Berichterstattung über Royal Wedding: Rassismus auf allen Kanälen

Die Kommentatoren überziehen Meghan Markle mit rassistischen und sexistischen Stereotypen. Das ZDF will sich nicht entschuldigen.

Meghan Markle sitzt lächelnd neben Prinz Harry

Meghan Markles glücklichster Tag – und die Kommentatoren zerreißen sich die Mäuler Foto: dpa

Meghan Markle, ehemalige Schauspielerin aus den USA und seit ihrer Hochzeit mit Prinz Harry am Samstag als Herzogin von Sussex Mitglied der britischen Königsfamilie, hat eine afroamerikanische Mutter. So weit, so unspektakulär. Könnte man zumindest meinen. Beim ZDF hingegen sieht man das wohl anders. So wurde die Hautfarbe der Braut während der von fast sechs Millionen Menschen gesehenen Übertragung zum Dauerthema.

„Ist die Queen da so großzügig und sagt: ‚Die beiden werden ja niemals König und Königin, da können wir uns auch mal so ein exotisches Paar leisten‘, ich sag es mal so salopp“, begann der Moderator Norbert Lehmann. William und Kate dürften sich als Garanten der Zukunft der Monarchie „nicht so viele Extravaganzen erlauben“, antwortet die Adelsexpertin Julia Melchior. „Jetzt halt dieses bunt gemischte Paar, das ist ein großer Zugewinn.“

Lehmann fragt später: „Die Herkunft der Braut. Ist das etwas, was Großbritannien erschüttert hat?“ Schwarzsein gilt hier wohl als skandalös, mindestens aber als extrem außergewöhnlich. „Ich habe auch das Gefühl, dass die Queen bei Meghan ein Auge zudrückt“, sagt die Gala-Unterhaltungschefin Luise Wackerl an anderer Stelle zum selben Thema. Und der Welt-Journalist Thomas Kielinger erklärt: „Es ist nicht ungewöhnlich für England, dass die ungewöhnlichen Paarungen passieren.“

„Okay ZDF, wir haben es verstanden, Meghan ist schwarz. Verstehe nur nicht ganz, was daran extravagant ist“, twitterte der Moderator Aurel Mertz während der Übertragung. Doch es ging munter weiter: „Aus Marketinggesichtspunkten“ sei „so eine Meghan natürlich genial“, meint Melchior, jetzt heirate sich „im Prinzip auch dieses afroamerikanische Esprit ins Königshaus ein“. Als die ZDF-Korrespondentin Diana Zimmermann später „so eine Vertreterin dieser black commudity, community“ (Lehmann) interviewt, stellt sie Afua Hirsch nicht zunächst als Journalistin und Autorin, sondern als „Tochter einer ghanaischen Mutter“ vor.

Klar: Meghan Markle ist die erste Nicht-Weiße im britischen Königshaus. Es spricht nichts dagegen, dies an einer passenden Stelle zu thematisieren. Doch ständig darauf zurückzukommen, als gäbe es kein anderes Thema, reduziert Markle auf ihre Herkunft und ist rassistisch. Genau wie die Bemerkung von Moderator Lehmann zum Ende, dass der Gospelchor „fantastisch schwarz und so toll schwarz gesungen“ habe. Als der Chor nach dem Gottesdienst thematisiert wird, fällt der eingeladenen Adelsexpertin dazu ein, dass „Afrika“ ein Thema sei, was Harry und Meghan „sehr verbindet“.

Und bei der privaten Hochzeitsfeier werde „eine afrikanische Note“ durch die Party führen, so Melchior, „ob es die Drinks sind oder die Musik“. Dies sei das Erbe von Prinzessin Diana, die sich „ja sehr für Aidswaisen in Afrika eingesetzt hat“.

Sexismus als weiteres Problem

Rassismus war allerdings nicht das einzige Problem der ZDF-Übertragung. Auch sexistische Kommentare liefen mehrfach über den Sender. Insbesondere der Welt-Korrespondent Kielinger kam immer wieder auf das Alter von Markle zu sprechen. „Sie haben auch keine Zeit zu verlieren, sie ist schon eine reife, erfahrene Frau und es muss jetzt passieren.“ Und Melchior behauptete, dass die Schauspielerin Markle mit der Menschenrechtsanwältin Amal Clooney vergleichbar sei – weil die beiden Feministinnen sich „an der Seite ihrer weltberühmten Ehemänner noch besser für ihre Sache einsetzen“ könnten. Dass Markle Prinz Harry „immer mit großen Augen anguckt und ihn bewundert“, wusste Luise Wackerl, „und das tut Harry gut“. Die Braut hatte übrigens entgegen der Tradition darauf verzichtet, ihrem künftigen Ehemann im Gelübde „Gehorsam“ zu versprechen.

Auch bei der unkritischen Wiedergabe von Zitaten wurde Frauenfeindlichkeit reproduziert. „Jemand hat mal gesagt“, so der Moderator Lehmann, „eine solche Frau hat man sich früher als Mätresse gehalten.“ Und Kielinger zitiert ohne ersichtlichen Zusammenhang zu Meghan Markle die Diplomatin Eleanor Roosevelt, die gesagt haben soll: „Frauen sind wie Teebeutel. Sie wissen gar nicht, wie stark sie sind, bevor sie ins heiße Wasser kommen.“

Von der Deutschen Welle auf die Kritik angesprochen, entschuldigte sich das ZDF nicht und erklärte lediglich, dass es von Zuschauern „Fragen sowie Lob und Kritik zu unterschiedlichen Aspekten der Übertragung“ erhalten habe und diese Kritik ernstgenommen werde. Die erwachsenen europäischen Königskinder sind jetzt fast alle verheiratet, bis zum nächsten in Deutschland übertragenen „Royal Wedding“ wird es also noch dauern. Das ZDF wird bis dahin hoffentlich andere Kommentatoren gefunden haben.

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