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Pro und Contra HaushaltshilfePutzen und putzen lassen

Doris Akrap
Kommentar von Doris Akrap und Ivy Nortey

Darf man eine Reinigungskraft engagieren? Das sichert keine Existenz, findet eine Autorin. Ein ganz normaler Job, sagt eine andere.

Füttert man mit der Anstellung einer Putzfrau das kaputte System? Foto: dpa

Putzt selbst!

E s ist nicht in Ordnung, einen anderen Menschen niederknien zu lassen, nur damit dieser den Dreck wegmacht, für den man sich zu schade ist. Wer keine Zeit hat oder keine Lust auf den meditativen Moment mit dem Putzlappen, der sollte dringend in sich gehen und über die eigene Work-Life-Balance nachdenken. Nur Dreck machen, aber sich nicht um dessen Beseitigung zu kümmern, das passt auf den Privathaushalt mit Putzkraft genauso wie auf den Zustand einer Gesellschaft, in der sich nur wenige Gedanken darüber machen, welche Konsequenzen das eigene Handeln hat.

Nur weil man kritisiert, dass Menschen für sich putzen lassen, heißt es nicht, dass man die Arbeit der Putzkräfte abwerten will. Aber: Der erhabene Anspruch „Ich unterstütze dich, indem ich dich für mich putzen lasse“ funktioniert meistens nicht. Putzkräfte, die für Privathaushalte arbeiten, leben oft prekär. Sie sind normalerweise nicht fest angestellt, viele arbeiten schwarz oder ohne Arbeitserlaubnis. Sie haben keine Sicherheiten: Werden sie alt oder krank, müssen sie oft trotzdem weiterarbeiten oder haben eben kein Geld. Viele machen mehrere Jobs gleichzeitig, um irgendwie auf ein Monatsgehalt zu kommen, von dem sie leben können. Putzkräfte haben keine Lobby – und so bestimmen ihre Arbeitgeber die Bedingungen, unter denen sie arbeiten. Lehnen sie eine zu niedrige Bezahlung ab, macht die Arbeit eben ein anderer.

Sich durch einen Putzjob ein Studium zu finanzieren oder eine Zeit zu überbrücken, in der man gerade nicht so viel Geld hat, ist eine Sache, die vielleicht sogar funktioniert. Oft wird aber aus einer vermeintlichen Übergangsphase ein Dauerzustand. Häufig gehen Menschen mit Migrationshintergrund putzen, wenn sie sich auf dem Arbeitsmarkt in Deutschland nicht durchsetzen können. Es hat auch eine rassistische Dimension, wenn einige Deutsche es für legitim halten, dass diese Menschen sich bei ihnen für wenig Geld den Rücken krumm machen. Manchmal haben sie einen höheren Abschluss als die Arbeitgeber selbst – aber oft scheitert ein Jobwechsel an Geldnot, Sprachbarrieren und einer fehlenden Anerkennung. Das ist ein echtes gesellschaftliches Problem, das bleibt, wenn wir das zulassen.

Manchmal haben die Putzkräfte einen höheren Abschluss als die Arbeitgeber selbst

Für die schnelle Fremdreinigung gibt es jetzt sogar Putzplattformen, auf denen man mal eben per App einen Menschen buchen kann. Wer das ist, ist uninteressant – es zählt nur die schnelle Erledigung der Dienstleistung. Das macht den Umgang von Menschen untereinander noch unverbindlicher und unpersönlicher. „Viele sind froh, dass es jemanden gibt, der auf der gesellschaftlichen Leiter noch unter ihnen steht“, sagt Jessica Reisner von der Ini­tiative Arbeitsunrecht e. V., die sich für Putzkräfte einsetzt.

Aus der taz

Die Debatte: Im taz-Mailverteiler fragte eine Kollegin vor einigen Tagen, ob jemand ihr eine Putzhilfe empfehlen könne. Daraufhin wurde im Verteiler und auf Konferenzen heftig darüber diskutiert, ob es Ausbeutung sei, Putzkräfte in Privathaushalten zu beschäftigen. Zwei Kolleginnen haben uns ihre Sicht geschildert.

Man kann als Privatperson kaum jede Ausbeutung verhindern, aber man kann aufhören, selbst auszubeuten. Wenn es gar nicht ohne Unterstützung im Haushalt geht, könnten sich mehrere Haushalte eine angemeldete Putzfrau oder einen -mann teilen. Und dafür sorgen, dass die Person bekommt, was auch wir von unseren Arbeitgebern wollen: gesicherte Lebensumstände durch den ausgeübten Beruf. Ivy Nortey

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Lasst putzen!

Nur weil man sich oft niederbeugen muss, ist Putzen keine niedere Arbeit. Oder sagen wir, das Putzen ist genauso wenig niedere Arbeit wie die eines Redakteurs, der sich zur Nachricht über den Besuch der Bundeskanzlerin im Wurfhaus des Bundesleistungszentrum Kienbaum eine Titelzeile ausdenken muss. Es ist Arbeit, die gemacht werden muss.

Die Frage „Darf man für seine eigene Wohnung Putzkräfte bezahlen?“ ist keine Frage, sondern Quatsch und verrät viel über den, der diese Frage überhaupt stellt. Sie haben irgendwelche fiesen feudalen Bilder von Haziendabesitzern und Sklavenhaltern. Dass es das durchaus gibt, ist keine Frage. Aber die Frage in einem demokratischen Land ist nicht die nach Sklaverei, sondern nach gerechter Bezahlung. Die einzige Frage, die im Zusammenhang mit Putzkräften in Privathaushalten gestellt werden sollte, lautet so wie bei jeder gesellschaftlichen Arbeit: Welche Fähigkeiten gibt es und welche Bedürfnisse, und wie können wir das so regeln, dass davon jeder seinen Nutzen hat?

Wer ernsthaft der Meinung ist, weil Putzkräfte drastisch unterbezahlt würden, dürfe man in seinem Privathaushalt keine haben, sollte sich selbst genauso energisch fragen, wie sehr er oder sie dazu beiträgt, dass Löhne immer weiter gesenkt werden, indem man unbezahlte Praktika, Überstunden und untertarifliche Bezahlung bei Jobs in Kauf nimmt, die nur einen vermeintlich besseren Ruf als Kloputzen haben. Im Fall der selbst angestellten Putzkraft lässt sich das zudem sehr einfach beheben, indem man sie übertariflich oder mit dem gleichen Stundenlohn bezahlt, den man selber verdient.

Ich selbst habe mir mit dem Putzen fremder Wohnungen mein Abitur und mein Studium finanziert, das meine Mutter, die Jahrzehnte ihres Lebens Putzfrau war, nicht bezahlen konnte. Und ich war dem maoistischen Motorradhändler und dem Hausmeister eines Kulturhauses unendlich dankbar, dass sie ihre Böden, Waschbecken, Fenster und Kloschüsseln nicht selber putzten, sondern mich dafür bezahlten.

Ich selbst habe mir mit dem Putzen fremder Wohnungen mein Abitur und mein Studium finanziert

Ich habe mit einer lateinamerikanischen Putzfrau zusammengewohnt, die selbst eine Putzfrau bezahlte, um ihre eigene Wohnung putzen zu lassen. Die diversen Diskussionen, die ich in linken WGs über das Anstellen von Putzkräften hatte, haben mich an den Linken verzweifeln lassen. Denn das Ressentiment, die Sichtweise auf die Putzfrau als niedere Arbeitskraft, steckt am Ende hinter all diesen moralisch verdrucksten Argumentationen, die alle innerhalb weniger Minuten widerlegt werden können.

taz.am wochenende

Nach einem Jahr kehrt die Ex-Austauschschülerin Paulina Unfried zurück nach Minnesota. In der taz.am wochenende vom 12./13. August lesen Sie, ob für die Leute dort mit ihrem Wunschpräsidenten Donald Trump nun alles great geworden ist. Außerdem: Eine Reportage aus Sizilien, wo Flüchtlinge ohne Asyl als Wanderarbeiter*innen schuften. Und eine Odyssee des Liebemachens: Wie schwierig im Alter von 60 Jahren doch das Dating geworden ist. Am Kiosk, eKiosk oder gleich im praktischen Wochenendabo.

Sicher, man sollte nicht sein Leben lang putzen müssen. Aber dem ein oder anderen Linken würde es nicht schaden, wenn er mal selbst für Geld putzen ginge, um sein Wissen über die Würde einer Putzkraft aufzubessern. Kurz, der Kampf für die Arbeiterklasse beginnt damit, eine Putzkraft für die eigenen vier Wände zu bezahlen. Doris Akrap

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Doris Akrap
Redakteurin
Ressortleiterin | taz zwei + medien Seit 2008 Redakteurin, Autorin und Kolumnistin der taz. Publizistin, Jurorin, Moderatorin, Boardmitglied im Pen Berlin.
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9 Kommentare

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  • Die Realität ist eine völlig andere. So gut wie alle, die solche "haushaltsnahen Dienstleistungen" anbieten sind bereits anderweitig abgesichert - durch Ehegatten, Rente, Hartz4 oder Hauptjob. Sie wollen sich halt was dazuverdienen.

     

    Im übrigen: Soll wirklich jeder sein Haus selbst bauen/reparieren, sein Auto zusammenbauen oder sich selber seine Haare schneiden? Der Unterschied zu dem hier - absichtlich abwertend - genannten "Putzjob" ist völlig künstlich.

     

    Darüber hinaus ist es tatsächlich sogar recht schwierig zuverlässige Leute für diese Arbeiten überhaupt zu finden. Und wenn man diese findet wollen die NUR für "bar auf Tatze" arbeiten - eben weil sie noch anderweitige Verdienste haben, die sie ungeschmälert behalten wollen.

     

    Die beiden Autoren haben gar keine Ahnung davon wie es auf diesem Arbeitsmarkt wirklich aussieht.

  • Natürlich darf man eine Putzkraft anstellen. Wir lassen alle ständig andere für uns arbeiten, warum sollte das beim Putzen anders sein? Die Frage ist nur, zu welchen Bedingungen das passiert. Das ist die gleiche Frage, die man sich stellen sollte, wenn man beim Friseur den Haarschnitt für zehn Euro nimmt oder das T-Shirt für fünf Euro kauft.

     

    Dass ausgerechnet das Putzen (und andere haushaltsnahe Dienstleistungen) so schambesetzt sind, hängt meiner Meinung nach damit zusammen, dass diese Arbeiten "Frauenarbeit" sind. Die gute Hausfrau schafft das doch allein. Und selbstverständlich auch noch, wenn sie einen Vollzeitjob hat. Das schwingt auch in solchen Formulierungen mit: "Wenn es gar nicht ohne Unterstützung im Haushalt geht". Als wäre das etwas völlig abstruses, dass jemandem das Putzen zu viel sein könnte, und eine Putzkraft nur dann moralisch vertretbar, wenn man ansonsten vor Arbeitslast zusammenbrechen würde. Fragen Sie sich das auch bei anderen Dienstleistungen? Ich lasse auch mein Fahrrad in der Werkstatt reparieren oder meine Haare beim Friseur schneiden, obwohl ich das theoretisch selbst könnte und zu Zeiten mit weniger Einkommen und mehr Zeit auch selbst gemacht haben. Ich gehe sogar - Gott bewahre - gelegentlich in ein Restaurant zum Essen, obwohl ich selbst kochen kann (und das gerne mache). Meine Kinder, wenn ich welche hätte, ließe ich in einer Kita betreuen. Aber putzen - nein das geht nun wirklich nicht, das muss man unbedingt selbst machen.

     

    Das perverse dabei ist, dass das gleichzeitig dazu führt, dass diejenigen, die diese Dienstleistung übernehmen, schlecht bezahlt werden. Weil es ja "nur" Putzen ist. Was, siehe oben, natürlich nicht O.K. ist. Vom Lohn soll derjenige, der ihn bekommt, auch vernünftig leben können (inkl. Urlaub, Krankheitsausfälle, Sozialleistungen und Altersvorsorge) - dass das nicht geht, wenn ich einer Putzkraft 9 Euro die Stunde zahle, sollte jedem klar sein. Das ist moralisch verwerflich, nicht die Beschäftigung an sich.

  • Auf eine solches Streitthema kann auch nur die TAZ kommen. Beim Lesen der Überschrift dachte ich zunächst an eine Satire.

  • Pro: nach Hause kommen, saubere Wohnung, sauber zusammengelegte Wäsche. Contra: das ewig schlechte Gewissen. Nachdem unsere erste Putzfrau - ein freundliche Rentnerin, die unsere Kinder vergötterte und eigentlich nur ihrerwillen kam - krankheitsbedingt aufhören musste, versuchten wir es kurz mit einer ordentlich angemeldeten Putzfrau eines lokalen Putzdienstes. Sie war auch nett und alles - aber das persönliche war weg (wollten wir auch selbst nicht mehr), und wir ließen es irgendwann sein. Meine Freunde beschäftigen die im ersten Artikel angesprochenen ausländischen, überqualifizierten, unterbezahlten Putzkräfte und reden sich ein, dass sie ihnen irgendwie ja auch was Gutes tun. Ich weiß nicht, da gäbe es sicher andere Wege, wie man ihnen wirklich dauerhaft helfen könnte. Ich putze wieder selbst. Nein, meditativ ist es noch lange nicht, da drei kleine Kinder auch ihre Aufmerksamkeit brauchen. Also nur häppchenweises putzen, um eine gewisse Grundsauberkeit zu garantieren. Aber es geht auch so. Und manchmal macht es richtig Spaß. Immer daran denkend: Wo Staub liegt, herrscht Frieden.

  • 8G
    849 (Profil gelöscht)

    Arbeit wird nicht nach Leistung bezahlt, sondern nach einer ungeschriebenen Hierarchie. Ein Beispiel: Ich habe einen guten Freund (der über die Maßen gebildet ist, promoviert, habilitiert, x Veröffentlichungen, x Lehrstuhlvertretungen). Der fristet sein Leben mit Übersetzungen für namhafte Verlage. Diese Verlage zahlen ihm nicht mal die Hälfte von dem, was er für weitaus leichtere Übersetzungen im Softwarebereich bekommt. Er macht einen (Aus)putz-Job, so wie die Putzfrau auch. Putzen und Übersetzung, das muss sein, am besten billig, weil sprechen und putzen kann ja angeblich jeder...

  • #Team Akrap

  • 8G
    81236 (Profil gelöscht)

    Lohnarbeit abschaffen !

  • Im Umkehrschluss dürfen jetzt alle diese Unternehmen die für andere Essen zubereiten

    wohl auch schliessen da sie für Ausbeuter arbeiten die zum kochen zu faul sind.

    Kindergarten werden auch geschlossen da die Mütter nur zu faul zum erziehen sind.

    Anstreicher werden also auch ausgebeutet.

    Putzen ist eine Arbeit wie jede andere.

  • Zwei undifferenzierte mögliche Meinungen, die nur ein Bruchstück der Geschichte "Putzfrauen" wiedergeben. Die einen müssen, andere wollen und andere können. Wenn ich die Putzfrau, die für meine 94 jährige Großmutter bis vor kurzem noch putzte, weil ich es mit drei Kindern und Beruf einfach nicht schaffe, Frage, dann erstaunt mich diese selbstbewusste Frau sehr. Sie empfindet Freude daran anderen Mensch zu helfen, in dem sie ihnen die Arbeit abnimmt, die sie nicht machen wollen und können. Und sie ist dabei sehr geschickt und erfahren. 25 Jahre Berufserfahrung. Warum zögere ich noch, mir selbst diese Entlastung zu gönnen? Sie würde auch bei mir gerne putzen. Weil andere mit dem Finger dann auf mich zeigen! So ein Unsinn. Manchmal muss man entscheiden, ob man für mehr Zeit bezahlt. Und mir wird diese Zeit mehr für meine Kinder es wert sein. Die Dame freut sich über einen neuen Kunden, der sie jeden Monat freudestrahlend bezahlt. Und natürlich: angemessen!