piwik no script img

Gegen pauschales Röntgen

Sozialsenatorin Stahmann spricht sich gegen eine generelle medizinische Altersfeststellung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen aus

Sozialsenatorin Anja Stahmann (Grüne) lehnt eine generelle medizinische Altersfeststellung für Flüchtlinge ab, die als unbegleitete minderjährige Ausländer in Deutschland aufgenommen werden. „Medizinische Methoden wie das Röntgen der Handwurzelknochen ohne medizinische Indikation sind nicht nur ethisch umstritten, sie sind in vielen Fällen auch vollkommen überflüssig“, sagte Stahmann.

Hintergrund sind Forderungen aus den Reihen der CDU/CSU, nach einer Gewalttat eines jungen Flüchtlings in Kandel in Rheinland-Pfalz. An seinen Altersangaben kamen Zweifel auf. Unionspolitiker hatten daraufhin gefordert, das Alter von Flüchtlingen generell, etwa durch das Röntgen von Handgelenken, zu überprüfen.

Stahmann erklärte nun, das Alter werde mit der „qualifizierten Inaugenscheinnahme“ eingeschätzt, sofern Ausweispapiere oder vergleichbare Dokumente nicht vorlägen. Das äußere Erscheinungsbild und der Gesamteindruck zum Entwicklungsstand des Antragstellers seien dabei maßgeblich. „Diese gesetzliche Regelung halte ich für richtig und ausreichend, sie ist Praxis in Bremen, und ich sehe keinen Bedarf, unsere Verfahren zu ändern“, so Stahmann.

In den meisten Fällen zeige sich nach der Inaugenscheinnahme eindeutig, ob ein Antragsteller oder eine Antragstellerin minderjährig sei oder älter als 21 Jahre und damit der Jugendhilfe endgültig entwachsen, erklärte die Senatorin.

Eine exakte Altersfeststellung sei weder mit medizinischen noch mit psychologischen oder sozialpädagogischen Verfahren möglich. „Nur in Ausnahmefällen ist eine medizinische Alterseinschätzung erforderlich und vertretbar“, so Stahmann. Die Betroffenen könnten sie verlangen, das Jugendamt müsse sie auch veranlassen, wenn es erhebliche Zweifel an den Angaben habe und der Antragsteller zustimme. Wer sich dem medizinischen Verfahren verweigere, dürfe aber nicht automatisch als volljährig angesehen werden.(epd/taz)

der tag

taz zwei

40.000 mal Danke!

40.000 Menschen beteiligen sich bei taz zahl ich – weil unabhängiger, kritischer Journalismus in diesen Zeiten gebraucht wird. Weil es die taz braucht. Dafür möchten wir uns herzlich bedanken! Ihre Solidarität sorgt dafür, dass taz.de für alle frei zugänglich bleibt. Denn wir verstehen Journalismus nicht nur als Ware, sondern als öffentliches Gut. Was uns besonders macht? Sie, unsere Leser*innen. Sie wissen: Zahlen muss niemand, aber guter Journalismus hat seinen Preis. Und immer mehr machen mit und entscheiden sich für eine freiwillige Unterstützung der taz! Dieser Schub trägt uns gemeinsam in die Zukunft. Wir suchen auch weiterhin Unterstützung: suchen wir auch weiterhin Ihre Unterstützung. Setzen auch Sie jetzt ein Zeichen für kritischen Journalismus – schon mit 5 Euro im Monat! Jetzt unterstützen