-Volksentscheid im September: Mit der richtigen Wucht gewinnen

Parallel zu den Wahlen am 26. September wird auch über die Vergesellschaftung der Wohnungskonzerne entschieden. Das ist allemal der richtige Termin.

Wähler in Berlin im Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg in der Wahlkabine

Eine ganze Menge zu wählen im September Foto: Kay Nietfeld/dpa

Sie sind ja nicht falsch, die Gedanken, die aus Kreisen der Volksbegehrens Deutsche Wohnen & Co enteignen immer wieder zu hören waren: Ein Wahltermin für den Volksentscheid parallel zu den Wahlen im September – wie er in dieser Woche vom Senat endgültig festgelegt wurde – mindert die Erfolgsaussichten für die Vergesellschaftungsinitiative. Statt vorzugsweise die eigene Klientel in die Wahllokale zu mobilisieren, wird nun jeder noch so reaktionäre Wähler den Abstimmungsbogen automatisch in die Hand gedrückt bekommen.

All jene, die empfänglich sind für die Argumente der Immobilienlobby und ihrer politischen Vertreterinnen von FDP bis SPD, für Linken-Bashing und Sozialismus-Alarmismus, all jene, die nicht über ihren Gartenzaun hinaus blicken können oder wollen, werden nun mit abstimmen und den Volksentscheid damit womöglich scheitern lassen. Auch Unentschlossene und Uninformierte könnten der zu erwartenden Kampagne gegen die Initiative, der Material- und Lügenschlacht, auf den Leim gehen, selbst wenn das Zurückdrängen privater, den Staat um Steuern prellender Immobilienkonzerne auch in ihrem Interesse wäre.

Und dennoch ist die Zusammenlegung mit dem Termin von Bezirks-, Abgeordnetenhaus- und Bundestagswahl die einzig richtige Entscheidung, und das nicht nur, weil damit Aufwand und Kosten einer zweiten Wahl vermieden werden.

Auch für die Legitimität der Initiative ist das notwendigerweise richtig. Ihr Anliegen kommt einem Systemwandel gleich, einem Bruch mit einer kapitalistischen Logik, die sich in alle Lebensbereiche gefressen hat. Die Tiefe des Einschnitts erinnert an eine Verfassungsänderung im Parlament, für die eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist.

Im Erfolgsfall bedeutet das am Wahltag eine ganz andere Wucht

Eine eigenständige Abstimmung hätte die Initiative auch mit einer Mehrheit und den Ja-Stimmen von nur einem Viertel der Wahlberechtigten gewonnen. So allerdings braucht sie die Mehrheit von womöglich zwei Millionen Wähler*innen.

Im Erfolgsfall bedeutet das eine ganz andere Wucht: Kein Minderheitenprojekt, sondern eines der Stadtgesellschaft. Eines, das auch die nächste Regierung, die die Vergesellschaftung erst in ein Gesetz gießen soll, nicht torpedieren kann. Um dieses Ziel zu erreichen, ist Wäh­le­r*in­nen­ver­ach­tung wie oben fehl am Platz. Die Initiative muss um jede FDP-Wählerin kämpfen. Dann hat sie auch die Chance, nicht nur zu gewinnen, sondern mehrheitlich anerkannt zu werden.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Redakteur für parlamentarische und außerparlamentarische Politik in Berlin, für Krawall und Remmidemmi. Schreibt über soziale Bewegungen, Innenpolitik, Stadtentwicklung und alles, was sonst polarisiert. War zu hören im Podcast "Lokalrunde".

Wir würden Ihnen hier gerne einen externen Inhalt zeigen. Sie entscheiden, ob sie dieses Element auch sehen wollen.

Ich bin damit einverstanden, dass mir externe Inhalte angezeigt werden. Damit können personenbezogene Daten an Drittplattformen übermittelt werden. Mehr dazu in unserer Datenschutzerklärung.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.