Miethilfen in der Corona-Krise: Kündigungsschutz wird ausgeweitet
Weil Gehälter und Honorare ausbleiben, können viele Menschen ihre Miete nicht mehr zahlen. Die Bundesregierung will am Montag dazu beraten.
In China hingegen wurde den dritten Tag in Folge keine neue Infektion mit dem neuartigen Corona-Virus innerhalb des Landes erfasst. Gleichzeitig seien jedoch 41 weitere Infektionsfälle verzeichnet worden, in denen sich die Betroffenen im Ausland angesteckt hätten, teilten die Behörden am Samstag mit. Demnach gab es sieben neue Todesfälle, alle in der Provinz Hubei.
Sonderwohngeld für Härtefälle
Die Bundesregierung prüft jetzt Möglichkeiten zum Schutz von Mietern, die wegen der Corona-Krise in finanzielle Schwierigkeiten geraten. So soll Mietern nicht gekündigt werden dürfen. Das sieht eine Gesetzesvorlage der Bundesministerien für Justiz, Inneres und Wirtschaft vor, die der dpa vorliegt. Gelten soll dies für Mietschulden aus dem Zeitraum vom 1. April bis 30. September 2020.
Die Verpflichtung der Mieter zur Zahlung der Miete bleibe aber im Grundsatz bestehen. Auch weiteren Schuldnern, die wegen der Corona-Pandemie ihre vertraglichen Pflichten nicht erfüllen können, sollen keine rechtliche Folgen drohen. Bei Darlehen soll es eine gesetzliche Stundungsregelung geben. Die Vorlage soll an diesem Montag im Bundeskabinett und am Mittwoch im Bundestag beschlossen werden.
Ein anderer Vorschlag kommt aus der FDP-Bundestagsfraktion. Diese dringe auf ein Sonderwohngeld, wie aus einem Antrag hervorgehe, der laut dpa den Zeitungen der Funke-Mediengruppe vorliege. „Dieses Sonderwohngeld soll für Fälle gelten, die nachweislich massive Einnahmeeinbußen haben, bedürftig sind und bei denen ansonsten keine Transferleistungen greifen“, sagte Daniel Föst, bau- und wohnungspolitischer Sprecher der FDP-Fraktion. Die Höhe des Sonderwohngeldes solle abhängig vom Einkommensausfall und der Miethöhe sein. „Niemand soll sich wegen Corona entscheiden müssen, ob er einkaufen geht oder die Miete pünktlich zahlt.“
Die Grünen-Fraktion fordert die Aussetzung von Zwangsräumungen. „Aufgrund der Corona-Krise darf niemand in Deutschland seine Wohnung verlieren“, sagte Chris Kühn, wohnungspolitischer Sprecher der Grünen, den Funke-Zeitungen. Zwangsräumungen müssten gestoppt werden „in Zeiten von Quarantänen, Kita- und Schulschließungen und erst Recht mit Blick auf mögliche Ausgangssperren“, forderte der Grünen-Politiker.
EU will Budgetregeln aussetzen
Die Pandemie hat erhebliche wirtschaftliche Folgen. Daher will die Europäische Union ihre Budgetregeln aussetzen. Die EU-Kommission schlug am Freitagabend vor, die Ausnahmeklausel bei den Vorschriften zur Haushaltsführung zu aktivieren, damit den EU-Staaten genügend Mittel für die Eindämmung der Infektionen und zur Stützung der Wirtschaft zur Verfügung stehen. EU-Mitglieder sind unter normalen Bedingungen angehalten, die Neuverschuldung zu kürzen, bis ein ausgeglichener Haushalt („Schwarze Null“) erreicht wird. Zudem soll die Staatsverschuldung nicht größer als 60 Prozent des Bruttoinlandsprodukts sein.
Bei ihrem nächsten Treffen müssen die Finanzminister der EU-Staaten den Vorschlag der EU-Kommission billigen, um die Haushaltsregeln außer Kraft zu setzen. Dies gilt als Formsache, denn die Finanzminister haben bereits Anfang März festgestellt, dass ein Notfall vorliegt, der besondere Maßnahmen rechtfertigt. Die EU-Kommission geht davon aus, dass die Pandemie in diesem Jahr eine Rezession verursachen wird.
Baden-Württemberg bietet Frankreich Hilfe an
Unterdessen hat Baden-Württembergs Gesundheitsministerium die Kliniken im Land gebeten, schwerstkranke Corona-Patienten aus Frankreich aufzunehmen. „Die grenznahen französischen Krankenhäuser sind an der Grenze ihrer Behandlungskapazitäten für beatmungspflichtige Patientinnen und Patienten angekommen“, heißt es in einem Schreiben des Ministeriums an die Geschäftsführer der baden-württembergischen Krankenhäuser.
Der grüne Ministerpräsident Winfried Kretschmann habe laut dem Schreiben „die Unterstützung Baden-Württembergs zugesagt“. „Wir bitten Sie deshalb, im Rahmen noch vorhandener freier Kapazitäten in Ihren Krankenhäusern beatmungspflichtige Patientinnen und Patienten aus Frankreich aufzunehmen.“ Derzeit hat Baden-Württemberg nach Angaben des Ministeriums genug freie Beatmungsplätze, rund 2.300 gebe es im Land. Laut Krankenhausgesellschaft BWKG sind aktuell rund 80 Prozent belegt, allerdings derzeit nur mit weniger als 20 Corona-Patient*innen.
In Paris wurden die Maßnahmen der Ausgangssperre vor dem Wochenende verschärft, die südfranzösische Stadt Nizza will ab Samstag von 23 Uhr bis in die frühen Morgenstunden hinein ein totales Ausgangsverbot verhängen. Die Touristenorte Vallauris und Menton, die ebenfalls an der Côte d'Azur liegen, hatten bereits am Freitagabend erstmals zu dieser Maßnahme gegriffen. Seit dem Covid-19-Ausbruch wurden in Frankreich bis zum Samstag 12.612 Menschen infiziert, 450 sind an der neuartigen Lungenkrankheit gestorben.
taz lesen kann jede:r
Als Genossenschaft gehören wir unseren Leser:innen. Und unser Journalismus ist nicht nur 100 % konzernfrei, sondern auch kostenfrei zugänglich. Texte, die es nicht allen recht machen und Stimmen, die man woanders nicht hört – immer aus Überzeugung und hier auf taz.de ohne Paywall. Unsere Leser:innen müssen nichts bezahlen, wissen aber, dass guter, kritischer Journalismus nicht aus dem Nichts entsteht. Dafür sind wir sehr dankbar. Damit wir auch morgen noch unseren Journalismus machen können, brauchen wir mehr Unterstützung. Unser nächstes Ziel: 40.000 – und mit Ihrer Beteiligung können wir es schaffen. Setzen Sie ein Zeichen für die taz und für die Zukunft unseres Journalismus. Mit nur 5,- Euro sind Sie dabei! Jetzt unterstützen
meistkommentiert
Höfliche Anrede
Siez mich nicht so an
US-Präsidentschaftswahl
50 Gründe, die USA zu lieben
Bundestag reagiert spät auf Hamas-Terror
Durchbruch bei Verhandlungen zu Antisemitismusresolution
Grundsatzpapier des Finanzministers
Lindner setzt die Säge an die Ampel und an die Klimapolitik
Klimaziele der EU in weiter Ferne
Neue Klimaklage gegen Bundesregierung
Serpil Temiz-Unvar
„Seine Angriffe werden weitergehen“