Verschwörungsideologen auf Demo in Frankfurt: „Querdenker“ drehen frei

Am Samstag trafen sich die verschwörungsideologischen „Querdenker“ in Frankfurt. Die Polizei ging gewaltsam gegen GegendemonstrantInnen vor.

Wasserwerfer gegen Transparent

Volle Ladung auf „irgendwas mit Faschismus“-Plakat: Frankfurt am Main, 15. 11. 2020 Foto: Boris Rössler/dpa

FRANKFURT AM MAIN taz | Die selbsternannten „Querdenker“ sammelten sich zunächst gegenüber des Frankfurter Hauptbahnhofes. Die Gruppe wirkte uneinheitlich. Ältere Männer mit längeren Haaren waren ebenso anwesend wie eine junge Frau, die sich in eine Kemal-Atatürk-Fahne gehüllt hat.

Ein Kollege und ich versuchten die Ordner der Demo zu fotografieren. Nach kürzester Zeit werden wir von Beamten der Polizei Frankfurt angesprochen: Die Versammlungsteilnehmer wünschten dies nicht. Wir werden gebeten, die Aufnahmen zu unterlassen und gegebenenfalls zu löschen. Nach Vorzeigen unserer Presseausweise kehrte der Beamte schließlich zu seinen KollegInnen zurück. Er machte mit beiden Händen eine Gänsefüßchengeste. Offenbar glaubt man uns nicht, JournalistInnen zu sein.

Dieses Vorgehen wurde noch während der Demo vom Deutschen Journalistenverband auf Twitter moniert: „Wir erwarten, dass die #Pressefreiheit unbedingt respektiert wird und ungehindert berichtet werden kann! Ihre Aufgabe ist es, Journalist*innen zu schützen, nicht ihre Arbeit zu behindern. Müssen wir das eigentlich zu jeder Demo wiederholen?“

Den Hinweis, das grundsätzlich jeder dazu berechtigt ist, Bild- und Tonaufnahmen von öffentlichen Versammlungen zu machen, wird damit beantwortet, dass man das Ganze noch nicht in Gänze ausgewertet hätte und keine Details kenne.

Wasserwerfer gegen GegendemonstrantInnen

Immer wieder gelingt es GegendemonstrantInnen, den Zug der „Querdenker“ für längere Zeit zum Stillstand zu bringen. Erst mit 50-minütiger Verspätung beginnt deren Demonstrationszug. Grund sind die Straßenblockaden, die immer wieder auf dem Demonstrationsweg der VerschwörungstheoretikerInnen gelingen, aber vor allem das Nichteinhalten der Demoauflagen.

Gegen die GegendemonstrantInnen werden wiederholt Wasserwerfer einsetzt. An der Kreuzung Niddastraße-Weserstraße stürmt die Polizei eine friedliche Blockade. Sie entreißt dieser schließlich eines der Fronttransparente. Einige DemonstrantInnen gehen zu Boden.

Kurze Zeit später löst die Polizei den Demonstrationszug der „Querdenker“ auf. Aufgrund der Blockadeversuche der GegendemonstrantInnen scheint kein Durchkommen. Zwar weist die Polizei über ihren Lautsprecherwagen immer wieder auf Verstöße gegen die Demonstrationsauflagen hin. Sie greift jedoch erst direkt ein, als der angemeldete Zeitraum der Demonstration überschritten ist, und löst den Zug auf. Daraufhin bewegen sich die TeilnehmerInnen in Richtung Innenstadt.

Hier vermischen sich „Querdenkende“ mit antifaschistischen AktivistInnen. Das Geschehen bleibt jedoch friedlich. Gegen Ende der Kundgebung wird das ganze Ausmaß des Marsches der VerschwörungstheoretikerInnen sichtbar: Mehr als 2.000 Menschen versammelten sich auf dem Rathenauplatz. Die Menschen stehen eng, immer wieder weist die Polizei daraufhin, dass die Pflicht zum Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nicht eingehalten werde. Einige tragen Masken aus durchlässigen Gemüsenetzen. Vielfach werden wir JournalistInnen von den TeilnehmerInnen angepöbelt.

Frankfurt ist nicht der Ort

Kurz bevor eine Hausärztin auf der Bühne das Wort ergreifen kann, betreten maskierte Polizisten die Bühne und übernehmen das Mikrofon. Die Abschlusskundgebung wird aufgelöst. Grund hierfür sind wiederholt massive Verstöße gegen die Demoauflagen, die sich durch den ganzen Tag zogen. Die Übertragung auf der LED-Leinwand erlischt. Seitens der Gegendemonstrantinnen brandet Jubel auf.

Im späteren Verlauf des Abends wird die Polizei Probleme haben, 80 QuerdenkerInnen vom Ort der Abschlusskundgebung zu entfernen. Nach längerer Zeit werden auch gegen sie Wasserwerfer eingesetzt. Laut einer Polizeimeldung beißt eine Teilnehmerin der „Querdenker“ einer Polizistin ins Bein.

Am Ende des Tages scheint unter den „Querdenkern“ Einigkeit zu herrschen: Frankfurt sei nicht der Ort, um solcherlei Veranstaltungen durchführen zu können. Vielmehr sei Leipzig nun Ort der Wahl, wohin sie für den 21.11. erneut mobilisieren.

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