Christian Rath über die erfolgreiche AfD-Klage gegen Seehofer
: Politischer Abmahnverein

Die AfD hat beim Bundesverfassungsgericht einen leichten Sieg errungen. Obwohl die Rechtslage klar war, hat das Bundesinnenministerium ein AfD-kritisches Interview von Horst Seehofer auf die Homepage des Ministeriums gestellt und damit seine Neutralitätspflicht verletzt.

Der damit verbundene Nachteil für die AfD war minimal. Das Seehofer-Interview wurde ganze 184-mal aufgerufen, bis es nach zwei Wochen wieder von der Webseite entfernt wurde. Aber die AfD hat auch gar nicht geklagt, weil sie sich ungerecht behandelt fühlte, sondern weil sie sich davon einen politischen Vorteil versprach.

Die AfD agiert hier wie ein politischer Abmahnverein. Sie lauert auf kleine und kleinste rechtliche Fehler der Bundesregierung, um dann mit großem Spektakel das Bundesverfassungsgericht einzuschalten.

Ihr Nutzen ist die feixende Genugtuung ihrer Anhänger, dass man der etablierten Politik mal wieder einen „Rechtsbruch“ nachgewiesen hat – egal wie homöopathisch er in der Praxis war.

Dabei sind solche Malheure ja eigentlich leicht zu vermeiden. Ein Politiker wie Horst Seehofer hat wirklich genug Möglichkeiten, sich öffentlich zu äußern, und ist dabei auf die Webseite seines Ministeriums überhaupt nicht angewiesen. Als wichtiger Parteipolitiker ist er überall als Interviewpartner gefragt, vor allem wenn er sich deftig über die AfD äußert.

Dennoch: Auch wenn die Pflicht zur Neutralität damit oft etwas künstlich wirkt, sie ist doch sinnvoll. Schließlich könnten die Ressourcen und die Amtsautorität der Regierung auch in ganz massiver Form für parteipolitische Einflussnahme genutzt werden. Wenn etwa die Kanzlerin ihre Weihnachtsansprache ausschließlich dem Kampf gegen die AfD (oder gegen die Linke) widmen würde, so wäre das sicher ein Missbrauch staatlicher Mittel.

Das Bundesverfassungsgericht hat deshalb zu Recht an seiner Neutralitätslinie festgehalten – auch wenn die AfD in Zukunft vielleicht noch öfter solche relativ irrelevanten Showprozesse anzetteln kann.

inland