Berlins landeseigene Wohnungsunternehmen: Aus 6 mach 1

Andrej Holm und Jan Kuhnert schlagen vor, die Wohnungsgesellschaften zusammenzuführen. Berlin brauche mehr politischen Einfluss und mehr Neubau.

Luftansicht einer Berliner Altbaustraße

Alle unter einen Deckel Foto: dpa

BERLIN taz | Sechs landeseigene Wohnungsbauunternehmen (LWU) mit eigenen Vorständen, etwa 80 Unterfirmen und zwei zuständige Senatsverwaltungen für Finanzen und Stadtentwicklung – die Verwaltungsstruktur für die dem Land gehörenden 336.000 Wohnungen ist denkbar kompliziert.

Dass das auch anders geht, skizzieren nun der Stadtsoziologe Andrej Holm und der ehemalige Vorstand der die Gesellschaften in ihrer Sozialausrichtung kontrollierenden Wohnraumversorgung Berlin, Jan Kuhnert. In einem 40-seitigen Papier plädieren beide für die Zusammenfassung der sechs Gesellschaftern in eine gemeinsame Anstalt öffentlichen Rechts (AöR).

Ihrer Idee zugrunde liegen dabei nicht allein strukturelle Überlegungen, sondern auch das Problem einer durchgreifenden politischen Steuerung der Wohnungsunternehmen. So schreiben die Autoren: „Das wiederholte Unterlaufen von politischen Beschlüssen zu Mietverzichten, der Widerstand der Geschäftsführungen gegen höhere WBS-Quoten bei der Wiedervermietung, gegen eine Erhöhung des Anteils von Sozialwohnungen an Neubauprojekten sowie gegen eine stärkere Beteiligungsrechte der Mie­te­r*in­nen zeigen, dass die LWU sich von den politisch formulierten Anforderungen an eine öffentliche Wohnungswirtschaft überfordert fühlen.“

Organisiert sind die LWU bislang als private Unternehmen, drei als Aktiengesellschaften, drei als GmbH – mit den entsprechenden gesetzlichen Vorgaben gewinnorientiert zu arbeiten. In einer Anstalt öffentlichen Rechts mit dem Ziel einen Beitrag zur Wohnraumversorgung zu leisten, würde dieser „Druck, Gewinne zu erzielen, entfallen“, wie Jan Kuhnert der taz sagt. Gleichwohl müsste auch ein neues gemeinsames Unternehmen eine „ausreichende Ertragslage“ haben – und etwa durch Eigenkapitalzuschüsse vom Land bei zusätzlichen Neubau unterstützt werden.

Neubau ankurbeln

Dies sei auch notwendig, um ein weiteres Ziel, das die Autoren mit ihrem Vorschlag verfolgen, zu erreichen: die Ausweitung des Neubaus. Dieser müsse auf 7.000 Wohnungen jährlich verdoppelt werden, so die Forderung. Erst eine gesellschaftsübergreifende Struktur könnte den „Auf- und Ausbau von Planung- und Baukapazitäten“ gewährleisten. Anders als bei sechs Parallelstrukturen sei etwa die Grundstücksakquise, die Übernahme von Architekturarbeiten und Bauherrenfunktion in einem Unternehmen deutlich effizienter und auch günstiger zu realisieren.

Notwendig sei zudem, so Kuhnert, die bisherige Quote von 50 Prozent für Sozialwohnungen zu erhöhen. Der Sorge vor einem neuen Großunternehmen hält Kuhnert entgegen, dass zugleich eine Dezentralisierung der Verwaltung, kleinteiligere Strukturen und Entscheidungen vor Ort unter stärkerer Mitbestimmung der Mie­te­r*in­nen angestrebt würden.

Konkret plädiert die Studie für die Gründung einer Managementeinrichtung etwa als Anstalt öffentliches Rechts nach der nächsten Abgeordnetenhauswahl. Diese solle die Steuerung der Wohnungsbaugesellschaften bündeln und unverzüglich eine Bausteuerungs-GmbH gründen. In einem darauffolgenden Schritt soll die Überführung der Unternehmen in eine Holding, ebenfalls als AöR organisiert, vorbereitet werden. Statt der bisherigen zwölf Vorstandsposten, je zwei pro Unternehmen, würde ein sechsköpfiger Vorstand gebildet.

Die womöglich zu vergesellschaftenden Wohnungen nach einem erfolgreichen Volksentscheid wären nach Ansicht Kuhnerts nicht Teil des neuen Unternehmens. Während bei den Wohnungen im Landesbesitz das Land Berlin stets die Mehrheit im Aufsichtsrat stellen müsse, strebe die Enteignungs-Initiative ein anderes Modell an.

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