Das kommt: Die CDU läuft ein
Ginge es um jemand anderes, wär’s „Identitätspolitik“. Aber weil hier weiß-männlich-konservative Sprecher ihre fehlende Repräsentation beklagen, ist das kein Minderheitengedöns, sondern: ein universelles Menschheitsproblem. Scherz beiseite: Hamburgs CDU wird nicht gleich nach UN-Blauhelmtruppen rufen deswegen, aber gekränkt ist sie erkennbar doch darüber, dass der Norddeutsche Rundfunk eine Vor-Wahl-Diskussionssendung ausstrahlt – mit SPD und Grünen.
Bürgermeisteramtsinhaber Peter Tschentscher (SPD) und die Zweite Bürgermeisterin Katharina Fegebank (Grüne) bestreiten in ziemlich genau einem Monat also ein „TV-Duell“ zur sogenannten besten Sendezeit. Damit träfen also einzig „zwei regierende Koalitionspartner aufeinander, um den Wählerinnen und Wählern zu erzählen, was sie in den vergangenen fünf Jahren gemeinsam gerade nicht erreicht haben“, murrte jetzt der örtliche CDU-Chef Roland Heintze – „und warum es in Zukunft besser werden wird“. Für echte Diskussion, für eine ernstzunehmende kritische Betrachtung der Regierungsarbeit aber müsse, eben, die CDU mit vor die Kamera: als größte Oppositionspartei.
Der Sender wies die Kritik zurück, allerdings nicht – was man hätte annehmen können – unter Hinweis darauf, dass das mit der Spitzenposition unter den Nichtregierungsparteien ja noch gar nicht raus sei. Nein, eine bloße Technikalität wird angeführt: In der Sendung „Das Duell“ stehen sich demnach jene Spitzenkandidat*innen gegenüber, „die nach realistischer Erwartung die größten Chancen auf das Amt des Regierungschefs haben“, und das gestützt auf NDR-Umfragen sowie Wahlen in der Vergangenheit.
Im Kern also erkennt der Sender den Christdemokrat*innen ab, was die stets und auf ewig als das Ihre betrachten: den Rang, eine Volkspartei zu sein. Die SPD wiederum sollte sich den Vorgang sehr genau ansehen und das ohne jede Genugtuung: Hamburg nämlich ist dieser Tage die Ausnahme zu einer Regel, die im Rest der Republik noch beinahe flächendeckend gilt: Gäbe es dort auch so eine Wahlauseinandersendung, dann säßen da Grüne und die CDU. Alexander Diehl
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