Neue EU-Staatsanwaltschaft: Laura Kövesi kämpft gegen Betrug
Die EU gründet ihre erste Staatsanwaltschaft zur Betrugs- und Korruptionsbekämpfung. Geleitet wird sie von der Rumänin Laura Kövesi.
Kövesi hat sich in Rumänien einen guten Ruf als fachlich versierte und unerschrockene Juristin verdient. 2006 wurde sie Generalstaatsanwältin des Landes, als erste Frau auf diesem Posten. 2013 übernahm sie die Leitung der rumänischen Antikorruptionsbehörde DNA und ermittelte auch unerschrocken gegen mächtige Politiker wie Liviu Dragnea, den damaligen Vorsitzenden der notorisch korrupten sozialdemokratischen Regierungspartei PSD. Doch 2018 entließ der rumänische Justizminister die unbotmäßige Kövesi.
Als sich die Rumänin um das Amt der neuen EU-Generalstaatsanwältin bewarb, schlugen ihre Gegner zu Hause zurück und eröffneten ein durchsichtiges Korruptionsverfahren gegen Kövesi. Zeitweise durfte sie aufgrund einer Ausreisesperre nicht einmal das Land verlassen.
Die Angriffe ihrer eigenen (in der EU schlecht beleumundeten) Regierung erhöhten jedoch Kövesis Chancen auf den EU-Posten. Sie war schnell die Favoritin des Europäischen Parlaments, während die EU-Mitgliedstaaten zunächst noch den Franzosen Jean-François Bohnert favorisierten. Letztlich wollte sich aber niemand nachsagen lassen, er habe sich rumänischem Druck gebeugt, und so wurde Kövesi gewählt. Ihre Amtszeit beträgt sieben Jahre.
„Verstärkte Zusammenarbeit“ von 22 EU-Staaten
Die 48-Jährige führt nun die Europäische Staatsanwaltschaft, die 2017 durch eine „verstärkte Zusammenarbeit“ von 22 EU-Staaten geschaffen wurde. Nicht dabei sind Dänemark, Irland, Schweden, Polen und Ungarn.
Die Europäische Staatsanwaltschaft soll immer ermitteln, wenn sich Betrug und Korruption gegen finanzielle Interessen der EU richten. Bisher waren die nationalen Staatsanwaltschaften zuständig, die aber im Ruch standen, die Interessen der EU nicht immer entschlossen genug vertreten zu haben. Auch bei Verdacht auf grenzüberschreitenden Mehrwertsteuerbetrug sind Kövesis Ermittler nun zuständig.
Die Behörde besteht in Luxemburg aus einem Kollegium von 22 Europäischen Staatsanwälten, je einem pro Staat. Stellvertreter Kövesis ist der Deutsche Andrés Ritter, vorher Leiter der Staatsanwaltschaft in Rostock.
Die eigentliche Ermittlungsarbeit machen dann bis zu 140 „Delegierte Europäische Staatsanwälte“, die dezentral in den beteiligten Staaten sitzen. In Deutschland sind es elf Staatsanwält:innen in Hamburg, Berlin, Köln, Frankfurt am Main, München und Karlsruhe. Sie ermitteln nach deutschem Prozessrecht und klagen, wenn nötig, vor deutschen Gerichten an. Grundlegende Entscheidungen über den Fortgang der Verfahren trifft aber stets Kövesis Behörde in Luxemburg.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Nan Goldin in Neuer Nationalgalerie
Claudia Roth entsetzt über Proteste
Politikwissenschaftlerin über Ukraine
„Land gegen Frieden funktioniert nicht“
Juso-Chef über Bundestagswahlkampf
„Das ist unsere Bedingung“
Internationaler Strafgerichtshof
Ein Haftbefehl und seine Folgen
Verein „Hand in Hand für unser Land“
Wenig Menschen und Traktoren bei Rechtspopulisten-Demo
taz-Recherche zu Gewalt gegen Frauen
Eine ganz normale Woche in Deutschland