#MeToo-Welle erreicht Österreich: Peter Pilz packt gar nicht erst aus

Eine ÖVP-Mitarbeiterin bezichtigt Pilz, sie belästigt zu haben. Der Ex-Grüne und Chef einer neuen Partei bleibt deshalb dem Parlament fern.

Porträt Peter Pilz

„Ich habe in der Politik und im Parlament immer klare Maßstäbe gesetzt und diese gelten selbstverständlich auch für mich,“ sagt Peter Pilz Foto: reuters

WIEN taz | Peter Pilz, der bekannte Aufdecker von Skandalen, ist nun selbst in einen verwickelt und wird sein Mandat nicht annehmen, wenn der österreichische Nationalrat kommenden Donnerstag zu seiner konstituierenden Sitzung zusammentritt. Das gab der 63-jährige Politiker am Samstagvormittag mit einer „persönlichen Erklärung“ in Wien bekannt.

Pilz kann sich zwar an den Vorfall nicht erinnern, der vor vier Jahren am Rande des Europäischen Forum Alpbach in den Tiroler Bergen stattgefunden haben soll, nimmt die Vorwürfe aber so ernst, dass er die Konsequenzen zieht. „Ich habe in der Politik und im Parlament immer klare Maßstäbe gesetzt und diese gelten selbstverständlich auch für mich.“

Im konkreten Fall soll Pilz, wie die Stadtzeitung Falter berichtet, eine ÖVP-Mitarbeiterin belästigt haben. „Er war relativ betrunken und wollte offensichtlich provozieren“, erinnert sie sich laut Falter. Dann sei er zudringlich geworden: „Seine Hände waren überall! Zuerst umklammerte er meinen Arm, mit der anderen Hand war er an meinem Hals und dann an meinem Busen und Rücken. Auch sein Gesicht war viel zu nahe an mir.“ Zwei Zeugen, die dem Falter gegenüber diesen Vorfall bestätigten, hätten Pilz damals weggezogen und die peinliche Situation beendet.

„Höschen einpacken“

Die Frau hat sich an die Öffentlichkeit gewandt, als Pilz mit Vorwürfen sexueller Belästigung durch eine ehemalige Mitarbeiterin konfrontiert wurde. Das Magazin profil und die Tageszeitung Die Presse, denen die Information zugespielt worden war, hatten am Freitag in ihrern online-Ausgabe darüber berichtet.

Die ehemalige Mitarbeiterin des Grünen Klubs, dem Pilz damals als Abgeordneter angehörte, hatte Ende 2015 bei der Gleichbehandlungsanwaltschaft Anzeige erstattet und will 40 konkrete Fälle von Belästigungen dokumentiert haben. Sie wurde damals auf eigenen Wunsch versetzt und vereinbarte Verschwiegenheit mit ihrem Arbeitgeber, der Grünen Parlamentsfraktion. Unter den aufgezählten Verstößen seien Anreden wie „Schatzi“ und die Aufforderung „Höschen einpacken“, um mit Pilz in den Urlaub zu fahren, aktenkundig. Außerdem habe sie der Abgeordnete auf seine Almhütte und nach Paris eingeladen.

Er sei zwar „nicht immer politisch korrekt“ aber „Schatzi“ gehöre nicht zu seinem Wortschatz

Diese Vorwürfe weist Pilz entschieden zurück. Die Frau, der er „ausgezeichnete Arbeit“ aber auch großen Ehrgeiz bescheinigte, habe damals eine Beförderung verlangt, die sie mit seinem juristischen Berater gleichgestellt habe. Da ihr dies mangels einschlägiger Qualifikationen verwehrt wurde, habe sie zunächst mit Arbeitsverweigerung gedroht und sei dann in den Krankenstand getreten. Seither habe es mit ihr kein Gespräch mehr gegeben. Wenig später habe sie die Vorwürfe erhoben, über die er im Detail nie informiert worden sei: „Die Beschwerdeführerin hat verboten, mir das vorzulegen“.

Das Wochenende auf der Almhütte sei eine Arbeitsklausur im Beisein der Pressesprecherin, des juristischen Beraters und seiner Ehefrau Gudrun gewesen, so Pilz. Auf die Reise nach Paris habe er sie auf ihr eigenes Drängen mitgenommen. Mit von der Partie sei wieder der Jurist gewesen. Alle anderen Vorwürfe seien frei erfunden. Er sei zwar „nicht immer politisch korrekt“, aber „Schatzi“ gehöre nicht zu seinem Wortschatz.

„Wir müssen bereit sein dazuzulernen“

Pilz glaubt, dass auch die Kollegen in der Grünen Fraktion von seiner Schuldlosigkeit überzeugt waren. Als Beweis sieht er die Ereignisse auf dem Bundeskongress im vergangenen Juni, wo Pilz ja nicht auf den von ihm gewünschten vierten Listenplatz für die Nationalratswahl gewählt wurde. Fraktionschef Albert Steinhauser habr ihm aber angeboten, einen Vorzugsstimmenwahlkampf „mit allen Ressourcen der Partei“ zu unterstützen. Jemandem, der grob gegen die Prinzipien der Partei verstößt, habe man das nicht angetragen.

Pilz hat das bekanntlich abgelehnt und dann seine eigene Liste gegründet. Während die Grünen bei der Wahl vom 15. Oktober an der Vierprozenthürde scheiterten, schaffte er mit 4,3 Prozent den Einzug ins Parlament.

Diesem wird er jetzt doch nicht angehören: „Ich bin einer der alten mächtigen Männer“, so seine Selbsteinschätzung, die sich zuviel herausgenommen hätten: „Wir müssen bereit sein dazuzulernen“. Er wolle daher nur mehr „von außen“ für seine aus acht Mandatarinnen und Mandataren bestehende Fraktion – mehrheitlich Neulinge – beratend tätig sein.

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