Kommentar Strahlung im Kinderzimmer: Hirn statt smarte Schnuller, bitte

In deutschen Kinderzimmern gibt es zu viel Digitales. Um die Kinder vor Strahlen zu schützen, hilft vor allem die Aufklärung der Eltern.

Kleinkind inmitten bunter Spielsachen

Digitale Geräte sollten so lange raus aus dem Kinderzimmer bleiben, wie möglich Foto: li-tzuni/unsplash

Dass es in deutschen Kinderzimmern funkt und flimmert, ist keine große Neuigkeit. Dass Tablets für Vorschulkinder pädagogisch nicht die allerbeste Idee sind, auch nicht. Aber an der neuen Broschüre zu Mobilfunk im Kinderzimmer, die der BUND vorgestellt hat, erstaunt dann doch, wie sorglos Eltern ihre Kleinen mit digitalen Gadgets ausrüsten.

Ferngesteuerte Autos mit Funkverbindung ins WLAN, Spieluhren, die mit dem Smartphone der Eltern verbunden sind, Windelhosen, die drahtlos kommunizieren, wann das Baby gewickelt werden muss – all diese Dinge setzen hochfrequente Strahlung frei. Wie krebserregend deren Wirkung insbesondere für das Gehirn ist, darüber gehen die Meinungen auseinander. Sicher ist aber: Längere körpernahe Nutzung von Mobilfunkgeräten erwärmt das Gehirn.

Dass dieser Effekt bei kleinen Menschen, die quasi mit dem halben Körper einem Tablet oder Mobiltelefon ausgesetzt sind, zu irreversiblen Schäden führt, ist bislang nur ein Verdacht. Doch der ist schlimm genug.

Kinderschutz versus Marketingmasche

Digitale Geräte müssen also so lange raus aus dem Kinderzimmer bleiben, wie möglich. Doch das ist leicht gesagt, wo WLAN-Router und schnurloses Telefon längst Grundausstattung der meisten Haushalte sind. Außerdem sind Kinderschutz und gesunder Menschenverstand weitgehend machtlos gegen eine Industrie, die verunsicherten jungen Eltern jede Menge strahlendes Zeug schon für die Allerkleinsten andient – angeblich zur Vorsorge und Frühförderung. Die Masche funktioniert, wie Beispiele aus der BUND-Broschüre zeigen: Schon Schwangere schließen ihren Bauch an drahtlose Messgeräte an. Ist das Baby dann auf der Welt, misst ein smarter Schnuller die Körpertemperatur.

Um die Gesundheit von Kindern zu schützen, braucht es verbindliche Richtwerte für digitales Spielzeug, ein Werbeverbot für Digitalgadgets im Kinderfernsehen, vor allem aber mehr Aufklärung für Eltern über die Gefahren von Strahlung im Kinderzimmer. Denn einen smarten Schnuller braucht kein Mensch – intakte Gehirnzellen schon.

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Jahrgang 1974, geboren in Wasserburg am Inn, schreibt seit 2005 für die taz über Kultur- und Gesellschaftsthemen. Von 2016 bis 2021 leitete sie das Meinungsressort der taz. 2020 erschien ihr Buch "Der ganz normale Missbrauch. Wie sich sexuelle Gewalt gegen Kinder bekämpfen lässt" im CH.Links Verlag.

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