Erneuerbare-Ziel der Groko verschoben: Klimaschutz kann ruhig warten

Laut Koalitionsvertrag will die Regierung Sonne und Wind schneller ausbauen. Dieser Passus wurde aber aus dem neuen Gesetz entfernt.

Solarananlage in Bayern

Gibt es vorerst nicht so viele wie gedacht: Solarananlage in Bayern Foto: dpa

BERLIN taz | Das Klimaziel von minus 40 Prozent CO2 für 2020 hat die Große Koalition bereits abgeräumt – jetzt verschiebt sie auch noch den geplanten schnelleren Ausbau der erneuerbaren Energien. Die „Sonderausschreibungen“ für jeweils 4.000 Megawatt an Wind- und Solaranlagen für die Jahre 2019 und 2020 sind im Entwurf des Wirtschaftsministeriums zur Neuregelung beim Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG) nicht vorgesehen. Das wurde am Donnerstag bekannt. Damit fehlt ein wichtiger Baustein der Klimapolitik aus dem Koalitionsvertrag. Und Deutschland entfernt sich noch weiter von dem verpflichtenden EU-Ziel für den Ausbau erneuerbarer Energien.

Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier (CDU) bestätigte die Streichung der Maßnahmen. Er stimme sich aber mit anderen Ressorts ab und sehe sich „an den Auftrag aus dem Koalitionsvertrag gebunden“. Für das neue „EEG-KWKG-Änderungsgesetz“ müsse zuerst bei „zeitkritischen Punkten wie Beihilfen Rechtssicherheit geschaffen werden“. Nach der Sommerpause werde es einen Vorschlag geben, um „alle Vorgaben umzusetzen, dazu gehören auch die Sonderausschreibungen und die Aufnahme­fähigkeit der Netze“.

Der Koalitionsvertrag sieht vor, dass 2019 und 2020 jeweils 2.000 Megawatt für Wind an Land und Photovoltaik zusätzlich ausgeschrieben werden. Außerdem soll der Ausbau von Offshore-Windanlagen verstärkt werden. Mit dieser Hauruck-Maßnahme wollten SPD und Union dem Vorwurf begegnen, nach der faktischen Aufgabe des Reduktionsziels von 40 Prozent für 2020 sei der Klimaschutz für die Koalition nachrangig. Der zusätzliche Ausbau der Ökoenergie sollte insgesamt 8 bis 10 Millionen Tonnen CO2 einsparen. Allerdings steht der Passus unter dem Vorbehalt, dass „die Aufnahmefähigkeit der vorhandenen Netze“ garantiert sei. Mit diesem Argument machte nun nach Angaben von Beteiligten der Wirtschaftsflügel der Union Druck.

Die Aufweichung des Koali­tionsvertrags brachte von vielen Seiten Kritik. Aus dem Umweltministerium von Svenja Schulze (SPD) hieß es, man erwarte, dass der Koalitionsvertrag erfüllt werde, und werde mit dem Wirtschaftsministerium diese Frage „intensiv diskutieren“. Für Nina Scheer, SPD-Umweltpolitikerin, riskiert „diese Blockade das Verfehlen der Energiewende- und Klimaziele“.

Grüne: Regierung begeht „Wortbruch“

Der Grüne Oliver Krischer warf der Regierung vor, sie begehe „Wortbruch, bevor sie überhaupt richtig angefangen hat zu arbeiten“. Und Lorenz Gösta Beutin, klimapolitischer Sprecher der Linken, erinnerte daran, dass die Ausschreibungen die Weichen für das Ziel stellen sollten, 65 Prozent Ökostrom in 2030 zu erreichen. „Die Netze reichen aus“, so Beutin, „Engpässe gibt es wegen zu viel Strom aus Kohle und Atom, das Problem sind nicht die Erneuerbaren.“

Peter Röttgen, Geschäftsführer beim Bundesverband Erneuerbare Energien (BEE), mahnte, dass Deutschland ohnehin das EU-Ziel zur Öko-Energie zu verfehlen drohe. Bis 2020 muss die Bundesrepublik 18 Prozent des gesamten Energieverbrauchs – nicht nur beim Strom – aus grüner Energie decken. Sie wird aber nach BEE-Prognosen nur 16 Prozent erreichen. „Die EU-Kommission wird das nicht dulden“, so Röttgen, „Sonderausschreibungen können die Lücke etwas verkleinern.“ Das Argument der Netzaufnahme findet er vorgeschoben: Schließlich werde auch die Solarenergie gebremst, die von der Netzfrage nicht betroffen sei.

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