Linke Sammelbewegung „Aufstehen“: Schon 50.000 Interessierte
Sahra Wagenknechts Bewegung soll sich an von der Politik frustrierte Bürger richten, auch an AfD-Wähler. Es gebe bereits viele Anmeldungen, sagt Oskar Lafontaine.
„Wir sind sehr zufrieden. Wir haben mit einem solchen Zustrom nicht unbedingt gerechnet“, sagt Lafontaine. Die der Fraktionsvorsitzenden der Linken im Bundestag, seiner Frau, Sahra Wagenknecht, gegründete Bewegung wolle „vor allem die ansprechen, die seit vielen Jahren enttäuscht sind, die sich von der Politik nicht mehr vertreten sehen.“
Dazu gehörten auch jene, die „manchmal dann aus Protest auch die AfD gewählt haben“. „Diese Wählerinnen und Wähler, die im Grunde genommen auch die Politik der AfD ablehnen, aber sie nur aus Protest wählen, wollen wir zurückgewinnen.“ Es gebe für die Mitglieder der Sammlungsbewegung „Aufstehen“ keine Gesinnungsprüfung: „Aber wer sich bei uns anmeldet, muss sich zu unseren Zielen bekennen. Wenn einer vom Saulus zum Paulus wird, dann ist das ja gerade das Ziel der Bewegung.“
Lafontaine, der 1999 als SPD-Vorsitzender zurückgetreten war, betonte, „Aufstehen“ sei eine überparteiliche Bewegung. Bei der offiziellen Vorstellung am 4. September würden auch einige Prominente anwesend sein, „die sich bisher noch nicht öffentlich geäußert und zur Bewegung bekannt haben“. Anschließend soll es bundesweit eine Reihe von Kongressen zu einzelnen Themen geben.
Wagenknecht hatte gesagt, ihre Bewegung grenze sich in der Asylpolitik sowohl von der AfD ab als auch von einer „grenzenlosen Willkommenskultur“.
„Die richtige Antwort“
Lafontaine sagte der dpa, es sei „ein Versagen des parlamentarischen Systems“, wenn sich die in der Bevölkerung vorhandene „Mehrheit für höhere Löhne, bessere Renten und soziale Leistungen, für eine andere Außenpolitik, gegen Kriegsbeteiligungen und Waffenlieferungen und gegen Umweltzerstörung“ im Parlament nicht mehr abbilde. Das etablierte Parteiensystem werde von vielen als zu starr empfunden, sagte der saarländische Linken-Fraktionschef.
Der Politikwissenschaftler Ulrich von Alemann sieht Wagenknecht dagegen auf einem Irrweg. „Sie wird mit ihrer Bewegung keine neuen linken Mehrheiten erreichen“, sagte der Professor an der Heinrich-Heine-Universität Düsseldorf der Frankfurter Rundschau. Der Wähler habe in Deutschland „genügend linke Angebote“ bei SPD, Linken und Teilen der Grünen. Die Annahme, die Bewegung könne dem Thema soziale Gerechtigkeit besser zum Durchbruch verhelfen, sei „verwegen“. Alemann: „Das ist entweder naiv. Oder aber es ist Ausdruck eines Egotrips von Sahra Wagenknecht und Oskar Lafontaine.“
Eine neue Machtoption kann es laut Lafontaine nur geben, „wenn sich auch SPD und Grüne verändern“. Solange die SPD an der Agenda 2010 festhalte, gebe es im Bundestag „keine Mehrheit, die dem Willen der Bevölkerung Rechnung trägt“. „Denn die große Mehrheit der Bevölkerung will die Agendapolitik nicht.“ Solange die Grünen „sich mehr oder weniger als verlängerter Arm des US-Außenministeriums positionieren und Frieden und Ausgleich mit Russland ablehnen“ sei eine neue Politik auch nicht möglich. Deswegen sei eine Bewegung „mit dem Ziel, eine inhaltliche Erneuerung der deutschen Politik auf den Weg zu bringen, die richtige Antwort“. „Es wäre völlig gegen unsere Absichten, jetzt von einer neuen Partei zu reden.“
Lafontaine sagte, in Fragen der Sozialpolitik sei die AfD „eine neoliberale Partei, die mit sozialen Fragen wenig am Hut hat“. Alle Untersuchungen zeigten aber, dass viele Arbeiter und Arbeitslose die AfD wählten. „Sie kämen ja, wenn die AfD regieren würde, vom Regen in die Traufe. Und das ist natürlich eine Herausforderung für alle Parteien, die sich für die Arbeitnehmerschaft engagieren wollen“, sagte Lafontaine.
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