Khashoggi-Abschlussbericht: UN-Expertin fordert Ermittlungen

Acht Monate nach der Tötung von Jamal Khashoggi legt eine UN-Berichterstatterin ihren Bericht vor: Jetzt müsse der Sicherheitsrat aktiv werden.

Ein Plakat mit einem Bild von Khashoggi, davor eine Kerze.

Werden die Hintergründe aufgeklärt? Mahnwache für Khashoggi in Istanbul (Oktober 2018) Foto: reuters

BERLIN taz | Die Schuldfrage bleibt offen und es braucht dringend eine großangelegte internationale Untersuchung: Das ist die magere Bilanz der UN-Sonderberichterstatterin Agnès Callamard im Mordfall Jamal Khashoggi. Nach mehrmonatigen Untersuchungen hat Callamard am Mittwoch, acht Monate nach dem skandalösen Journalistenmord im saudischen Konsulat in Istanbul, zentrale Ergebnisse aus ihrem Bericht bekanntgegeben.

Es gebe „glaubwürdige Hinweise“, die es rechtfertigten, eine Verantwortung hochrangiger saudischer Vertreter zu überprüfen – und zwar einschließlich des Kronprinzen Mohammed bin Salman (MBS), erklärte Callamard in Genf. Sie machte MBS aber nicht direkt verantwortlich.

Allerdings ist Callamard der Auffassung, es sei nicht glaubhaft, dass die Entsendung des 15-köpfigen Teams, das damals extra für den Mord nach Istanbul gereist sein soll, ohne das Wissen von MBS erfolgt sein könnte. Ein Indiz für seine Verstrickung in den Fall sei, dass in dem Konsulat nach dem Mord Beweismittel zerstört worden seien.

Damit hat die Untersuchung Callamards, die sich des Falls als Sonderberichterstatterin für außergerichtliche Hinrichtungen annahm und die dem UN-Menschenrechtsrat Bericht erstattet, kaum Licht ins Dunkel gebracht. Mutmaßungen und Hinweise auf eine direkte Beteiligung von MBS hatte es zuvor bereits seitens der CIA und internationaler Medien gegeben.

Die Türkei bekräftigte ihre Forderung nach internationalen Ermittlungen

Callamards Untersuchung basiert offenbar auf denselben Tonaufnahmen von der Tötung Khashoggis, die der türkische Geheimdienst nach dem Mord bereits Stück für Stück an ausländische Regierungen und ausgewählte Medien gegeben hatte. Callamard beklagte in diesem Zusammenhang, dass sie nicht alle Aufnahmen habe hören können. Zudem habe Saudi-Arabien nicht kooperiert. Ein Antrag, in das Königreich einzureisen, sei schlicht nicht beantwortet worden.

Bei der Untersuchung handelte es sich nicht um offizielle UN-Ermittlungen, sondern eine Eigeninitiative Callamards im Rahmen ihres Mandats als Sonderberichterstatterin. Weitergehende UN-Untersuchungen sind derzeit nicht geplant. Callarmard rief den UN-Sicherheitsrat jedoch auf, aktiv zu werden. Die türkische Regierung bekräftigte daraufhin am Mittwoch ihre Forderung nach internationalen Ermittlungen.

In Khashoggis Herkunftsland stehen derweil elf Angeklagte wegen einer Verstrickung in den Fall vor Gericht. Für fünf Personen fordert die saudische Staatsanwaltschaft die Todesstrafe. Ein Urteil ist bislang nicht gefallen. Um wen es sich handelt, ist nur teilweise bekannt. Jedenfalls sind nicht alle Personen angeklagt, die Teil des Mordkommandos in Istanbul gewesen sein sollen. Callamard nennt in ihrem Bericht 15 Namen von saudischen Agenten.

Zoff zwischen Trump und dem Kongress

Seit dem Mord am 2. Oktober 2018 stehen unter anderem in den USA, wo Khashoggi lebte, Waffenlieferungen an Saudi-Arabien in der Kritik. Seit Monaten streitet der Kongress darüber mit Präsident Donald Trump, der klargemacht hat, dass der Mordfall die Beziehungen zu Saudi-Arabien seines Erachtens nicht trübe. Im Mai nutzte Trump sogar eine Notstandserklärung, um den Verkauf von Waffen an Riad am Kongress vorbei durchzusetzen.

In Deutschland verhängte die Regierung nach dem Mord einen kompletten Exportstopp für Saudi-Arabien, der im März aber leicht gelockert wurde. Seitdem dürfen Rüstungsexporte genehmigt werden, wenn es sich nicht um direkte Lieferungen an Saudi-Arabien, sondern um Zulieferungen für Gemeinschaftsprojekte mit Bündnispartnern handelt. Kürzlich wurde bekannt, dass die Regierung trotz Exportstopps die Lieferung von „sondergeschützten Geländewagen“ für rund 800.000 Euro erlaubte.

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