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Agrarproteste in IndienZorn auf Rihanna und Greta

In Delhi zünden Menschen Bilder der Sängerin und der Klimaaktivistin an. Diese hatten sich auf Twitter mit den Bauernprotesten solidarisiert.

Thunbergs Foto bevor es in Flammen aufgeht: Ein Tweet macht sie für einige zum Feindbild Foto: Danish Siddiqui/reuters

A usgerechnet ein Tweet von Popstar Rihanna wird in Indien derzeit im Netz, in den Medien und auf der Straße heiß diskutiert. Rihanna machte am Dienstag via Twitter auf die anhaltenden Bauernproteste im Land aufmerksam: „Warum reden wir nicht darüber? #FarmersProtest“, postet sie am Dienstag und verlinkte einen CNN-Artikel, der von heftigen Zusammenstößen zwischen demonstrierenden Bauern mit der Polizei sowie Internetsperren berichtete.

Rihanna habe keine Ahnung von Landwirtschaft und worüber sie twittere, sagte ein Sprecher der indischen Regierungspartei BJP und warnte vor einer internationalen Verschwörung gegen Indien. Die Regierung veröffentlichte gar eine Erklärung, dass Prominente „sensationslüsterne Social-Media-Hashtags und Kommentare“ twittern würden.

Nicht nur Rihanna, auch die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg und die amerikanisch-libanesische Sportmoderatorin und Porno-Aussteigerin Mia Khalifa bekundeten kürzliche ihre Solidarität mit den indischen Bauern.


Obwohl die breite Bevölkerung kein Twitter nutzt, sorgten diese wenigen Zeilen für Furore. Viele Danksagungen an Rihanna, Thunberg und Khalifa folgten. Aber auch ein Foto, das Rihanna als Sympathisantin Pakistans, den Erzrivalen Indiens, zeigt und Gerüchte, sie sei Muslima und habe sich deshalb gegen das mehrheitlich von Hindus bewohnte Land gewandt. Andere photoshoppten den Popstar in die Ansammlung der Bauern bei den Protesten oder gruben alte Tweets von Rihanna aus, um sie als unmoralisch darzustellen.

Wütende Männer verbrannten etwa in Delhi öffentlich Fotos von Rihanna und Thunberg und warnten vor internationaler Einmischung in innere Angelegenheiten.

Mut zum Twittern

„Ich unterstütze diese Empörung nicht“, sagt der 33-jährige Medienprofi Ranjan. Er hat es kommen sehen, dass sich viele Menschen in Indien angegriffen fühlen würden. „Einige In­de­r:in­nen finden, dass der Protest nicht alle Bauern repräsentiert“, sagt er und fügt hinzu, dass die Regierung durchaus versucht habe, die Situation zu lösen. Doch die Gespräche scheiterten und an den Grenzübergängen zu Delhi wurden meterlange Stacheldraht-Barrikaden mit Nagelbetten errichtet.

Die Bankangestellte Neha Singh Gahlot ist peinlich berührt, dass öffentlich ein Bild von Greta Thunberg in Brand gesetzt wurde. „Das ist furchtbar“, sagt sie. „Es gehört viel Mut dazu, gegen die Regierung zu twittern. Für Greta ist es viel einfacher als für uns. Wir sind froh, dass Rihanna und sie über die Situation gesprochen haben und die Welt jetzt darüber spricht.“

Viele Bauern lehnen die neuen Gesetze zur Liberalisierung der Landwirtschaft ab. Gahlot kommt selbst aus einer Bauernfamilie und beobachtet die Proteste mit Sorge, die schon seit über 70 Tagen andauern.

Inzwischen melden sich auch indische Prominente zu Wort. „Indiens Souveränität darf nicht beeinträchtigt werden. Externe Kräfte können Zuschauer sein, aber nicht Teilnehmer“, twitterte die Cricketlegende Sachin Tendulkar unter dem Hashtag #IndiaTogether und #IndiaAgainstPropaganda.

Ermittlungen wegen Gretas Retweet

Ein Tweet von Thunberg ist nun sogar in polizeilichen Ermittlungen verwickelt. Die Cyberkriminalitätsabteilung der Polizei von Delhi hat eine Anzeige wegen „Aufruhrs“, „krimineller Verschwörung“ und „Förderung des Hasses“ gegen die Initiatoren einer Protestanleitung gestellt, die Greta auf Twitter geteilt hat.

Der Leitfaden soll jenen helfen, die Unterstützung für die Bauern zeigen wollen. Das Dokument enthält Hinweise, Hashtags und Links, wo man Petitionen unterschreiben kann oder Aufrufe zu Demonstrationen findet. Auch indische Umweltgruppen teilten ihren Leitfaden.

„Ich stehe immer noch für #StandWithFarmers und unterstütze ihren friedlichen Protest. Kein Hass, keine Drohungen oder Verletzungen der Menschenrechte können daran jemals etwas ändern“, äußerte sich Thunberg auf Twitter, nachdem die Anzeige öffentlich wurde.

Immerhin hat Rihanna erreicht, was sie wollte: Viele sprechen nun über die Bauernproteste, auch wenn die Sängerin nun dazu schweigt.

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Natalie Mayroth
Reporterin
Natalie Mayroth schreibt seit 2015 für die taz. Seit 2017 berichtet sie aus Indien und Südasien. Sie kam damals mit einem JournalistInnen-Stipendium nach Indien. In München absolvierte sie 2014 ihren Magister in Europäischer Ethnologie, Soziologie und Iranistik. Natalie Mayroth ist deutsch-iranischer Herkunft.
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1 Kommentar

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  • Sich mt den Bauernprotesten in Indien solidarisch zu erklären zeugt von politischem Weitblick und ist ein starker Ausdruck von internationaler Solidarität, deren dringliche Erforderlichkeit sich hier in besonderen Maße erweist, denn die indische Politik wendet sich besonders rigeros zu Gunsten von Chemiekonzernen wie MONSANTO gegen die Interessen der Bauern. Die Massenselbstmorde indischer Bauern, als Folge dieser Politik hätte schon vor Jahren in den Fokus der politischen Aufmerksamkeit geraten und zu internationaler Solidarität und Protesten führen müssen (was ja z. T. auch geschehen ist).



    Unglaublich, dass diese erzreaktionären Hindunationalisten es wagen Bilda von Greta Thunberg und Rhianna zu verbrennen, davon darf sich niemand einschüchtern lassen und es sollte wirklich eine scharfe Protestnote erfolgen. Greta und Rhianna stehen ganz sicher nicht allein da, in ihrer Solidarität mit den Indischen Bauern.