: So wichtig Maaßen auch ist
Wegen des Verfassungsschutz-Chefs zerbricht die Koalition nicht. Sagt Merkel. Aber was macht die SPD?
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Aus Berlin Martin Reeh
Auch am Freitag stand die Zukunft von Verfassungsschutzpräsident Hans-Georg Maaßen im Mittelpunkt der politischen Debatten in Berlin. Die SPD hält an ihrer Forderung nach einem Rückzug Maaßens fest. Am Dienstag treffen sich Kanzlerin Angela Merkel (CDU), CSU-Chef Horst Seehofer und die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles erneut, um über Maaßens Zukunft zu beraten. Ein erstes Treffen am Donnerstag war ohne Ergebnis geblieben. Merkel versuchte die Gemüter zu beruhigen: „So wichtig wie die Position des Präsidenten des Bundesverfassungsschutzes auch ist, so klar ist auch, dass die Koalition an der Frage des Präsidenten einer nachgeordneten Behörde nicht zerbrechen wird.“
Die SPD halte Maaßen für „untragbar“, sagte der niedersächsische Ministerpräsident Stephan Weil der Neuen Osnabrücker Zeitung. Die SPD-Innenexpertin Eva Högl sagte aber, der Streit über Maaßen sei kein Grund für die SPD, die Koalition zu verlassen. Anders äußerte sich die designierte schleswig-holsteinische Landesvorsitzende Serpil Midyatli, die auch den Rückzug von Innenminister Seehofer ins Spiel brachte: „Wie es aussieht, ist Seehofer entschlossen, sich weiter wie eine wilde Sau aufzuführen.“ Es werde schwierig mit der Glaubwürdigkeit der SPD, „wenn wir ihm das jetzt durchgehen lassen“. Die Angst vor Neuwahlen dürfe die SPD nicht dazu treiben, „Dinge mitzutragen, die wir unter normalen Umständen um keinen Preis der Welt akzeptieren würden“. Seehofer als Maaßens Dienstherr hatte deutlich gemacht, dass er an dem Verfassungsschutzchef festhalten will. Ähnlich wie Midyatli äußerte sich der Chef der SPD-Fraktion im Düsseldorfer Landtag, Thomas Kutschaty: „Wenn Herr Seehofer Innenminister bleibt, weiß ich nicht, ob die Koalition bis zum Ende der Legislaturperiode halten wird“, sagte er dem Spiegel.
Der Verfassungsschutzchef steht in der Kritik, weil er nach den Ausschreitungen in Chemnitz gesagt hatte, ihm lägen „keine belastbaren Informationen“ vor, dass in der sächsischen Stadt „Hetzjagden“ auf Migranten stattgefunden hätten. Es sprächen „gute Gründe“ dafür, dass es sich bei einem entsprechenden Video „um eine gezielte Falschinformation handelt, um möglicherweise die Öffentlichkeit von dem Mord in Chemnitz abzulenken“. Später musste Maaßen seine Äußerungen relativieren.
Vor dem Spitzentreffen am Dienstag ist unklar, wie eine Lösung aussehen kann, ohne dass entweder CSU oder SPD beschädigt werden. Beide Parteien stehen vor den Landtagswahlen im Bayern im Oktober unter Druck, die CSU hält am Samstag ihren Parteitag ab. Laut der neuesten Umfrage von Infratest dimap würde die CSU mit 35 Prozent ihr zweitschlechtestes Ergebnis und die SPD mit 11 Prozent ihr schlechtestes Ergebnis seit 1946 in dem Bundesland einfahren. Seehofer kann Maaßen daher vor den Landtagswahlen kaum entlassen. Auch ein Rücktritt des Verfassungsschutzchefs würde als Niederlage des Innenministers gewertet. Mit ihrer Forderung nach einem Rückzug Maaßens hat nun aber auch die SPD das Thema so hoch gehängt, dass ihr ein Verbleiben des Verfassungsschutzpräsidenten im Amt schaden würde.
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