Patt nach Parlamentswahl in Montenegro

Die regierenden Sozialisten verlieren ihre absolute Mehrheit. Schwierige Suche nach Koalitionspartnern

Von Erich Rathfelder, Split

Bei der Parlamentswahl in Montenegro am Sonntag hat die regierende Demokratische Partei der Sozialisten (DPS) von Staatspräsident Milo Ðjukanovićihre absolute Mehrheit eingebüßt. Sie kam nach Auszählung von 95 Prozent der Stimmen auf 35,12 Prozent und 30 Sitze im Parlament. Damit bleibt sie stärkste Kraft, muss aber Verluste hinnehmen.

Demgegenüber konnte die proserbische Partei Für die Zukunft Montenegros zulegen. Sie erhielt 32,5 Prozent und stellt 27 Abgeordnete im 81-köpfigen Parlament. Eine Regierungsbildung dürfte schwierig werden, denn dafür brauchen beide Lager mindestens 41 Mandate.

Jetzt kommt es auf die kleinen Parteien an. Die wirtschaftsliberale und nichtnationalistische Partei, „Mir je nasa nacija“ (Frieden ist unsere Nation), die alle Volksgruppen in dem Vielvölkerstaat zusammenführen will, kam auf 12,55 Prozent der Stimmen. Etwas unter den Erwartungen blieb die links-grüne und zivilgesellschaftlich ausgerichtete „Crno na bjelo“, die aus dem Stand 5,57 Prozent der Stimmen holte. Die Wahlbeteiligung lag bei 76,68 Prozent.

Stabilisieren konnten sich die beiden Sozialdemokratischen Parteien mit 3 bzw. 2 Sitzen. Die Partei der Muslime (Bosniaken) wird mit 3, die der Albaner mit 2 Sitzen vertreten sein. Eine Partei der Sozialdemokraten sowie die Bosniaken und Albaner waren bisher Teil der Regierungskoalition.

Bereits am Wahlabend fing das große Rechnen an. Klar ist, dass weder Sozialdemokraten noch die Bosniaken und Albaner mit den Proserben koalieren können, zumal serbische nationalistische Extremisten vor der Wahl muslimische Dörfer überfallen hatten. Zusammengenommen hätten sie aber nur 10 Sitze, die Sozialisten brauchen aber mindestens 11, um eine neue Regierung anführen zu können.

Bleibt nur ein Kompromiss mit den anderen Oppositionsparteien. Sowohl die links-grüne Crno na bjelo wie auch die multinationale Mir je nasa nacija haben im Wahlkampf den seit 30 Jahren herrschenden Ðjukanovićund die Sozialisten wegen Korruption und Vetternwirtschaft sowie ihrer autokratischen Herrschaftsweise kritisiert. Es handelt sich aber um westlich orientierte Leute, die schwerlich in das Pro-Serbien-Lager wechseln könnten.

Die zivilgesellschaftliche Crno na bjielo hat schon im Wahlkampf signalisiert, dass sie sich nur eine Expertenregierung vorstellen könne. Sie will das korrupte System und die Praxis beenden, die für den Staatsdienst das Parteibuch der Sozialisten zur Voraussetzung macht. „Wir haben gegen die Mafia gewonnen“, erklärten ihre Vertreter noch in der Wahlnacht.

Auch Vertreter der Mir je nasa nacija erklärten, sie tendierten zu einer Expertenregierung. Doch selbst, wenn die Partei umkippen und mit den Pro-Serben koalieren sollte, käme dieses Bündnis nur auf 37 Stimmen.

Die Wahl ist eine Richtungsentscheidung für Montenegro. Russland versucht größeren Einfluss in dem Adrialand zu gewinnen. Letztlich geht es um die Militärhäfen des Landes. 2017 aber setzte Ðjukanovićden Nato-Beitritt durch. Dies ist ein Grund, weshalb die westliche Kritik bislang verhalten ausgefallen ist.