Elektroautos auf dem Prüfstand: Wunderwaffe oder Dreckschleuder?

Beim Klimaschutz sind E-Autos Benzinern überlegen. Doch das gilt nur, wenn der Strom für die Batterien aus erneuerbaren Quellen stammt.

Ein Auto der Marke VW steht auf der Messe IAA

Volkswagens neues Elektroauto ID.3 Foto: Kay Nietfeld/dpa

BERLIN taz | Elektroautos sind vergleichsweise teuer, die Reichweite ist überschaubar und es gibt viel zu wenige Ladesäulen für die Batterien. Zumindest beim ersten Kritikpunkt gibt es Bewegung. Nach Angaben des von der Uni Duisburg herausgegebenen CAR-Rabatt-Index bieten VW-Händler den e-Golf erstmals preiswerter an als den herkömmlichen Benziner dieses Modells. Der Autor Ferdinand Dudenhöffer sieht in dem elektrischen Auslaufmodell gar „Die Mutter aller Schnäppchen“.

Hintergrund ist ein Modellwechsel. Der e-Golf verkaufte sich nicht gut. VW will mit dem neuen VW ID 3 den Massenmarkt erobern und gewährt auf die Lagerware laut Dudenhöffer offene und versteckte Rabatte. Mit 20.460 Euro lag der Verkaufspreis deshalb erstmals unter dem Listenpreis des preisgünstigsten Seriengolf, für den 21.685 Euro verlangt werden.

Trotz aller Schwächen setzt die Bundesregierung voll auf die E-Mobilität, um die Klimaziele im Verkehr zu erreichen. Doch wie klimafreundlich sind die leisen Motoren tatsächlich?

Mit dieser Frage befassen sich mittlerweile viele Studien. Eines haben sie gemeinsam. Eine perfekt saubere Lösung ist auch der Umstieg auf elektrische Antriebe nicht. Denn auch sie werden zunächst einmal aufwändig hergestellt und später recycelt. Zudem führt der Abbau der für die Speicher notwendigen Rohstoffe in den Förderländern sowohl sozial als auch in Hinblick auf die Umweltverträglichkeit zu teils schweren Belastungen.

ADAC: Beste Klimabilanz hat das Erdgasauto

Trotzdem ist nicht nur der Autoexperte Ferdinand Dudenhöffer vom Nutzen der E-Mobilität für den Klimaschutz überzeugt. Allerdings nur, wenn zwei Voraussetzungen gegeben sind: Der Strom müsse aus erneuerbaren Energien stammen und die Batterien CO2-frei produziert werden. „Wenn sie diese Bedingungen erfüllen, ist das Elektroauto unschlagbar“, sagt der Forscher von der Uni Duisburg.

Der ADAC hat kürzlich erste Ergebnisse einer Studie veröffentlicht, die den Treibhausgasausstoß über den gesamten Lebenszyklus eines Fahrzeugs berücksichtigt und den Elektroantrieb dabei mit anderen Antrieben verglichen hat. „Die beste Treibhausgasbilanz hat das Erdgasauto“, stellt der Autoclub fest. Allerdings hat auch diese Vergleichsstudie eine Schwäche. Wie bei den meisten anderen Wissenschaftlern basiert sie auf Annahmen. Wie Elektromotoren abschneiden, hängt dabei stark davon ab, wie der dafür notwendige Strom erzeugt wird. Die ADAC-Studie geht vom derzeitigen Strommix in Deutschland aus. Dieser beinhaltet auch Energie aus Kohlekraftwerken – was die CO2-Bilanz der E-Mobile erheblich verschlechtert.

Erdgas und Brennstoffzelle bleiben unschlagbar

Die Untersuchung hat E-Autos der Kompaktklasse mit Verbrennungsmotoren, Erdgasantrieb, und Brennstoffzellentechnik verglichen. Das Ergebnis entspricht der These Dudenhöffers. Beim herkömmlichen deutschen Strommix ist das E-Mobil einem Benziner erst nach einer Laufleistung von 127.500 Kilometern überlegen, dem Diesel gar erst nach 219.000 Kilometer. Erdgas und Brennstoffzelle bleiben bei diesem Szenario unschlagbar.

Anders sieht es aus, wenn der Strom vollständig aus regenerativen Quellen stammt. Dann hängt das Elektroauto den Benziner nach 37.500 Kilometern ab, den Diesel nach 40.500 Kilometern. Das Erdgasfahrzeug überholt das E-Mobil nach 48.000 Kilometer. Nur die mit Wasserstoff betriebene Brennstoffzelle ist länger überlegen. Aber nach 115.500 Kilometern obsiegt auch hier der E-Motor.

Zu den Verfechtern gehört auch die Bundesregierung. Eine Million batteriebetriebene Fahrzeuge sollen 2022 auf deutschen Straßen unterwegs sein. Ursprünglich sollte es schon im kommenden Jahr so weit sein. Der Bund fördert nun den Aufbau der Ladeinfrastruktur und setzt Kaufanreize.

Die E-Mobilität ist ein wesentlicher Teil des jüngst beschlossenen Klimapakets, und das nicht nur bei Autos. Auch Busse und Bahnen sollen in den nächsten Jahrzehnten zunehmend elek­trisch fahren. Von Technologieoffenheit kann da kaum die Rede sein, auch wenn die Regierung es gern anders darstellt.

FDP will mehr Vielfalt

Mitunter kippen eher konservative Forscher jedoch Wasser in den Wein. Dazu gehört der ehemalige Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts ifo, Hans-Werner Sinn. Gemeinsam mit dem Wissenschaftler Christoph Buchal hat er hinsichtlich der aktuellen CO2-Emissionen von Elektroautos ein ernüchterndes Ergebnis errechnet. Verglichen wurde dabei ein Diesel, der Mercedes 220d, mit dem E-Mobil Tesla Model 3. „Es zeigt sich, dass der CO2-Ausstoß des Elektromotors im günstigen Fall um etwa ein Zehntel und im ungünstigen Fall um ein gutes Viertel über dem Ausstoß des Dieselmotors liegt“, schreiben die Autoren.

Auch hier ist das Hauptproblem des Elektroantriebs der Strommix in Deutschland. Sie sehen den größten Vorteil für das Klima, wenn Autos mit Wasserstoff betrieben werden, also mit Hilfe einer Brennstoffzelle. Der Streit über diese Studie zeigt, warum ein exakter Vergleich der verschiedenen Antriebsarten so schwer fällt. Je nach Annahmen fällt das Ergebnis unterschiedlich aus.

„Die Bundesregierung rechnet sich die E-Mobilität schön“, kritisiert der verkehrspolitische Sprecher der FDP, Oliver Luksic. Als Beispiel nennt der Bundestagsabgeordnete die Annahme, dass Elektroautos im Durchschnitt zwölf Jahre halten werden, obwohl die Hersteller nur maximal acht Jahre Garantie auf die notwendigen Batterien zusagen. Der FDP-Politiker fordert von der Bundesregierung, dass sie ihre einseitige Orientierung auf Elektromobilität aufgibt. Diese bringe ökologisch „ziemlich wenig“. Als Alternative sieht er synthetische Kraftstoffe und die Brennstoffzelle.

Die Praxis in der deutschen Automobilindustrie zeigt, dass die Unternehmen dem Wasserstoff kaum eine Chance einräumen. VW setzt zum Beispiel in großem Stil auf batteriebetriebene Modelle und will sogar in die Produktion der Batteriezellen einsteigen.

Toyota setzt auf Brennstoffzelle

Ein Problem ist der große Energieaufwand, um den Wasserstoff zu erzeugen. Solange diese Energie nicht aus erneuerbaren Quellen stammt, ist die Ökobilanz der Brennstoffzelle schwach. Doch bei einer rein ökologischen Stromproduktion, die es Mitte des Jahrhunderts ja geben soll, sieht es anders aus. Dann könnte der Wasserstoff seine Vorzüge ausspielen.

Der japanische Autobauer Toyota ist von der Brennstoffzelle überzeugt und hat mit dem Model Mirai 2014 ein entsprechendes Angebot auf den Markt gebracht. Doch bislang konnte Toyota weltweit nur wenige tausend Käufer von den Vorzügen der Technik überzeugen. Bei einem Preis von 78.000 Euro verwundert dies allerdings wenig.

Einmal zahlen
.

Fehler auf taz.de entdeckt?

Wir freuen uns über eine Mail an fehlerhinweis@taz.de!

Inhaltliches Feedback?

Gerne als Leser*innenkommentar unter dem Text auf taz.de oder über das Kontaktformular.

Bitte registrieren Sie sich und halten Sie sich an unsere Netiquette.

Haben Sie Probleme beim Kommentieren oder Registrieren?

Dann mailen Sie uns bitte an kommune@taz.de.