Korruption in Deutschland und Italien: Blühende Affären

Von Maskenskandal bis Lobbyarbeit für Aserbaidschan, die CDU/CSU steht mehrfach unter Korruptionsverdacht. Italien zeigt, wie die endemisch wurde.

Matteo Renzi spricht vor einem großen Bild von Matteo Salvini

Zwei, die sich gern bereichern: Matteo Renzi und Matteo Salvini Foto: Italy Photo Press/imago

Die einen setzen auf Masken, die anderen lassen sich von Aserbaidschan aushalten, um das Image der Diktatur ein wenig zu schönen – und sie alle interpretieren Politik als Beruf, der erst mit ordentlichen Nebenverdiensten richtig Spaß macht. Dank ihrer Abgeordneten Georg Nüßlein, Nikolaus Löbel, Axel Fischer und Karin Strenz sieht sich die CDU/CSU mit gleich mehreren Bestechungsverfahren gegen Leute aus ihren Reihen konfrontiert.

„Italienische Verhältnisse!“, möchte man da rufen, in Erinnerung an das Land, in dem nicht bloß die Zitronen, sondern seit Jahrzehnten auch die Korrup­tions­affären blühen. Und Italien scheint ja tatsächlich deutlich zu machen, was droht, wenn die Korruption in der Politik endemisch wird: In den Jahren 1992 bis 1994 wurden ausnahmslos alle Regierungsparteien, zuerst die Christdemokraten und die Sozialisten, durch die Korrup­tions­ermittlungen zahlreicher Staatsanwaltschaften weggefegt.

Auf den ersten Blick bestätigte das, dass die Justiz ebenso wie die Zivilgesellschaft über genügend Antikörper gegen eine Politik verfügte, die vorneweg dem Prinzip „Bereichert euch!“ die Treue hielt. Doch der Eindruck täuschte. Schnell nämlich entwickelte die italienische Politik ihrerseits neue, robuste Antikörper gegen den angeblichen „Verfolgungswahn“ der Staatsanwälte. Am Anfang steht dafür Silvio Berlusconi, der über die Jahre hinweg seine Prozesse wegen Korruption, Steuerhinterziehung etc. einfach aussaß. Am Ende wurde er in einem einzigen seiner vielen Verfahren dann doch zu vier Jahren Haft verurteilt – aber auch er ist wieder da, als allseits respektierter Chef seiner Forza Italia, dem auch Angela Merkel ohne Zögern die Hand reicht.

Nie weg dagegen war Matteo Salvini, Chef jener Lega, die sich als Bund der (nord-)italienischen Steuer­zahler*in­nen gerierte, und dann 49 Millionen Euro aus der staatlichen Parteienfinanzierung in dunklen Kanälen versickern ließ. Salvini aber tut so, als wisse er schier gar nicht, wo das ganze schöne Geld geblieben ist – und kaum jemand in Italien regt sich auf. Auf geringe Aufregung auch stieß, dass Salvini-Vertraute sich möglichen neuen Einnahmequellen zuwandten, dass sie im Jahr 2018 in Moskau über Öldeals verhandelten, aus denen 65 Millionen Dollar „Provision“ für die Lega abfallen sollten. Das Ermittlungsverfahren läuft, Salvini aber sieht sich keineswegs in Erklärungsnot.

Gott sei Dank zahlten die Steu­er­zah­le­r*in­nen

Oder Matteo Renzi, der frühere Chef der gemäßigt linken Partito Democratico (PD) und Ex-Ministerpräsident, der heute seiner Mini-Mitte-Partei Italia Viva vorsteht. Renzi hat nicht illegal gehandelt, doch seine Version von „das Private ist politisch“ – oder war es umgekehrt? – kann sich sehen lassen. Im Oktober 2004 lässt sich der damals 29-jährige Jungspund im Familienbetrieb als Manager einstellen, gibt dann aber nach bloß elf Tagen seine Kandidatur als Präsident der Provinz Florenz bekannt. Er wird dann 2009 Bürgermeister von Florenz. Leider hat er dafür seine Manager­kar­rie­re unterbrechen müssen, doch Gott sei Dank zahlte der Staat – und damit Italiens Steu­er­zah­le­r*in­nen – für die folgenden neun Jahre die Rentenbeiträge, die sonst die Firma Renzi hätte abführen müssen.

Auch heute will Renzi sich nicht mit der üppigen Senatorendiät bescheiden. Erst vor ein paar Wochen war er in Saudi-Arabien, um dort das saudische Regime als „neue Renaissance“ abzufeiern. 80.000 Euro bringt sein Wirken in einer saudischen Stiftung Renzi jährlich ein. Ein Schluss lässt sich aus diesem Panoptikum ziehen: Nüßlein & Co. hätten in Italien weit weniger Probleme. Dort nämlich wird die Selbstbedienung in der Politik nicht irgendwelchen Hin­ter­bänk­le­r*in­nen überlassen, sondern gleich zur Chefsache gemacht.

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