Nikotine verursachen Vogelsterben: Ein Genuss, der tötet
Ungesund für Mensch und Tier, vor allem in der Pandemie: Warum Nikotin-Konsum nicht nur das Coronavirus verbreitet, sondern auch Vögel tötet.
Nikotin tötet. Ein Satz, der sich abtun ließe als moralistischer Vorschlaghammer, der sich im Namen des abstrakten Gesundheitsregimes durch die fragile Genusswelt pflügt – und den Alltag auf den Straßen, in den Büros und Cafés, in den Serien und Filmen in klinische Nicht-Orte verwandelt hat.
Oder als fortschrittliche Einsicht, der selbst die letzten chauvinistischen Nostalgiker aus einer Zeit vollgequalmter Züge klargemacht hat, dass der individuelle Nikotinkonsum direkte Auswirkungen auf die kollektive Gesundheit hat. Und im Anthropozän, dem Menschenzeitalter, in dem alles mit allem zusammenhängt, also auch indirekt, muss jene Gesundheit immer auch das nicht-menschliche einbeziehen.
So gibt es längst einen anderen, indirekten Kriegsschauplatz des Nervengifts Nikotin, der bislang jedoch wenig erforscht war. Vor kurzem fand ein Wissenschafsteam in einer Studie, die im Magazin Nature Sustainability publiziert wurde, heraus, dass die Verwendung von Neonicotinoiden in Pestiziden nicht nur zum verheerenden globalen Bienensterben beiträgt, sondern auch von Vögeln.
Sie nähmen die Stoffe über Getreidesamen und Insekten auf, was in den USA zwischen 2008 und 2014 zu einem erheblichen Rückgang der Vogelbiodiversität geführt habe. Jedes Jahr würden rund 12 Prozent der Wiesenvögel und 5 Prozent der insektenfressende Vögel an den Folgen der Pestizide sterben.
300 mal am Tag den Finger am Mund
Dass Insekten kontaminiert sind, liegt daran, dass auch ihre Rezeptoren stark auf das Nervensystem wirken und bevorzugt Pflanzen fressen, die Nikotinspuren enthalten.
Es gibt noch eine weitere schlechte Nachricht für die Nikotinlobby. Weil Raucher*innen mit ihrem Ausatmen besonders oft Aerosole ausstoßen, hat Spanien, immerhin eine traditionell rauch-affine Nation, kürzlich ein Rauchverbot für die meisten öffentlichen Orte im Freien verhängt.
Zudem sei die Infektionsgefahr laut des Lungenarztes Carlos Jiménez, dessen Organisation das Verbot maßgeblich voranbrachte, unter Nikotinliebhaber*innen größer, weil sie ihre Finger rund 300 mal pro Tag an den Mund führten – und dabei natürlich auch keine Maske trügen.
Um jetzt nicht ebenfalls per Vorschlaghammer den gesamten Genuss des Giftes zu verbieten, ließe sich die zynische Gunst der Pandemie vielleicht nutzen, um auch den tumbsten Ignorant*innen klarzumachen, dass die Ursachen der ganzen Miseren, sei es das Virus, der Qualm oder der Klimawandel, nicht nur von außen kommt, sondern auch in jeder Person selbst steckt. Alles hängt mit allem zusammen.
Leser*innenkommentare
vergessene Liebe
Nikotin und Nikotinide sind nun mal natürlich vorkommende Molekularverbindungen... nur in Pharmakologie und der Pestizidindustrie wird etwas damit manipuliert.
Es geht doch mehr um den Teer der den Feinstaub des
Tabakrauchs ausmacht? Das da
'milde' euphorisierende(?) Nikotin kann ja auch z. B. In Kaugummis sein, eben ohne den Feinstaub des Rauchs... Die Tabakraucher zu stigmatisieren geht doch an der Wirklichkeit vorbei?
Alexander Stein
Ich finde das Atmen in Gegenwart anderer Leute insgesamt klärungsbedürftig.
el presidente
Kleinvögel in Deutschland werden durch Hauskatzen ausgerottet.
Einige auch durch die Landwirtschaft.
Durch Raucher eher nicht. Früher wurde wesentlich mehr geraucht, auch noch ohne Filter. Aber es gab viel weniger Katzen.
Homunkulus
Das Virus, der Qualm, der Klimawandel? Hier müsste selbst den tumbesten Journalist_Innen auffallen, dass der Artikel nichts mit Klimawandel zu tun hat und Qualmen nichts mit Vogelsterben. Klimawandel findet bis auf den vorletzten Satz nicht mal Erwähnung.
Schön, dass Sie ein Wissenschaftluches Jounal gelesen haben, aber dann solche, etwas wirren Bögen zu schlagen ist irreführend.
sian
irgendwie ist dieser Artikel irreführend: wie Nikotin-Konsum mit Vögelsterben zusammenhängt wird nicht erklärt. Es wird erklärt das Neonicotinoiden in Pestiziden Vögelsterben auslösen. Aber was hat das mit Qualmen zu tun?
Rufus
@sian Klingt nach neuen Rauchmeldern fürs Taz Gebäude...
(am besten die mit longlive Batterien!!!)
90118 (Profil gelöscht)
Gast
nikotin - pestizide - rauchen - corona.
ganz schön viele themen für solch einen kurzen artikel, der wenig vertrauen auslöst.
Berliner Berlin
Vögel sterben, weil sie Insekten fressen, die wiederum Tabakpflanzen fressen? Anders kann ich mir die Verbindung zum Nikotin nicht erklären. Bei Neonicotinoiden habe ich nämlich nicht herausfinden können, das dieses Nikotin enthält.
Wo ist also der Zusammenhang von Rauchen - Corona - Insekten - Vogelsterben? Die Frage, die der Artikel beantworten wollte, lautet schließlich:
"Warum Nikotin-Konsum nicht nur das Coronavirus verbreitet, sondern auch Vögel tötet."
Stefan L.
@Berliner Berlin "Vögel sterben, weil sie Insekten fressen, die wiederum Tabakpflanzen fressen? Anders kann ich mir die Verbindung zum Nikotin nicht erklären."
Vielleicht meint der Autor von Kippen verseuchte Böden, in denen Insekten mit Nikotn kontaminiert werden, die widerum Vögel fressen?
Rauchen ist eh völlig schwachsinnig.