Nach der Islamkonferenz: Drängende Fragen ausgeblendet

Islamistischer Terror hat seinen Ursprung in einer religiösen Ideologie. Die Islamkonferenz hat es versäumt, darüber konstruktiv zu sprechen.

Zum Gedenken an den Terroranschlag vom 02.11.2020 steckt eine rote Rose im Einschussloch an der Hauswand in Wien.

Nach dem Terroranschlag von Wien: Eine Rose steckt im Einschussloch an der Hauswand Foto: Robert Kalb/imago

Der Islamismus versucht Europa seine Werte aufzuzwingen. Und bisher war die europäische Antwort darauf, den Kopf in den Sand zu stecken. Während Frankreich und Österreich zu Recht zunehmend die Rolle des politischen Islams bei der Radikalisierung hinterfragen, beharrt das deutsche Innenministerium weiter auf einer Kooperation mit dem politischen Islam, zu dem viele Verbände in Deutschland einen Bezug haben. Das halte ich für sehr bedenklich.

Das sture Abarbeiten der Tagesordnung vonseiten der Deutschen Islamkonferenz (DIK) geht an der Realität vorbei. Es fehlte hier völlig der Bezug zu aktuellen Themen, wie dem Verhältnis der Muslime zur Meinungsfreiheit und zur Radikalisierung. Hier hätte Solidarität mit Frankreich und Österreich gezeigt werden müssen. Das blieb aus. Die Islamkonferenz hätte genutzt werden müssen, um eine ehrliche, innerislamische Debatte zu ermöglichen. Eine, die sich nicht mit der Behauptung zufriedengibt, der Terror hätte mit dem Islam nichts zu tun. Eine, die es uns Muslimen ermöglicht, zu zweifeln, zu hinterfragen, mit der Religion zu streiten.

Denn islamistischer Terror hat seinen Ursprung in einer religiösen Ideologie. Der Buchstabenglaube, der strafende Gott, die Tabuisierung von Sexualität und das Beharren auf einer Opferrolle – all das sind Aspekte, die stärker verbreitet sind, als man wahrhaben will, und sie schaffen die Basis, auf der Radikale aufbauen.

Statt über diese wichtigen Themen zu sprechen, entschied sich das Innenministerium, die Imam-Ausbildung in den Mittelpunkt zu stellen. Ein wichtiges Thema und eine längst notwendige Maßnahme, um den Einfluss der im Ausland sozialisierten Imame zu verringern, aber wie so oft scheitern gute Ideen durch die mangelnde Fähigkeit, sie zu Ende zu denken. Eine Auseinandersetzung mit Inhalten und die Vermittlung eines mündigen Umgangs mit der Religion vermisse ich. Wundern dürfte es mich nicht mehr, kritischen Stimmen mit einem anderen Blickwinkel wird schon länger nicht mehr zugehört.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Ahmad Mansour ist Diplom-Psychologe und Autor aus Berlin. Geboren 1976 in Kfar Saba besitzt er die israelische und die deutsche Staatsangehörigkeit. 2018 gründeten Mansour MIND prevention (Mansour-Initiative für Demokratieförderung und Extremismusprävention), die Workshops zur Extremismusprävention durchführt. Dabei arbeitet er mit Insassen von Justizvollzugsanstalten, Geflüchteten und Schüler:innen. Mansour engagiert sich zudem beharrlich gegen Antisemitismus. Sein drittes Buch »Solidarisch Sein! Gegen Rassismus, Antisemitismus und Hass« erschien im Oktober 2020. Für seine Arbeit erhielt er zahlreiche Auszeichnungen.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.