Erster Online-Parteitag der Grünen: Digital ist das neue Normal

Die Grünen haben einen rein digitalen Parteitag abgehalten. Die vermeintliche Zukunft, sie ist längst Realität.

Grünes Dozieren: hier Caroline Müller von der Uni Bielefeld mit Knoblauchrauke Foto: Friso Gentsch/dpa

Alles war so wie immer. Vor dem kleinen Parteitag der Grünen wurden Leitanträge eingereicht, am Samstag selbst wurde darüber abgestimmt: über ein Konjunkturpaket, um bei der Coronakrise auch finanziell gegenzusteuern, über eine geringere Ökostromzulage, über Perspektiven für die Autobranche, die für die Grünen jetzt offiziell ein „Schlüsselsektor unserer Industrie“ ist.

Doch nichts war so wie immer. Denn dieser Parteitag der Grünen wurde aufgrund der Coronapandemie in komplett digitaler Form abgehalten. Die Parteichef*innen sprachen in Kameras, es gab keine Zwischenrufe von Delegierten, kein Klatschen, keine Unruhe von hin und her laufenden Menschen. Denn die saßen alle zu Hause vor dem Computer.

Diesen Mangel an Atmosphäre mögen viele bedauern – die Parteispitze, die Delegierten, die Journalist*innen –, aber es könnte die Zukunft solcher Veranstaltungen werden. Was heißt werden, das Digitale IST die Gegenwart. Schon längst. Wir lesen Zeitungen und Magazine, wir hören Podcasts, wir schauen Netflix und in die Mediathek – alles im Netz. Warum also nicht auch künftig Parteitage, Kongresse, Konferenzen weitgehend virtuell abhalten?

Machen wir uns nichts vor: Durch die Coronapandemie, von der niemand weiß, wann sie endet, werden wir noch lange gezwungen sein, Abstandsregeln einzuhalten und einen Mund-Nasen-Schutz nicht nur aus Sicherheitsgründen zu tragen, sondern auch als auf die Kleidung abgestimmtes Accessoire. Wer heute – und in Zukunft – zusammenkommen will, wird das digital tun müssen.

Nicht von Hamburg nach München juckeln

Ohnehin ist es ökonomischer und ökologischer, nicht zur Klimakonferenz auf den anderen Kontinent zu fliegen oder wegen eines zweistündigen Firmentreffens von Hamburg nach München zu juckeln und dort auch noch zu übernachten, weil man es abends nicht mehr zurückschafft. In den vergangenen Wochen begegneten sich die meisten Menschen, die im Büro arbeiten, eben nicht dort, sondern bei Videokonferenzen im Homeoffice.

Ja, das ist anstrengend und sozial mitunter schwierig, aber es spart Zeit und Wege. Und ja, es braucht Tools, die datentechnisch so sicher sind, dass sich niemand, der es nicht soll, in eine Online-Veranstaltung einschleichen kann. Das gilt besonders bei sensiblen Zusammenkünften wie beispielsweise Klima- und Wirtschaftsgipfeln.

Denkbar sind auch Mischformen: die einen vor Ort, die anderen im Homeoffice. Insofern haben die Grünen mit ihrem Digi-Parteitag nichts weiter getan, als die vermeintliche Zukunft als das zu zelebrieren, was sie ist: die neue Normalität.

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Ressortleiterin Meinung. Zuvor Ressortleiterin taz.de / Regie, Gender-Redakteurin der taz und stellvertretende Ressortleiterin taz-Inland. Dazwischen Chefredakteurin der Wochenzeitung "Der Freitag". Amtierende Vize-DDR-Meisterin im Rennrodeln der Sportjournalist:innen. Autorin zahlreicher Bücher, zuletzt: "Und er wird es immer wieder tun" über Partnerschaftsgewalt.

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