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Müssen alle SchülerInnen KZ-Gedenkstätten sehen?

Eine Berliner Staatssekretärin hat für eine Besuchspflicht für alle BürgerInnen plädiert. Der Zentralrat der Juden fordert das schon länger – für Schülerinnen und Schüler. Ist das ein wirksames Mittel gegen Antisemitismus?

Von Ralf Pauli

Demonstranten, die mitten in Berlin israelische Flaggen verbrennen. Lehrer, die unverhohlen rassistisch-antisemitisches Gedankengut verbreiten. Jugendliche, die ihre jüdischen MitschülerInnen offen angreifen und beleidigen. Die jüngsten Vorfälle in Deutschland werfen die Frage auf, ob das Land 73 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkrieges wieder ein Antisemitismusproblem hat. Und ob es – diese Frage rückt die Politik in den Vordergrund – durch muslimische Migranten verstärkt wird, die ihren mutmaßlichen Judenhass mit nach Deutschland bringen.

Der Streit über diese Fragen hat diese Woche neue Nahrung erhalten. Die Berliner Staatssekretärin Sawsan Chebli (SPD) hatte in der Bild am Sonntag Pflichtbesuche in ehemaligen Konzentrationslagern gefordert. „Ich fände es sinnvoll, wenn jeder, der in diesem Land lebt, verpflichtet würde, mindestens einmal in seinem Leben eine KZ-Gedenkstätte besucht zu haben“, sagte Chebli. Das gelte auch für Zuwanderer. KZ-Besuche sollten zum Bestandteil von Integra­tionskursen werden.

Die Forderung stieß im ganzen Land auf Widerspruch: Der thüringische Bildungsminister Helmut Holter (Linkspartei), der ab kommender Woche den Vorsitz der Kultusministerkonferenz übernimmt, sagte am Montag, er halte das „Du musst“ für den falschen Weg. Das Lernen an authentischen Orten sei „richtig und wichtig“. Es wäre aber besser, Anreize zu setzen, damit die Jugendlichen dieses Thema für sich entdeckten und sich damit auseinandersetzten.

Auch der Direktor der Stiftung Brandenburgische Gedenkstätten, Günter Morsch, sprach sich gegen verpflichtende Besuche aus. Nicht zuletzt die Erfahrungen in der DDR hätten gezeigt, dass diese Formen von „Zwangspädagogik“ häufig kontraproduktiv wirken und das historische Lernen eher verhindern als befördern. Der Theologe Björn Mensing, der seit über zehn Jahren Besuchergruppen durch das KZ Dachau führt, bemerkte: Den Gedenkstätten fehle es an qualifiziertem Personal. Das sei aber nötig, damit ein Besuch für wenig motivierte Jugendliche „ertragreich“ sei.

Im November hatte der Zentralrat der Juden gefordert, dass SchülerInnen der höheren Klassen eine KZ-Gedenkstätte besuchen müssen. Das ist bisher nur in wenigen Bundesländern so.taz nord

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