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Dorf der Jugend anerkannt

Grimma: Förderverein von linkem Jugendclub wird nun doch freier Träger. Druck von der erstarkten AfD

Von Helke Ellersiek

Es hat über ein Dreivierteljahr Streit und Ärger gekostet, aber es hat sich gelohnt: Das Jugendamt hat dem Förderverein hinter dem „Dorf der Jugend“ überraschend die freie Trägerschaft zugesprochen. Das bestätigte eine Sprecherin des Landkreises Leipzig am Mittwoch der taz. Die Zusage bedeutet für den Verein mehr Mitbestimmung in kommunalen Gremien, mehr Fördermöglichkeiten aus verschiedenen Geldquellen und eine langfristige Finanzplanung. Der Sozialarbeiter und Gründer des Vorzeigeprojekts, Tobias Burdukat, freut sich über die Zusage, verweist aber auch darauf, dass dies das Ergebnis eines Widerspruchsverfahrens sei. Man habe sich außergerichtlich geeinigt. „Wir wären sonst vor Gericht gezogen.“

Der Zusage des Jugendamts war monatelanger Streit vorausgegangen. Die Behörde hatte formale Änderungen vom Verein verlangt, darunter eine Satzungsänderung. ­Gleichzeitig kritisierte sie in einer Gesprächsnotiz die politische Einstellung von Sozialarbeiter und taz-Panter-Preisträger Burdukat als Anarchist, beanstandete „FCKAFD“-Sticker auf dem Gelände und ein Toilettengraffito mit dem Satz „Kacken ist wichtiger als Deutschland“. Anfang April dann lehnte das Amt den Antrag des Vereins auf freie Trägerschaft ab – mit Verweis auf die noch zu junge, extra geänderte Satzung.

Die nun doch erfolgte Anerkennung war nach Angaben des Jugendamts „möglich, da die formalen Hürden beseitigt wurden“. Zudem betont das Amt, mit Verein und Jugendlichen im Gespräch bleiben zu wollen, nachdem man sich auf dem Gelände getroffen hatte.

Die Entscheidung kam gerade noch rechtzeitig. Denn die Kommunalwahl am vergangenen Sonntag hat die Mehrheitsverhältnisse im Landkreis verschoben: Die AfD ist nun zweitstärkste Partei hinter der CDU. In ersten Statements drohte die Partei gleich Burdukats Projekt: In der Leipziger Volkszeitung kündigte AfD-Kreissprecher Bodo Walther an, einen kritischen Blick auf Fördergelder für die offene Jugendhilfe zu legen, explizit auf das Dorf der Jugend. Auf Anfrage der taz erklärte Walther: „Das Graffito ‚Kacken ist wichtiger als Deutschland‘ muss nicht mit öffentlichen Geldern gefördert werden.“ Offene Jugendhilfe werde zu oft als Politisierungsprogramm betrieben. „Das richtet sich natürlich gegen uns“, so Walther, „DDR 2.0!“

Jugendarbeiter Burdukat hat wenig Verständnis für die politischen Entwicklungen im Landkreis. Am Freitag hört er als Sozialarbeiter im Dorf der Jugend auf, eine Sozialarbeiterin übernimmt seine Stelle. Zu groß war die Aufregung um seine Person in den letzten Monaten. Sein Kreistagsmandat hatte er seit den Querelen mit dem Jugendamt ruhen lassen, zur Kommunalwahl war er nicht wieder angetreten: „Ich kann nicht mit Leuten in einem politischen Gremium sitzen, die sagen, dass der Klimawandel aufhört, wenn die Sonne weniger scheint.“ Er kümmert sich ab Juni in einer spendenfinanzierten Teilzeitstelle um Verwaltung, Vernetzung und Finanzierung seines Projekts.

Burdukat sieht den Einflüssen der AfD in den kommunalen Gremien mit Sorge entgegen. Zwar traue er der Partei keine große Sachkompetenz in Politik und Jugendarbeit zu. Aber: „Sie können den Diskurs weiter verschieben und sukzessive ihre Definition, was Jugendarbeit zu sein hat, in die Ausschüsse und Ämter hereintragen.“ Zudem habe die Identitäre Bewegung ein Interesse am Aufbau rechter Jugendarbeit. AfD-Mann Walther indes hat auf die Frage nach einer Alternatividee für die Dorfjugend keine Antwort parat. Auf die Frage, ob die AfD eine eigene Jugendarbeit plane, entgegnete er „Ja, sicher. Wir haben da was vor.“ Was genau, das berate man noch.

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