Arbeitsminister hält Regierungserklärung: Das Schweigen des Hubertus Heil
Der neue Arbeitsminister erklärt die sozialpolitischen Ziele der Regierung. Besonders interessant ist, zu welchem Thema er nichts sagt.
Was der neue Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) zu Hartz IV zu sagen hat, ist erstaunlich dürftig. Da tobt seit Tagen eine Debatte über die Grundsicherung, und Heil handelt sie in seiner Regierungserklärung im Bundestag in wenigen Sekunden ab. Nicht die Höhe der Transfers sei die entscheidende Frage und auch nicht, ob man es schaffe, Menschen in Armut zu verwalten, sagte Heil am Donnerstag. Entscheidend sei, Menschen „Chancen auf ein selbstbestimmtes Leben zu eröffnen“.
Damit bringt er die Haltung der neuen Bundesregierung zu Hartz-IV-Empfängern auf den Punkt. Zwar fand man die kaltherzigen Äußerungen Jens Spahns unpassend, aber wirklich ändern möchte man die Lage von arbeitslosen Armen auch nicht.
Eine Erhöhung der Hartz-IV-Sätze um 60 bis 80 Euro, die etwa die Caritas fordert, steht für diese Große Koalition nicht zur Debatte. Stattdessen, das wurde in Heils Rede deutlich, konzentriert man sich auf den arbeitenden Teil der Bevölkerung.
Heil versprach, als eines der ersten Gesetze das Rückkehrrecht von Teilzeit auf Vollzeit auf den Weg zu bringen. Es könne nicht sein, dass Teilzeitarbeit ein „Dauerschicksal“ werde. „Das wird in den ersten 100 Tagen auf den Weg gebracht.“ Damit liefert Heil nur längst Versprochenes nach: Das Projekt hatte schon die alte Koalition geplant, aber nicht mehr verwirklicht.
Heil warnte davor, bei der Rente die Generationen gegeneinander auszuspielen. Rentner seien keine „Empfänger von Mildtätigkeiten des Staates“, sondern hätten sich im Lauf ihres Arbeitslebens ein „soziales Recht“ erworben. Der Arbeitsminister verwies auf das Ziel der Koalition, das Rentenniveau bis zum Jahr 2025 nicht unter 48 Prozent sinken und den Beitragssatz zur gesetzlichen Rentenversicherung nicht über 20 Prozent steigen zu lassen.
Grundrente und Rentenreform
Außerdem kündigte er an, eine Grundrente einzuführen. Jene sei „eine Frage der Fairness und des Anstands“. Frauen, die ihr Leben lang für niedrige Löhne gearbeitet hätten, müssten im Alter mehr haben als Menschen, die nie gearbeitet hätten. Wer mindestens 35 Jahre in die Rentenversicherung eingezahlt, Kinder erzogen oder Eltern gepflegt hat, soll eine Grundrente 10 Prozent über der Grundsicherung bekommen.
Eine Kommission soll eine grundsätzliche Rentenreform erarbeiten. „Wir müssen langfristig dafür sorgen, die Rente krisen- und armutsfest und stabil zu halten“, sagte Heil mit Blick auf den demografischen Wandel.
Ab Mitte des kommenden Jahrzehnt werden die geburtenstarken Jahrgänge der Babyboomer aus dem Arbeitsleben ausscheiden. Dies wird ein Umbruch, da die Rente ein umlagefinanziertes System ist. Die Beschäftigten bezahlen mit ihren Beiträgen die Renten der Ruheständler – und erwerben dadurch selbst Ansprüche.
Auch Digitalisierung im Blick
Heil kündigte außerdem einen Masterplan gegen Kinderarmut an. Und er versprach, den Wandel der Arbeitswelt durch die Digitalisierung zu einem seiner Schwerpunkte machen. „Das ist die Gestaltungsaufgabe der Zukunft.“ Dabei gab sich Heil selbstbewusst. „Die Herzkammer der Bundesregierung soll das Bundesministerium für Arbeit und Soziales sein.“
Katja Kipping von der Linken-Fraktion hielt ihm die Leerstelle bei Hartz IV vor. Auf 175 Seiten des Koalitionsvertrags finde sich nicht ein Wort zur Erhöhung der Sätze. Ebenso gebe es nicht eine Aussage zur Abmilderung oder Abschaffung der Hartz-IV-Sanktionen. „Wenn Sie so weitermachen, bleiben Sie nichts anderes als der Hartz-IV-Vollzugsminister.“
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