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Gastkommentar Rennen um CDU-VorsitzKein Objekt chauvinistischer Träume

Nils Napierala
Kommentar von Nils Napierala

Die Sehnsucht nach Alphatieren ist groß in der CDU. Dabei könnte die Partei Annegret Kramp-Karrenbauer als Merkel-Nachfolgerin verkennen.

Die CDU-Männer könnten Kramp-Karrenbauer unterschätzen Foto: reuters

A nnegret Kramp-Karrenbauer (AKK) wird nachgesagt, eine Art „Mini-Merkel“ zu sein. Sie gilt als die Kandidatin für den CDU-Parteivorsitz, die den Kurs der Kanzlerin fortsetzt. AKK als quasi natürliche Nachfolgerin von Angela Merkel, die die CDU weiter nach links rückt und die Männer als Rückkehr zum „Markenkern“ der CDU? Ihr politisches Profil spricht dagegen.

Sie warnt vor hohen Klimaschutzzielen, ist gegen die Aufhebung des Werbeverbots für Abtreibungen und verweigerte die Anerkennung der „Schwulen und Lesben in der Union“ als offizielle Vereinigung in der CDU. Sie fordert harte Konsequenzen, „wenn Zuwanderer nicht bereit sind, sich zu integrieren“, will die Einkommensgrenze für den Spitzensteuersatz anheben und hat auch schon die Abschaffung des Soli ins Spiel gebracht. Nur weil sie eine progressivere Frauenpolitik verfolgt und mehr von Sozialpolitik hält als ihre Konkurrenten, kann man ihr ein konservatives Profil nicht absprechen.

Ihre Konkurrenten werden aber trotzdem darauf pochen, dass nur sie die CDU wieder konservativer machen. AKK wird es schwer haben, dagegen zu halten. Insbesondere, weil im CDU-Wahlkampf der politische Stil wichtiger zu sein scheint als die politischen Inhalte. AKK wäre nicht nur eine weitere weibliche Parteivorsitzende, sondern ebenfalls eine, die nicht auf den Tisch haut, nicht poltert und nicht polarisiert. Also eine Parteivorsitzende, die wie Merkel einen ruhigen Politikstil hat.

Nils Napierala

ist wissenschaftlicher Mitarbeiter an der Hertie School of Governance und Kommunikationsberater. Er arbeitet und forscht im Bereich politische Kommunika­tion und Framing.

Doch die Sehnsucht nach Alphatieren wächst. Merkels analytische, abwartende Art wird international geschätzt, in Deutschland aber nicht mehr. AKK dient als Projektionsfläche für all die vermeintlichen weiblichen Schwächen der Kanzlerin, während insbesondere auf Friedrich Merz die chauvinistischen Träume von einer Zeit vor der Merkel-Ära projiziert werden.

Gut möglich, dass AKK nicht mit ihren politischen Inhalten scheitert – sondern daran, dass ihre Konkurrenten etwas verkörpern, wonach sich die CDU sehnt, sich aber unmöglich bei einer Frau vorstellen kann.

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6 Kommentare

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  • Es sollte schon zu denken geben, das die CDU für die Merkel-Nachfolge wählen kann zwischen: Rechts, ganz rechts und noch weiter rechts.

  • „Gut möglich, dass AKK nicht mit ihren politischen Inhalten scheitert – sondern daran, dass ihre Konkurrenten etwas verkörpern, wonach sich die CDU sehnt, sich aber unmöglich bei einer Frau vorstellen kann.“



    Sehr gut erkannt Herr Napierala!



    Die Konkurrenten von AKK verkörpern den Ruf nach dem Starken Mann.



    Der Ruf nach dem starken Mann / Frau ist mir suspekt, suggeriert aber vielen Menschen, es gibt in einer hoch komplexen Gesellschaft schnelle und einfache Lösungen. Beispiele für „diese starken Persönlichkeiten (Männer)“ haben wir mehr als genug. Ich habe kein Interesse an Minderheitenhetze, Mediendiskreditierung, Nationalismus, Spaltung und Ausgrenzung.



    Da ist eine AKK für mich jedenfalls glaubwürdiger und authentischer als die beiden „starken“ Herren Span und Merz.

  • Zitat: „Merkels analytische, abwartende Art wird international geschätzt, in Deutschland aber nicht mehr.“

    Ausgerechnet in der taz hätte ich dieses „nicht mehr“ ja nun eher nicht erwartet. Die taz war schließlich eine der ersten, die Angela Merkel als „Mutti“ verunglimpft hat. Vielleicht auch, weil sie mit ihrem „ruhigen Politikstil“ durchaus als "Projektionsfläche" getaugt hat für all jene vermeintlich weiblichen Schwächen, die dadurch zum Ausdruck kommen, dass eine Person „nicht auf den Tisch haut, nicht poltert und nicht polarisiert“.

    Merke: „Chauvinistische Träum“, die der „Sehnsucht nach Alphatieren“ entspringen, scheinen kein Alleinstellungsmerkmal von CSU-Mitgliedern zu sein. :-(

    Übrigens: Eine Frau, die sich auf den Kanzlerinnen-Sessel bewirbt, mit „AKK“ abzukürzen, ist auch nicht besser, als sie „Mutti“ zu nennen. Das Kürzel mag ja wie eine Mischung aus Schnellfeuergewehr, Kernkraftwerk und verbotener (Terror-)Organisation klingen. Wer aber deswegen für Kramp-Karrenbauer stimmt, der könnte ebenso enttäuscht werde wie diejenige enttäuscht wurden, die in Angela Merkel eine „Mutti“ sehen wollten.

    Merke: Manche Politiker scheitern weniger an politischen Inhalten als vielmehr daran, dass sich ihre Wähler nach etwas sehnen, was sich die Politiker nicht vorstellen können – und auch gar nicht vorstellen wollen. Schließlich: Wer möchte sich schon „Populist“ schimpfen lassen?

  • Ruhiger Politikstil? Nicht auf den Tisch hauen? Also die Aufkündigung von Jamaika über eine Pressekonferenz während des FDP-Dreikönigstreffens spricht da eine andere Sprache.

    • @Meister Petz:

      Spricht eine andere Sprache, spricht in diesem Fall aber doch eher f ü r Kramp-Karrenbauer, wenn ich mir so manchen Koalitionskrampf hier ansehe.



      Die Lindner-FDP hat ja später auf Bundesebene, trotz allem damaligen Geschrei, genau diesen Politikstil eins zu eins übernommen - schon bevor sie nach endlos in die Länge gezogenen Koalitionsverhandlungen dann im letzten Moment eine Koalition doch ausschloß.

  • Als alter weißer Mann verlasse ich mich da ganz auf den Personalinstinkt der CDU. Mit Jens Spahn und Friedrich Merz treten da ja u.a. gleich zwei maskuline Prachtexemplare an, die man doch ohne große Übertreibung gleich unterhalb von Jesus ansiedeln kann. Hauptsache gesund und reich - alles andere findet sich dann schon irgendwie (;-))