Tobias Schulze über den Ministerwechsel im Auswärtigen Amt
: Abstellgleis für Martin Schulz

Die SPD macht das Außenministerium zum Gnadenhof: Weil sie Martin Schulz an der Parteispitze loswerden möchte, ihn aus schlechtem Gewissen aber auch nicht zum Hinterbänkler degradieren will, schickt sie ihn in der neuen Koalition voraussichtlich als Minister ins Auswärtige Amt. Gut für Schulz, dessen Sympathiewerte im neuen Job erfahrungsgemäß steigen werden und der nun nicht als gescheiterter Kanzlerkandidat in den Geschichtsbüchern enden wird. Schlecht für sein neues Ministerium, das aus Sicht der Sozialdemokraten offenbar nur noch als Abstellgleis taugt.

Zu kämpfen hatte das Auswärtige Amt schon immer: Seine Aufgaben überschneiden sich mit denen des Kanzleramts und verschiedener Fachministerien, durch Globalisierung und europäische Integration heute noch mehr als früher. Oft müssen die Diplomaten mit Kollegen aus anderen Ressorts um Kompetenzen rangeln. In Diskussionen mit dem Wirtschaftsministerium kann es darum gehen, ob bei Rüstungsexportentscheidungen eher sicherheitspolitische Erwägungen zählen oder doch der Industriestandort Deutschland. In Diskussionen mit dem Verteidigungsministerium darum, wie stark die Bundesrepublik in Krisenregionen auf militärische Mittel setzt. Und in Diskussionen mit dem Kanzleramt darum, wie die Architektur der EU in Zukunft aussehen wird.

Je stärker die Figur des Außenministers, desto größer ist in diesen Diskussionen der Einfluss des Ministeriums. Martin Schulz startet ins neue Amt als Leichtgewicht: Er ist weder Vizekanzler (das wird wohl Olaf Scholz) noch Parteichef (das wird wohl Andrea Nahles). Er ist im Moment nichts weiter als ein ehemaliger Europapolitiker, der nach einem fulminanten Einstieg in die Bundespolitik einen zweifelhaften Wahlkampf hinlegte, in dem er sich nicht gerade als großer Stratege präsentierte. Mag sein, dass er in die neue Aufgabe hineinwächst, auf Reisen eine gute Figur macht und sein Image aufpoliert. Das wäre dann aber auch schon das höchste der Gefühle: Auf Augenhöhe mit den Großen wird Schulz im neuen Kabinett sicher nicht sitzen.

groko