Neue Parteichefin der AfD Berlin: Brinker schlägt Beatrix von Storch

Kristin Brinker, die finanzpolitische Sprecherin der AfD-Fraktion, setzte sich knapp gegen das „gemäßigte“ Lager durch. Weiterer Streit ist vorprogrammiert.

Brinker und von Storch schauen sich an, von Storch gestikuliert missmutig, Brinker guckt etwas abschätzig

Die Kampfabstimmung gewann Kristin Brinker (rechts); Beatrix von Storch (ausnahmsweise links) verlor Foto: Christoph Soeder/dpa

BERLIN taz | Kristin Brinker ist die neue Landesvorsitzende der AfD Berlin. Erst im vierten Wahlgang und der zweiten Stichwahl wurde sie am Samstag mit einer hauchdünnen Mehrheit von zwei Stimmen beim Landesparteitag im brandenburgischen Paaren gewählt. Brinker hatte ihre Kampfkandidatur gegen die radikalchristliche Bundestagsabgeordnete Beatrix von Storch erst vor vier Tagen bekannt gegeben. Sie konnte sich dabei der Unterstützung von ehemaligen Mitgliedern des Flügels sicher sein. Der angeblich aufgelöste Flügel gilt als weiterhin einflussreiche, extrem rechte Strömung innerhalb der AfD.

Vor ihrer Wahl sprach Brinker davon, auch radikale Kräfte einbinden zu wollen. In ihrer Antrittsrede wiederholte sie das Versprechen unter dem Gejohle vieler Delegierter. „Wir brauchen einen Vorstand, der alle mit ins Boot nimmt“, sagte sie. Man müsse innerparteilichen Machtkämpfen ein Ende bereiten. Brinker ist finanzpolitische Sprecherin im Berliner Abgeordnetenhaus, sie gilt eigentlich als liberal-konservativ. Geholfen hat bei ihrer Wahl sicher, dass sie im vergangenen August die linke Bausenatorin Katrin Lompscher mit einer parlamentarischen Anfrage indirekt zum Rücktritt gezwungen hatte.

Die Wahl Brinkers ist vor allem eine Schlappe des alten Landesvorstands und jetzigen Fraktionschefs Georg Pazderski, der vorgab, zusammen mit Beatrix von Storch einen gemäßigteren Kurs in der Berliner AfD fahren zu wollen, und stets um einen bürgerlichen Anstrich bemüht war. Die Aufgabe des neuen Landesvorstands ist es vor allem, in Kürze weitere Parteitage zu organisieren, um die Wahlversammlungen für die im September anstehenden Abgeordnetenhaus- und Bundestagswahlen zu organisieren.

Das dürfte nicht ganz leicht werden: Proteste und Absagen hatten dafür gesorgt, dass die AfD anderthalb Jahre lange keinen Veranstaltungsort für einen Parteitag finden konnte und von mehreren Notvorständen geführt wurde. Auch deswegen fand der Landesparteitag im brandenburgischen Paaren im Glien statt. Dennoch versammelten sich am Samstagmorgen rund 300 Ge­gen­de­mons­tran­t:in­nen vor der landwirtschaftlichen Messehalle, in der die Berliner AfD-Mitglieder tagten.

„Zerschlagenes Porzellan“

Der knappe Wahlausgang spricht dabei Bände darüber, wie tief die Gräben innerhalb des Berliner Landesverbandes sind. In den ersten drei Wahlgängen ergab sich keine Mehrheit für eine der beiden Kandidatinnen unter den rund 250 stimmberechtigten Delegierten.

Dass der Landesverband mit der Wahl des neuen Landesvorstands noch keineswegs versöhnt ist, zeigte sich daran, dass Pazderski bereits kurz nach der Wahl nachtrat: „Frau Brinker hat in den vergangenen Monaten viel Porzellan zerschlagen und die Partei nachhaltig gespalten.“ Nun müsse sie Wunden kitten und „vor allem in kürzester Zeit drei Parteitage“ sowie anstehende Wahlkämpfe organiseren. Es klang nicht so, als wenn sie dabei auf die Hilfe von Pazderski und von Storch zählen könne.

Dass sich vor allem radikale Kräfte im neuen Landesvorstand wohl fühlen dürften, demonstriert auch die Wahl von Jeannette Auricht zur stellvertretenden Vorsitzenden. Sie gilt als Flügel-Frau und hat in der Vergangenheit etwa Björn Höcke zu Wahlkampfveranstaltungen eingeladen. In ihrer Antrittsrede war sie dementsprechend auch nicht um Mäßigung bemüht. Vor ihrer Wahl sagte sie: „Wir werden den linken Mist in der Stadt davon fegen!“

Als zweiter Stellvertreter wurde der ehemalige Sprecher und als eher wirtschaftsliberal geltende Bundestagsabgeordnete Götz Frömming gewählt. Er sprach davon, das Bildungswesen umkrempeln zu wollen, weil „in den Schulen unsere Kinder indoktriniert und vergiftet“ würden. Dritter Stellvertreter wurde Ronald Gläser, ehemaliger Redakteur der neurechten Zeitung Junge Freiheit und Sprecher des Landesverbands. Er wolle künftig mehr mit rechten Bloggern zusammen arbeiten, wie er sagte. Ebenfalls einen Vorstandssitz errang Karsten Woldeit, innenpolitischer Sprecher der AfD im Abgeordnetenhaus und ehemaliger Berufssoldat.

Stress dürfte dabei auch im neuen Vorstand vorprogrammiert sein: Der vom Brinker-Lager scharf kritisierte alte Schatzmeister Frank-Christian Hansel ist nach einer hauchdünnen Stichwahl wiedergewählt worden. Zuvor hatte dessen Gegenspieler, der Brinker-Vertraute Sebastian Maack, als Rechnungsprüfer der Partei dessen Buchhaltung zerpflückt. Diese sei nicht revisionssicher, hieß es, zudem fehlten Belege für mittlere fünfstellige Eurobeträge. Entlastet wurde der alte Landesvorstand dennoch. Wegen der Finanzen der Abgeordnetenhausfraktion läuft derzeit sogar ein Rechtsstreit zwischen Brinker und dem Pazderski-Lager.

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