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Grüne rügen Pistorius’Infopolitik

Nach dem Diebstahl sensibler LKA-Daten wittern die niedersächsischen Grünen Geheimnisverrat

Der Diebstahl sensibler Akten aus dem Privatwagen eines LKA-Mannes wird ein politisches Nachspiel haben. In einer Anfrage an die niedersächsische Landesregierung wollen die Grünen wissen, warum Innenminister Boris Pistorius (SPD) direkt nach einer vertraulichen Sitzung des Innenausschusses in einem Pressegespräch viele Details zu dem Fall preisgab.

Das Vorgehen des Innenministers werfe Fragen auf, sagte Grünen-Fraktionschefin Anja Piel der Deutschen Presse-Agentur in Hannover. „Wie kann es sein, dass Journalisten nach einer Unterrichtung Informationen erhalten, die den Abgeordneten hinter verschlossenen Türen vertraulich gegeben wurden?“ Pistorius ignoriere die Kontrollrechte des Parlaments. In ihrem Antrag sprechen die Grünen sogar von einem möglichen „Geheimnisverrat“.

Anfang Mai war einem LKA-Beamten, der V-Leute führte, aus seinem Privatwagen eine Aktentasche mit Bargeld, dienstlicher EC-Karte und sensiblen Akten gestohlen worden. Die Tasche wurde kurz darauf an einem Teich gefunden. Die Wertsachen fehlten, die Dokumente waren noch da. Die Polizei fahndet mit Bildern aus einer Überwachungskamera nach einem mutmaßlichen Täter, der kurz darauf an einem Automaten in Tatortnähe Geld abhob. Das Innenministerium geht davon aus, dass es sich um ein typisches Eigentumsdelikt handelt und die Akten, die Einzelheiten zur Informationsbeschaffung des LKA enthielten, weder gelesen noch kopiert wurden.

In der vergangenen Woche war der Fall durch Medienberichte bekannt geworden. Das Innenministerium hatte daraufhin dem Fachausschuss des Landtags eine knappe schriftliche Unterrichtung zukommen lassen. Auf Druck von Grünen und FDP entschloss sich Pistorius schließlich Ende der vergangenen Woche, den Ausschuss persönlich zu unterrichten. Die Sitzung wurde in einen öffentlichen und einen vertraulichen Part geteilt. Gleich darauf traten Pistorius und LKA-Chef Friedo de Vries vor die Presse. Die Öffentlichkeit erfuhr beispielsweise, dass die gestohlene EC-Karte auf den Tarnnamen des LKA-Beamten ausgestellt war – und dass dieser möglicherweise den Pin-Code in der Nähe der Karte aufbewahrt hatte, was dem Dieb die Arbeit erleichterte.

Die Grünen wollen es nicht bei der einen Anfrage belassen. Laut Piel ist noch eine weitere in Vorbereitung, die sich um die Frage dreht, warum die öffentliche Fahndung nach dem Dieb der Aktentasche erst mehr als zwei Monate nach der Tat anlief. (dpa)

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