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Mit Leidenschaft am Klangfrosch

Die Freie Musikschule Moabit muss umziehen und kann das kaumselbst bezahlen. Deshalb sind die selbst organisierten MusiklehrerInnen nun auf ein Benefizkonzert und Spenden angewiesen

While my Ukulele gently weeps: Die Leidenschaft ist bei diesem Musikschüler deutlich erkennbar Foto: Karsten Thielker

Von Susanne Messmer

Jakob* mag nicht. Während sich die anderen Kinder begeistert hölzerne Klangfrösche aus einer Kiste zur rhythmischen Begleitung des nächsten Liedes schnappen, steht der ungefähr vierjährige Junge in der Ecke und starrt auf seinen linken Fuß. Die Sopranistin und Musiklehrerin Sandra Volkholz-Hormeß hat das nicht übersehen. Sie hat während dieser Stunde in der Freien Musikschule Tiergarten schon zwei Mal mit viel Geduld und Spucke versucht, Jakob zurück in den Kreis zu tricksen.

Jetzt fragt sie ihn, ob er heute vielleicht einfach mal keine Lust habe. Er stülpt die Unterlippe nach außen. Sie fragt ihn, ob er lieber vor die Tür wolle, zu den anderen, die später noch mit ihr Ukulele spielen werden. Jakob strahlt. Sie nimmt ihn sanft an die Hand und öffnet ihm die Tür.

Die Freie Musikschule Tiergarten bietet musikalische Früh­erziehung, Instrumentenkarussell, Theater, Chor, Einzel- und Gruppenunterricht in Gesang und zahlreichen Instrumenten. Alles hier beruht darauf, dass man den kleinen wie den großen SchülerInnen an einem hellen, freundlichen Ort viel Leidenschaft für Musik vermitteln will. „Ich habe mein Instrument, das Klavier, immer als Freund empfunden, der mir auch in schlechten Zeiten geholfen hat“, sagt nach dem Ukulelen-Unterricht Volkholz-Hormeß, die 1969 in Ostberlin geboren wurde, an der Hochschule für Musik „Hanns Eisler“ klassischen Gesang und Gesangspädagogik und zwischendurch auch ein Jahr in Paris studiert hat.

„Die halbe Stunde bei uns muss wirklich toll sein“

Sandra Volkholz-Hormeß, Musiklehrerin

Es sei beispielsweise erst einmal nicht so gut, das tägliche Üben zu sehr anzumahnen, findet Volkholz-Hormeß und wirkt dabei ausgesprochen gut gelaunt: „Aber die halbe Stunde bei uns, die muss wirklich toll sein. Nur so kommt man mit den Schülern ins Gespräch, wie das Üben Spaß machen kann“, sagt sie – und sucht dann nach einer Erklärung, warum es meistens um den Spaß geht in ihrer Musikschule. Alle LehrerInnen seien im anderen Teil ihres Lebens als freischaffende Künstler unterwegs, berichtet sie. Darüber hinaus stellten alle gemeinsam die Regeln auf, machten sich dieselben Verträge, zahlten sich dieselben, selbstverständlich eher übersichtlichen Gehälter aus, wollten weder Chef noch Sekretariat. Das mache Laune, so Frau Volkholz-Hormeß. Es helfe in schönen Phasen, aber vor allem in dürren Zeiten.

Davon gab es zuletzt nicht wenige: Seit 14 Jahren gibt es die Freie Musikschule Tiergarten in der Moabiter Melanchtonstraße, aber wie viele Kleingewerbe ist auch sie von Verdrängung bedroht. Anfangs bezahlten die 16 MusiklehrerInnen, welche die Schule gemeinsam betreiben, 500 Euro im Monat für die 80 Quadratmeter Erdgeschosswohnung. Dann, im Herbst 2017, kam die Ankündigung, man wolle das Haus komplett sanieren. Der Laden sollte danach ungefähr 2.000 Euro im Monat kosten. Die LehrerInnnen begannen, sich nach Alternativen umzusehen – allerdings schien es ein Ding der Unmöglichkeit, etwas Vergleichbares in der Nähe zu finden. „Der Kiez explodiert, es gibt nicht einmal genügend Kitas und Schulen“, sagt Volkholz-Hormeß. Nur durch die Präsenz im Kiez und einen sehr engagierten und sozial eingestellte Vermieter sei es am Ende doch gelungen, einen schönen Laden zu finden.

Allerdings ist die Kuh deshalb trotzdem noch lang nicht vom Eis: Der neue Laden, eine ehemalige Galerie in der Levetzowstraße, sei mit 104 Quadratmetern zwar deutlich größer, koste aber dafür ebenfalls knapp 2.000 Euro Miete im Monat. Man habe nun zwar einen echten kleinen Konzertsaal für Aufführungen, müsse aber auch eine Schallschutztür für den täglichen Unterrichtsbedarf einbauen. Allein diese koste 10.000 Euro. Ein weiteres Problem: Das alte Klavier funktioniere im neuen, größeren Raum endgültig nicht mehr – es soll ein Flügel her. Dafür reichten die bescheidenen Rücklagen allerdings nicht. Das Schwierigste aber: Die Levetzowstraße ist zwar nur zwei Spee-Brücken entfernt vom alten Standort, das ist aber schon zu weit für manche Kinder aus der Grundschule und dem Kindergarten wie dem von Jakob. Man wird sich neue Kunden suchen müssen.

… und am Klangfrosch: Sandra Volkholz-Hormeß Foto: Karsten Thielker

Aber der neue Konzertsaal könnte auch die Rettung sein: Mit ihm entstand bei Sandra Volkholz-Hormeß nämlich auch die Idee, zur Finanzierung der Musikschule ein Benefizkonzert zu veranstalten. Auf ihrer Webseite hat sie zudem einen Spendenaufruf gestellt und einen auf der Seite der Musikschule. Bislang hat sie fast 4.000 Euro zusammen und geht stark davon aus, dass es noch mehr werden: „Die Bindung vor allem zu den Eltern unserer Kinder, auch den erwachsenen Kunden, sie ist einfach enger, als ich das in anderen Musikschulen beobachtet habe“, sagt sie. Auch hier hat offenbar geholfen, dass die LehrerInnen selbst für die Kommunikation sorgen müssen. Und natürlich auch die lockere und sympathische Atmosphäre in dieser Schule.

*Name geändert

Das Benefizkonzert findet am Samstag, 15. Juni, um 16 Uhr in der Heilandskirche statt, Thusnelda-Allee 1, Moabit, www.freie-musikschule-tiergarten.de

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