Deutsche IS-Mitglieder in Syrien: Unter Terrorverdacht

Drei deutsche Frauen und zwölf Kinder, die wegen IS-Mitgliedschaft in Nordsyrien in Haft waren, kommen nach Deutschland zurück. Gegen sie wird ermittelt.

Viele Gefangene liegen dicht gedrängt in einem Raum

Üble Zustände: Häftlinge in einem kurdisch kontrollierten Gefangenenlager in Nordsyrien Foto: Goran Tomasevic / reuters

BERLIN afp | Die Bundesregierung holt Medienberichten zufolge an diesem Wochenende gefangene deutsche IS-Mitglieder aus Nordsyrien zurück nach Deutschland. Es handele sich um drei Frauen mit ihren Kindern und mehrere Waisenkinder, berichtete die Bild-Zeitung am Samstag. Alle seien bisher in Lagern in den von kurdischen Sicherheitskräften kontrollierten Gebieten Nordsyriens interniert gewesen, wo Anhänger der Dschihadistenmiliz Islamischer Staat (IS) inhaftiert sind. Laut dem Spiegel wird in Karlsruhe, Hamburg und Düsseldorf gegen die Frauen ermittelt.

Wie Bild berichtete, hat das Auswärtige Amt für den Rücktransport ein Flugzeug gechartert. Der Flug werde von Bundespolizisten begleitet, hieß es ohne nähere Quellenangabe. Bei den drei Erwachsenen handelt es sich demnach um die 21-jährige Leonora M. aus Sangerhausen in Sachsen-Anhalt, die 24-jährige Merve A. aus Hamburg sowie um Yasmin A. aus Bonn.

Nach Recherchen des SWR geht es um drei Frauen im Alter zwischen 21 und 38 Jahren sowie um zwölf Kinder. Diese seien am Samstag bereits im nordsyrischen Kamischli von Vertretern der kurdischen Selbstverwaltung an eine Delegation des Auswärtigen Amts übergeben worden. Der Sender berief sich auf kurdische Angaben. Auch der Name Leonora M. wurde demnach bestätigt.

Wie der Spiegel berichtete, wird gegen die drei Frauen in Deutschland wegen Terrorverdachts ermittelt. Gegen Leonora M. führt demnach der Generalbundesanwalt in Karlsruhe ein Ermittlungsverfahren. Ihr wird demnach Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung und Beihilfe zu Verbrechen gegen die Menschlichkeit vorgeworfen.

Dem deutschen Partner nachgereist

Leonora M. war dem Spiegel zufolge im März 2015 als 15-Jährige in das damals vom IS beherrschte Gebiet in Syrien ausgereist. In der IS-Hochburg Rakka wurde sie demnach zur Drittfrau von Martin L., der als einer von wenigen Deutschen dem IS-Geheimdienst angehörte. Zeitweise sollen sie in ihrer Wohnung eine jesidische Frau als Sklavin gehalten und diese schließlich weiterverkauft haben.

Gegen Merve A. ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Hamburg wegen Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, wie eine Behördensprecherin dem Spiegel bestätigte. Sie bleibt nach ihrer Rückkehr nach Deutschland demnach aber vorerst aber auf freiem Fuß, weil derzeit kein Haftbefehl gegen sie vorliegt. Merve A. war dem Bericht zufolge Ende 2014 als 18-Jährige ihrem Freund nach Syrien nachgereist, der dort später als IS-Kämpfer ums Leben kam.

Gegen Yasmin A. aus Nordrhein-Westfalen ermittelt die Generalstaatsanwaltschaft Düsseldorf wegen des Verdachts der Mitgliedschaft in einer terroristischen Vereinigung, wie ein Behördensprecher dem Spiegel bestätigte. Sie soll im Sommer 2015 zum IS in Syrien ausgereist sein.

Die Bundesregierung hatte lange eine direkte Rückführung gefangener Deutscher unter Verweis auf die politische Lage in Syrien abgelehnt. Es gab allerdings Rückreisen auf dem Weg über die Türkei. Zudem verwies die Bild auf den Fall von drei Waisenkindern sowie einem schwerkranken Kleinkind, die im Sommer 2019 nach Deutschland kamen sowie auf eine deutsche Staatsbürgerin, die durch Vermittlung der USA deutschen Vertretern übergeben wurde.

Noch 70 Deutsche in Haft

Die aktuelle Rückführung war den Berichten zufolge schon lange geplant gewesen, habe sich aber wegen der Corona-Pandemie und Verhandlungen mit der kurdischen Seite verzögert.

Laut Bild befinden sich noch knapp 70 erwachsene Deutsche in kurdischer Gefangenschaft, dazu 150 Kinder deutscher Eltern. Knapp zwei Dutzend Deutsche seien seit dem vergangenen Jahr aus der Gefangenschaft in Nordsyrien geflohen und von ihnen zehn nach Deutschland zurückgekehrt.

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