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Stefan Alberti wünscht sich beim „Tatort“-Gucken eine Cancel-Taste auf der FernbedienungWerk und Querdenker trennen

Gleich würde sie wieder kommen, die Stelle am morgendlichen Radweg zur taz. Noch schnell vom Teltowkanal abbiegen, die abgepollerte Nebenstraße in Steglitz runter und hoch Richtung Insulaner, dann könnte er dort wieder mit Hund und Hut zu sehen sein: „Tatort“-Darsteller Jan Josef Liefers. Das war schon manches Mal so beim Zur-Arbeit-Radeln. Und weil zufällig der Sonntagabend noch nicht allzu weit zurücklag, kam automatisch ein: „Morgen, Herr Liefers, toller ‚Tatort‘,danke!“

Das sollte keine Anbiederung sein, sondern echte Anerkennung für einen schönen Fernsehabend – wie sie sich vor Jahren ungefragt auch schon Dortmund-„Tatort“-Kommissarin Martina Bönisch und Emmy-Preisträgerin Anna Schudt anhören musste, als sie in der taz-Kantine vorbeischaute und am Platz nebenan speiste.

An diesem Morgen kreuzt kein Liefers den Weg. Das ist erst mal gut so, denn immerhin löst er so keinen Gewissenskonflikt aus. Denn der „Tatort“ war auch dieses Mal gut. Ihn nicht zu gucken, weil mir Liefers’ Satireversuch in Sachen Corona – „allesdichtmachen“ – nicht passt, kam mir nicht in den Sinn. Sein dortiger Professor Börne ist als Münsteraner Pathologe schließlich eine Kunstfigur, deren Text ein Drehbuchautor dem Schauspieler aufschreibt – der „Tatort“ ist keine Polit-Talkshow mit Liefers als Gastgeber. Viele nicht nur um 20.15 Uhr einschaltende, sondern auch bis „Anne Will“ vor dem Fernsehschirm bleibende Zuschauer schien stets zu bedeuten: guter „Tatort“, nichts anderes.

Nun aber hat Liefers eine Nachricht auf Twitter veröffentlicht, in der er das offenbar ganz anders sieht. Die hohe Einschaltquote und viele Millionen Zuschauer wertet er als persönliche Unterstützung für ihn: „Großen Dank an alle, die uns die Treue halten, durch dick und dünn mit uns gehen und nicht im Münsteraner Regen stehen lassen! Danke für dieses eindrucksvolle Statement an 14,22 Mio. Zuschauer.“ Abgeschickt hat das nun aber kein Professor Börne, sondern Liefers, und irgendwie klingt das so, als hätten die 14 Millionen nicht wegen des Krimis, sondern seinetwegen eingeschaltet.

Was nun? Vor Jahren gab es mal eine Bewegung, die ihre Steuerzahlungen nur mit einer Verwendungsbindung zahlen wollte, beispielsweise „nicht für Militärausgaben“. Passend dazu könnte es nun eine Funktion an der Fernbedienung geben: Gucke ich nur wegen der lustigen Geschichte, nicht wegen privater Äußerungen der Schauspieler.

Und ändert sich nun was mit dem Grüßen, wenn er wieder den Radweg kreuzt? Nein. „Guten Morgen, toller ‚Tatort“‘, stimmt ja weiter – obwohl Liefers das wahrscheinlich gar nicht mehr hören kann und lieber einfach in Ruhe mit seinem Hund die Straße langgehen würde.

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