piwik no script img

Vermieter*innen drohen NachzahlungenSteuerfahnder knacken Airbnb

Das Vermittlungsportal Airbnb muss Finanzämtern Daten über private Vermieter herausgeben. Ein irisches Gericht hat den Steuerfahndern recht gegeben.

jetzt kommt der Fiskus: Airbnb-Vermieter:innen müssen Steuern nachzahlen Foto: dpa

Berlin taz | Privaten Airbnb-Ver­mie­te­r:in­nen, die ihre Einkünfte nicht bei den Finanzämtern angegeben haben, drohen Nachzahlungen: Steuerfahnder:innen in Hamburg und den Finanzbehörden der Länder haben erfolgreich gegen die Vermittlungsplattform Airbnb auf Herausgabe von Daten geklagt. In einem mehrjährigen internationalen Verfahren haben sie letzt­instanzlich vor einem irischen Gericht erstritten, dass die dort aus Steuergründen ansässige Plattform die Daten von privaten Vermieter:innen herausgeben muss. Das Verfahren habe sich auch deshalb so hingezogen, weil es immer wieder Rückfragen des Unternehmens und der zuständigen ausländischen Behörden gegeben hätte.

Das Urteil ist ein Schlag gegen die Ferienwohnisierung der Innenstadtbezirke. Viele teilweise hauptberufliche Airbnb-Hosts machen vor allem in wohnraumknappen Vierteln Geld mit kurzzeitiger Zimmer- und Wohnungsvermietung – häufig an der Steuer vorbei, wie Finanzämter vermuten. Die Steuerfahndung aus Hamburg wertet die erstrittenen Airbnb-Daten nun aus und gibt sie an die jeweiligen Landesfinanzbehörden weiter. Laut dem Hamburger Finanzsenator Andreas Dressel (SPD) handelt es sich bundesweit um das erste erfolgreiche internationale Gruppenersuchen im Zusammenhang mit Vermietungsumsätzen über Internetplattformen.

Berlins Finanzsenator Matthias Kollatz (SPD) sagte der taz: „Die erstrittene Datenherausgabe ist ein großer Erfolg.“ Die Finanzbehörde in Hamburg und das Bundesfinanzministerium mit Unterstützung der Länder hätten lange darauf hingewirkt. Auch Berlin habe das Anliegen unterstützt. Die Auswertung werde zeigen, inwiefern auch Berliner Fälle betroffen sein werden.

Noch im September sollen betroffene Länder laut Kollatz über entsprechende Fälle informiert werden: „Unsere Steuerbehörden sind auf mögliche unverzügliche Prüfungen vorbereitet.“ Auch wolle man nach dem Urteil weitere Daten anfordern: „Wir werden ein weiteres Auskunftsersuchen für die Jahre 2017 bis 2019 stellen.“ Schätzen könne man die Höhe der zu erwartenden Nachzahlungen laut Finanzverwaltung derzeit allerdings seriös nicht.

Anbieter brauchen eine Registriernummer

Bis zu zehn Jahre rückwirkend können Finanzämter Steuern einfordern, falls Airbnb-Vermieter:innen ihre Einnahmen verschwiegen haben. Zu versteuern sind Einnahmen, wenn sie 520 Euro jährlich übersteigen und das Gesamtein­kommen über dem Freibetrag liegt (für Alleinstehende 9.408 Euro).

Berlin hat versucht, die Vermietung von Ferienwohnungen mit dem Zweckentfremdungsverbot von 2016 einzudämmen. Insbesondere wollte der rot-rot-grüne Senat verhindern, dass Wohnungen als dauerhafte Ferienwohnungen missbraucht werden. Deshalb brauchen mittlerweile alle Anbieter eine bezirkliche Genehmigung und eine Registriernummer. Erlaubt ist weiterhin die Untervermietung von unter 50 Prozent der eigenen Wohnung, zudem dürfen Zweitwohnungen nicht länger als 90 Tage im Jahr vermietet werden. Verstöße können Bür­ger:innen bei den Bezirken melden.

Allein hielten sich bei weitem nicht alle Airbnb-Hosts an Zweckentfremdungsgebote, wie allein schon an der recht geringen Zahl von Registrierungen bei den Bezirken gegenüber der großen Zahl an Angeboten auf Airbnb abzulesen war. Mit einem Beschluss des Berliner Verwaltungsgerichts wurden Plattformen für Ferienwohnungen zwar bereits nach deutschem Recht dazu verpflichtet, Vermieterdaten herauszugeben – allerdings scherte sich die Airbnb-Unternehmensführung in Irland bislang nicht darum. Das dürfte sich mit dem Urteil aus Irland nun geändert haben.

Aktuell ist das Geschäft von Airbnb aufgrund der Pandemie eingeschränkt – den für dieses Jahr angekündigten Börsengang will das Unternehmen dennoch wagen.

taz lesen kann jede:r

Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen

Mehr zum Thema

4 Kommentare

 / 
  • Allein ich kenne Dutzende, die bis vor ein paar Jahren z.B. via Untervermietung an Berlin- Besucher sich das Leben "im angesagten Kiez" leisten konnten.

    Dann kamen "Linke","Grüne",SPD mit ihren "ZweckentfremdungsVERBOT"s - Verordnungen, sekundiert von der "Freien Presse", nicht nur "Linken".

    Weder Alg 2 noch das "Zweckentfremdungsverbot" wurde von Bösen Reichen oder "der Immobilienwirtschaft" erfunden - sondern von "Linken".

    Und diesen - die, weil "Sozialwohnungen" etwa im Vergleich zur "Subjektförderung" auf Dauer unbezahlbar sind, eben die "Sozialwohnungen" vor 10 - 15 Jahren verkauft haben - fällt heute wieder nichts anderes ein als Ghettos zu bauen, und die zu "enteignen", welche marode Ex-"Sozialwohnungen" modernisiert haben.

    Zur "Subjektförderung" gehörte aber auch, dass "Arme", z.B. Alg2- Empfänger dazu verdienen dürften ohne dass ihnen der Zuverdienst weg genommen, "angerechnet" würde.

    Aber jene "Linken" bejammern heute, scheinheilig, die vor allem von ihnen selbst vorangetriebene "Soziale Entmischung", Entmündigung, Überwachung und Verbots- Politik gegenüber den Bürgern.

    Und sie möchten diese Anti-Freiheits-Politik weiter auf alle, auch "die Reichen" und den "Mittelstand" ausdehnen: zur DDR 2.0.

    "Ein begrüßenswerter Erfolg" auf dem Weg zum Total- Überwachungs- Staat, nur diesmal (wieder) "sozialistisch begründet".

  • Ein begrüßenswerter Erfolg. Schade nur, dass solch ein behördliches Engagement in anderen Zusammenhängen, wie z.Bsp. bei den CumEx Betrügereien, nicht zu erkennen ist.

    • @Hulle:

      Ich wiederum bezweifle, dass whataboutism hier eine angemessene Reaktion ist. Jede Straftat steht erst mal für sich selbst, und hier geht es um massenhafte Steuerhinterziehung, und damit um Diebstahl an uns allen.



      Wer sich viele Staatsausgaben und staatliche Hilfen wünscht, der muss Steuerhinterzieher (und Schwarzarbeiter) umso kritischer sehen.

  • Ich weiß garnicht, warum sich unsere Politiker so zieren, Beihilfeunternehmen zur Steuerhinterziehung das Netz abzudrehen.



    Was bei diversen anderen Straftaten reibungslos klappt soll bei der organisierten Kriminalität (vulgo: Gewerbsmäßige Beihilfe zur Steuerhinterziehung) nicht klappen ?



    Wer glaubt denn sowas ?