Paramilitärisches Training von Uniter: „Hannibal“ soll Strafe zahlen

Der ehemalige KSK-Soldat André S. trainierte Zivilisten in Militärtaktik. Ein Gericht erließ nun Strafbefehle gegen ihn und weitere Männer.

In den Gesichtern unkenntlich gemachte Personen auf einem militärischen Übungsgelände.

Eigendarstellung von Uniter auf dem Trainingsgelände in Mosbach Foto: Uniter

BERLIN taz | Im Sommer 2018 fuhr eine Männergruppe des Vereins Uniter nach Mosbach in Baden-Württemberg, um zu üben, wie man ein Sturmgewehr hält und sich damit im Gelände bewegt. Angeleitet wurden die Zivilisten vom Bundeswehrsoldaten André S., der lange beim Kommando Spezialkräfte gedient hatte und gleichzeitig als „Hannibal“ privat ein rechtes Prepper-Netzwerk aufbaute.

Die Männer der „Defence“-Einheit von Uniter, die auf dem Trainingsgelände übten, sollten am Ende einer mehrstufigen Ausbildung „combat ready“ sein, gefechtsbereit, wie es in internen Dokumenten heißt. Die taz machte dieses paramilitärische Training Ende 2018 öffentlich, Uniter wird inzwischen als rechtsextemer Verdachtsfall vom Verfassungsschutz beobachtet.

Für die meisten Beteiligten hat das Training nun juristische Folgen. Das Amtsgericht Mosbach hat wegen Verstoßes gegen das Waffengesetz Strafbefehle gegen André S. und fünf weitere Beschuldigte erlassen. S. soll 80 Tagessätze Geldstrafe zahlen, die anderen Beschuldigten zwischen 30 und 70 Tagessätzen. Das sagte der Sprecher der Staatsanwaltschaft Mosbach der taz. Ende 2019 und Anfang 2020 hatten die Ermittler die Wohnungen der Beschuldigten durchsucht. Nicht alle Teilnehmer des Trainings konnten identifiziert werden.

Um eine mögliche rechtsterroristische Gefahr geht es in dem Fall juristisch nicht, sondern um Feinheiten des Waffenrechts. Die Teilnehmer des Schießtrainings haben Airsoftwaffen benutzt, diese sehen täuschend echt aus, verschießen aber nur Plastikkügelchen. Diese so genannten Anscheinwaffen können legal erworben werden, sie zu nutzen ist aber unter bestimmten Umständen illegal.

Verlust der „Zuverlässigkeit“

Da es keine Genehmigung des Betreibers gab, auf dem Trainingsgelände die Waffen zu nutzen, hält die Staatsanwaltschaft den Gebrauch für strafbar. Bei André S. lautet der Tatvorwurf im Strafbefehl „vorsätzlich unerlaubtes Führen von Schusswaffen“, ein Organisator der Veranstaltung soll wegen Beihilfe dazu eine Strafe zahlen. Die Teilnehmer des Trainings haben laut Staatsanwaltschaft die Waffen „fahrlässig“ unerlaubt benutzt.

André S. und die anderen Beschuldigten haben Einspruch gegen die Strafbefehle eingelegt, wie die Sprecherin des Amtsgerichts Mosbach mitteilte. Sie sind nun angeklagt und der Fall wird vor Gericht verhandelt. André S. Anwalt Björn Hering sagte der taz: „Das, was ihm vorgeworfen wird, ist nicht strafbar.“ Das Führen einer Airsoftwaffe in Form des Überlassens an andere Personen sei nämlich nicht genehmigungspflichtig, so Hering. Laut Mitteilung des Gericht hat André S. aber nur vier von fünf Waffen den anderen Personen überlassen.

Bei zwei der Beschuldigten wurden bei Hausdurchsuchungen weitere illegale Gegenstände gefunden, unter anderem verbotene Messer, Nebel- beziehungsweise Rauchkartuschen und eine Blendgranate. Die Staatsanwaltschaft spricht hier vom „Erwerb und Besitz verbotener Waffen“ und dem „unerlaubten Umgang mit explosionsgefährlichen Stoffen“.

André S. wurde schon Anfang 2020 vom Amtsgericht Böblingen verurteilt, auch damals ging es um einen Verstoß gegen das Waffengesetz, weil bei ihm unter anderem Übungshandgranaten und Nebelpatronen gefunden wurden. Das Urteil ist bislang nicht rechtskräftig, die Berufungsverhandlung vor dem Landgericht Stuttgart steht noch aus. Im Waffenrecht ist auch eine Verurteilung zu einer vergleichweise geringen Geldstrafe relevant, weil man in der Regel ab 60 Tagessätzen die „Zuverlässigkeit“ verliert, legal Waffen zu erwerben und zu besitzen. Auch ein Sicherheitsgewerbe darf ein Verurteilter dann nicht mehr anmelden.

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Illustration: taz/Infotext-Berlin (Montage)

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