Rechtsextremismus bei der Polizei: Offensive Aufklärung schützt

Zu viele PolizistInnen greifen nicht ein, wenn ihnen rassistische Tendenzen auffallen. Sie müssen es können, ohne gebrandmarkt zu werden.

Eine Polizeistreife mit Warnweste in der Kölner Altstadt

Die Kultur innerhalb der Polizei muss sich dringend ändern Foto: Christoph Hardt/imago

Vielleicht denkt der NRW-Innenminister jetzt um. Er habe sich die Dimension an Abscheulichkeit nicht vorstellen können, sagte Herbert Reul sichtlich geschockt über den Rechtsextremismus-Skandal in seiner Polizei. Man kann nun fragen, wie das angesichts von mit NSU 2.0 unterzeichneten Drohbriefen, für die Adressen aus hessischen Polizeicomputern abgefragt wurden, und den vielen anderen Polizeiskandalen, die zuletzt bekannt wurden, der Fall sein kann.

Lässt man das aber außen vor, kann man hoffen, dass Reul und mit ihm viele andere Innenminister, Polizeichefs und Gewerkschaftsfunktionäre bundesweit jetzt endlich ihre Sichtweise ändern. Dass sie mit dem Kleinreden des Problems aufhören und auch damit, jede Forderung nach weitergehenden Maßnahmen als unzulässigen Generalverdacht gegen die Polizei abzutun.

Das wäre nicht nur im Sinne der Demokratie und derer, die von rechtsextremen und rassistischen Attacken aus der Polizei direkt betroffen sind. Es wäre auch im Interesse der BeamtInnen selbst. Denn es ist doch letztlich die Wahrnehmung, dass das Problem von den Verantwortlichen – sei es auf der politischen oder der polizeilichen Ebene – nicht ernst genommen, ignoriert oder gar gedeckt wird, die dann einen Generalverdacht gegen die Polizei stärkt.

Notwendig sind deshalb nicht nur Untersuchungen und wissenschaftliche Studien, die endlich das Ausmaß des Problems erforschen und Gegenmaßnahmen erarbeiten, dazu externe, möglicherweise auch anonyme Anlaufstellen für PolizistInnen, die Vorfälle melden wollen. Zentral ist es auch, diejenigen BeamtInnen zu stärken, die für eine demokratische Polizei stehen. Sie müssen motiviert und dazu befähigt werden, dafür im KollegInnenkreis auch einzutreten.

Viel zu viele PolizistInnen greifen eben nicht ein, wenn ihnen rassistische oder rechtsextreme Tendenzen unter KollegInnen auffallen. Anders ist nicht zu erklären, dass die Chatgruppen in NRW nur zufällig aufgeflogen sind. Ein Teil der BeamtInnen soll die Nachrichten mit Hitler, Hakenkreuz und einem Geflüchteten in der Gaskammer „nur“ passiv empfangen haben.

Es ist schwer, Radikalisierungen in der Polizei zu verhindern. Umso wichtiger ist es, ein Umfeld zu schaffen, das ihnen entgegenwirkt. Das nicht schweigend zu- oder wegschaut. Sondern das bei Äußerungen widerspricht und bei Verdacht einschreitet – und dann nicht befürchten muss, dafür als „Kollegenschwein“ gebrandmarkt zu werden.

Dazu muss sich die Kultur innerhalb der Polizei verändern. Ein Schritt auf diesem Weg wäre, wenn die politisch Verantwortlichen endlich offensiv benennen, was ist.

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Jahrgang 1966, Politikwissenschaftlerin und Journalistin. Seit 1998 bei der taz - in der Berlin-Redaktion, im Inland, in der Chefredaktion, jetzt als innenpolitische Korrespondentin. Inhaltliche Schwerpunkte: Union und Kanzleramt, Rechtspopulismus und die AfD, Islamismus, Terrorismus und Innere Sicherheit, Migration und Flüchtlingspolitik.

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