: Bidens revolutionärer Geldsegen
Die in den USA verabschiedeten Coronahilfen von 1,9 Billionen Dollar kommen den Armen zugute
Aus New York Dorothea Hahn
Der „Amerikanische Rettungsplan“ ist ein Geldsegen, wie ihn ArbeiterInnen- und Mittelschichtfamilien in den USA seit Jahrzehnten nicht erlebt haben. Das am Mittwoch vom Repräsentantenhaus angenommene 1,9 Billionen Dollar schwere Konjunkturpaket wird 85 Prozent aller Haushalte direkt begünstigen – unter anderem mit einmaligen Stimulus-Schecks im Wert von 1.400 Dollar, mit 300 Dollar wöchentlichen Zusatzzahlungen an Arbeitslose und erstmals auch mit Kindergeld für ein Jahr. Zu den besonders Bevorteilten gehören Frauen und People of Color sowie Kinder, die in Armut leben. Die Hälfte dieser Kinder wird durch die direkten Zahlungen aus der akuten Armut herauskommen.
Sieben Wochen nach Joe Bidens Amtsantritt ist das Paket der bislang größte Erfolg des neuen Präsidenten. Er will es am Freitag unterschreiben. Anschließend wollen sich er und Vizepräsidentin Kamala Harris auf die Reise in die tiefe Provinz machen, um ihr Paket zu bewerben. Es genießt schon jetzt überparteiliche Zustimmung. 76 Prozent aller US-AmerikanerInnen, darunter 59 Prozent der RepublikanerInnen, befürworten es. Selbst der republikanische Senator Roger Wicker aus Mississippi tweetete nach der Abstimmung enthusiastisch über die 28,6 Milliarden Dollar Hilfe für BetreiberInnen kleiner Unternehmen wie Restaurants. Er unterschlug, dass er selbst gegen das Gesetz gestimmt hatte.
Mit dem Konjunkturpaket geht die Umkehr einer Politik einher, die Ronald Reagan im Jahr 1981 begonnen hat und die seither in Washington Regierungsräson geblieben war. Die Zahlungen sehen massive Unterstützungen für Arme vor. Neben den direkten Zahlungen an Menschen, die unter 80.000 Dollar im Jahr verdienen, enthält es auch milliardenschwere Hilfsleistungen für Kindergärten, Schulen, Gesundheitseinrichtungen, Universitäten und Kommunen. DemokratInnen hoffen, dass einige der Maßnahmen nach Ablauf der Konjunkturhilfe in eine langfristige Politik umgesetzt werden können.
Schon in den Wochen vor der Annahme des Konjunkturpakets hat Biden zahlreiche Dekrete seines Amtsvorgängers außer Kraft gesetzt. Ein Verbot, das Menschen aus sieben mehrheitlich muslimischen Ländern keine Einreise in die USA gewährte, ist gestrichen. Die Einwanderungsbeschränkungen sind aufgehoben, der Bau der Mauer längs der Südgrenze gestoppt. Die Ölpipeline Keystone XL gehört der Vergangenheit an. Und die USA sind in die Weltgesundheitsorganisation und das Pariser Klimaabkommen zurückgekehrt.
Zeitgleich musste Biden zwei politische Niederlagen einstecken. Er bekam keine Mehrheit im Senat für die Anhebung des Mindestlohns auf 15 Dollar und musste die Maßnahme, die in der ersten Version seines Konjunkturpakets stand, streichen. Biden, der im Wahlkampf immer wieder von seiner Hoffnung auf überparteiliche Zusammenarbeit im Kongress gesprochen hat, schaffte es auch nicht, die Opposition für sein Konjunkturpaket zu gewinnen. KeinE einzigeR RepublikanerIn stimmte zu.
Die nächsten Projekte werden für die DemokratInnen schwieriger durchzubringen. Um die Einwanderungs-, Gesundheits- und Steuerreform sowie das Infrastrukturpaket durchzusetzen, reicht ihre hauchdünne Mehrheit von einer Stimme im Senat nicht.
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