1. Schultag nach den Corona-Schließungen: Viel quatschen und Die Ärzte hören

Nach fast sieben Wochen Hausunterricht durfte unsere elfjährige Autorin endlich mal wieder zur Schule – und die beste Freundin wiedersehen.

Ein selbstgebauter Stab mit einem Aufkleber "1,5 m" zur Darstellung der Abstandsregeln steht zu Beginn des Unterrichts einer vierte Klasse

Auch so kann Unterricht nach den Abstandsregeln aussehen – eher behelfsmäßig (Symbolbild) Foto: picture alliance/Christian Charisius/dpa

BERLIN taz | Fast sieben Wochen war die Schule geschlossen. Es war beinahe wie Sommerferien – nur mit Hausaufgaben. Deshalb habe ich viel mehr über die Schule nachgedacht. Außerdem habe ich meine Freunde mehr vermisst als in den Ferien, weil ich ja die ganze Zeit zu Hause war. Und oft fand ich das Homeschooling auch richtig nervig.

Letzte Woche hat meine Lernbegleiterin allen Schülern der sechsten Klasse, die wieder zur Schule dürfen, in einer Mail geschrieben, dass jetzt alles komplett anders sein wird als sonst. In unserer Montessorischule lernen drei Altersstufen pro Lerngruppe zusammen, in meiner Lerngruppe sind das die vierte, fünfte und sechste Klasse. Sie hat uns also geschrieben, dass wir nur acht Kinder im Lernraum sein werden. Und dass wir viel Abstand halten sollen. Und dass wir mit den Sechsern aus den anderen Lerngruppen kein gemeinsames Mittagessen und keine gemeinsame Hofpause haben.

Ich war also sehr aufgeregt, als es am Montag losging. Es war alles ganz anders, als ich es mir vorgestellt hatte. Als ich in den Lernraum kam, fiel mir zuerst auf, dass wir alle etwas versetzt sitzen sollen. Zum Glück durfte ich trotzdem in der Nähe von meiner besten Freundin sitzen. Wir durften erst mal viel reden, weil ja Kontaktsperre war und die meisten sich nicht gesehen haben.

Dann haben uns meine beiden Lernbegleiterinnen vollgequatscht und alle drei Minuten gekichert. Ich glaube, sie waren auch ganz froh, uns wiederzusehen. Als alle da waren, haben wir einen Plan gemacht und besprochen, was so die Regeln sind, also dass wir oft die Hände waschen sollen und dass nur zwei Leute auf einmal auf die Toiletten dürfen und so. Nach einem Buchvortrag von E. haben wir uns viel über Corona unterhalten. Zum Beispiel über die Jugendherbergen und ihre Probleme jetzt.

Ein bisschen bedrückt

Manchmal fand ich es gut, dass wir nur so wenige Kinder sind, weil es nicht so viel Aufruhr gibt und man viel mehr Zeit für seine besten Freunde hat. Manchmal war die Stimmung aber auch ein bisschen bedrückt, weil wir an die anderen Kinder gedacht haben, die jetzt noch nicht in die Schule gehen dürfen. Beim Frühstück ist es einmal so leise geworden, dass unsere Lernbegleiterin gesagt hat: „Wenn ihr nicht sofort miteinander quatscht, mache ich Musik an.“ Und dann hat sie wirklich Musik angemacht. Und zwar das neue Lied von den Ärzten – „Ein Lied für jetzt“ –, das ich vorgeschlagen habe.

Als wir auf dem Hof gehen sollten, hat L. erzählt, dass sie trotz Corona bei ihrer Oma war, weil ihre Oma sich das so gewünscht hat und eigentlich ganz gechillt ist. Und das sie viele lustige Purzelbäume gemacht und viel gelacht haben. Das hat mich eigentlich gewundert, weil mein Opa mehr Angst hat. Ich war ein bisschen neidisch. Ach ja: Mit dem Abstandhalten hat es eigentlich meistens ganz gut geklappt.

Am Ende hat jeder aus unserer Lerngruppe zwei Zettel mit Zungenbrechern bekommen. Ich hatte den Satz: Wenn Fliegen hinter Fliegen fliegen, fliegen Fliegen Fliegen nach. Wir haben sehr viel gelacht, weil sich die meisten verheddert haben. Nach dem Mittagessen, wo wir wirklich sehr viel Abstand halten mussten, durften wir nach Hause fahren. Insgesamt hat mir mein neuer erster Schultag sehr dolle gefallen.

Mei Messmer ist 11 Jahre alt und geht in die 6. Klasse der Montessori-Gemeinschaftsschule Berlin-Buch

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