Protest gegen AfD in Berlin: Ausgrenzen wirkt

Die AfD rückt nach rechts, der – angeblich aufgelöste – Flügel demonstriert seine Macht. Doch der zivilgesellschaftliche Druck zeigt Wirkung.

Menschen stehen in einer Reihe mit Plakaten mit der Aufschrift No AfD

Der Protest gegen die AfD vor ihrem Parteitag war nicht zu übersehen Foto: dpa

Die Berliner AfD bleibt eine tief gespaltene Partei – aller Aufbruchsrhetorik des neuen Landesvorstands zum Trotz. Das sagen nicht nur kritische Jour­na­lis­t:in­nen, sondern nicht zuletzt die AfD-Mitglieder selbst. In vielen Redebeiträgen des Parteitags vom vergangenen Wochenende haben sie die tiefe Spaltung in zwei Lager beklagt. Und Besserung ist nicht in Sicht, wie der hauchdünne Wahlausgang um die Landesvorsitzende und das reflexartige Nachtreten der Unterlegenen beweisen.

Die überraschende Wahl Kristin Brinkers zur Landeschefin mit tatkräftiger Unterstützung des extrem rechten Flügels ist eine Niederlage für das vorgeblich um Mäßigung bemühte Lager um Fraktionschef Georg Pazderski und Bundesvize Beatrix von Storch. Der „Berliner Kurs“ von Pazderski sollte Regierungsfähigkeit vorgaukeln; mit der Wahl Brinkers dürfte er endgültig vorbei sein.

Denn ihr Wahlversprechen ist, ausdrücklich Radikale einzubeziehen. Nur deswegen unterstützte der angeblich aufgelöste Flügel die innerhalb der AfD als liberal geltende Brinker, die seit 2016 als finanzpolitische Sprecherin im Abgeordnetenhaus sitzt.

Entsprechend ist die Präsenz des Flügels im neuen Vorstand nicht zu übersehen: Die rechtsextreme Strömung ist mit Personen wie Jeannette Auricht und Gunnar Lindemann vertreten, die in der Vergangenheit in Sachen Flüchtlingshetze der NPD in nichts nachstanden. Dass zudem führende Kader der radikalen Nachwuchsorganisation Junge Alternative, wie Vadim Derksen und Alexander Bertram, vertreten sind, dürfte auch den Verfassungsschutz interessieren.

Das Hauen und Stechen geht weiter

Gleichzeitig ist das Hauen und Stechen nicht vorbei: Auch das Pazderski-Lager konnte im Vorstand Leute platzieren – etwa den alten und neuen Schatzmeister Frank-Christian Hansel. Und der Machtkampf um die Listenplätze für die Bundestags- und Abgeordnetenhauswahl steht noch bevor.

eine Frau steht an einem Rednerinnenpult

Kristin Brinker, die neue AfD-Landeschefin, beim Parteitag Foto: dpa

Natürlich ist es für Außenstehende erfreulich, wenn sich die rassistischen Meckerrentner, wirtschaftsliberalen Sozialdarwinisten und ethnopluralistischen Nachwuchskader der AfD untereinander fetzen und diese mit sich selbst beschäftigt ist. Dennoch haben selbst die für die AfD enttäuschenden Landtagswahlergebnisse aus Baden-Württemberg und Rheinland-Pfalz gezeigt: Egal, wie daneben sich die Partei in Parlamenten benimmt, sie hat mittlerweile eine Stammwählerschaft.

Es ist besorgniserregend, dass die AfD trotz himmelschreiender Inkompetenz und extrem rechter Ausrichtung gewählt wird. In Berlin steht sie bei 9 bis 12 Prozent – trotz Spaltung, Mitgliederschwund und fehlenden Parteitagen.

Die neue Landeschefin Brinker hat versprochen, in kurzer Zeit mehrere Mitgliederparteitage zu organisieren. Dazu dürften nicht nur 250 von den Bezirken gewählte Delegierte kommen, sondern theoretisch alle rund 1.300 Mitglieder der AfD in Berlin. Wie Brinker trotz Corona und der zu erwartenden Gegenproteste entsprechende Räume finden will, bleibt schleierhaft.

Umso wichtiger ist es, den zivilgesellschaftlichen Druck auf die AfD aufrechtzuerhalten: Die offenen Lagerkämpfe sowie die lange Zeit ohne Parteitag haben an der Partei genagt. Das zeigt, dass Ausgrenzung eine erfolgreiche Strategie gegen die AfD ist. Nicht zuletzt deswegen mobilisiert das Berliner Bündnis Kein Raum der AfD diesen Samstag gleich zum nächsten AfD-Parteitag – allerdings zunächst für den der AfD Brandenburg in Frankfurt (Oder).

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