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Einsatzleiter beim G20-GipfelDer überzeugte harte Hund

Polizeiführer Hartmut Dudde prägte mit seiner Einsatz-Philosophie bundesweit den Begriff der „Hamburger Linie“. Jetzt leitet er den Gipfeleinsatz.

Spielt gern mit Wasserwerfern: Hartmut Dudde Foto: dpa

HAMBURG taz | Der Aufschrei unter BürgerrechtlerInnen war groß: Ausgerechnet dem Polizeiführer Hartmut Dudde ist vom rot-grünen Hamburger Senat die Gesamteinsatzleitung für den G-20-Gipfel übertragen worden. Zu oft wurden im vergangenen Jahrzehnt seine Polizeieinsätze im Nachhinein von Gerichten für rechtswidrig erklärt.

Der 54-jährige leitende Polizeidirektor hat in der Ära des rechtspopulistischen Innensenator Ronald Schill Karriere gemacht. 2005 wurde er Leiter der Hamburger Bereitschaftspolizei. Mit seiner Einsatz-Philosophie prägte er bundesweit den Begriff der „Hamburger Linie“ bei Demonstrationen.

Gemeint ist damit ein enormer Personalaufwand und beim kleinsten Anlass: Wasserwerfer oder schweres Gerät. 2007 etwa musste eine Großdemonstration gegen Repression vorzeitig abbrechen, weil Dudde den Marsch in Dreierreihen von behelmten Polizisten begleiten ließ und den „Wanderkessel“ mehrfach stoppte, weil Seitentransparente mehr als 1,50 Meter lang waren. Alles rechtswidrig, urteilte später das Hamburger Verwaltungsgericht.

Auch bei Aktionen des gemeinsamen Klima- und antirassistischen Camps in Hamburg 2008 wurde Dudde aktiv: Eine Demo vor dem Kohlekraftwerk Moorburg ließ er mit dem Hinweis gewaltsam vorzeitig auflösen, die Demonstranten hätten den Steuerzahler „schon genug Geld gekostet“. Das Verwaltungsgericht rügte den Einsatz.

Durchsetzungskraft bewiesen

Zwei Beispiele von vielen. Trotzdem beförderte Innensenator Michael Neumann (SPD) Dudde 2012 zum Gesamteinsatzleiter der Hamburger Polizei mit Platz im Präsidium. Es zog ihn auch weiterhin auf die Straße: Beim Protest zum Erhalt des Autonomen Zentrums Rote Flora am 21. Dezember 2013 war er selbst vor Ort. Vor seinen Augen griffen Polizeieinheiten den genehmigten Marsch nach ein paar Metern an, es endete in einer Straßenschlacht.

G20 in Hamburg

Am 7. und 8. Juli treffen sich in Hamburg die Staatschefs der größten Industrie- und Schwellenstaaten zum G20-Gipfel. Die taz berichtet dazu in einem laufend aktualisierten Schwerpunkt und ab dem 1. Juli mit täglich 8 Sonderseiten.

Dudde selbst gefällt der Ruf des „harten Hundes“, sein Vorgehen aber ist sogar innerhalb der Polizei umstritten. 2015 quittierte die Leitung der Bereitschaftspolizei den Dienst, weil sie von ihm genötigt worden war, einen NPD-Lautsprecherwagen trotz freier Wege mitten durch eine Gegendemo zu lotsen.

Dennoch: Hamburgs Polizeipräsident Ralf Meyer, selbst in der Schwarz-Schill-Ära groß geworden, hält Dudde für seinen fähigsten Beamten, den G-20-Gipfeleinsatz zu leiten. Durchsetzungskraft hat er eben stets bewiesen. Und wie sagt Dudde selbst: „Sie können ja dagegen klagen.“

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9 Kommentare

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  • "Rechter Hund" würde es besser treffen. Dudde agitiert ganz klar politisch - gegen Linke.

     

    Deren Demos mischt er gezielt auf, provoziert Gewalt, um dann umso härter zurück zu schlagen.

     

    Ein beliebter Trick: BFE-Trupp in voller Kampfmontur mitten durch die friedliche Menschenmenge schicken. Irgendeiner wird dann schon eine Flasche werfen - und damit jede Reaktion rechtfertigen.

     

    Gestern Abend hat das nicht geklappt. Die Menge blieb friedlich.

    • @Max Herrmann:

      der nächste Schritt ist dann die Flaschen von Polizisten werfen zu lassen.

  • Es ist bezeichnend für all die - ängstlichen – Politiker /-innen und deren Vertrauen in „ihre“ Bevölkerung sowie deren Mut zu Demokratie, wenn TROTZDEM der Polizeiführer Dudde als Heilsbringer und Bewahrer der öffentlichen Sicherheit u. Ordnung, im Augenblick schon bekannt durch Missachtung von Gerichtsurteilen, als bester Mann beschrien wird.

     

    Oh Gott, wie sind dann erst die Anderen!?

     

    Eine Demokratie geht nicht dadurch kaputt, dass – mögliche – extremistische Personen ihren durch die in der Vergangenheit von vielen als falsch geschaffenen Umständen berechtigten Protest deutlich machen sondern durch Führer von Ordnungskräften, die ohne Grund aber mit gewissen – eigenen - Absichten Situationen schaffen, mit denen sie Situationen schaffen wodurch Situationen wie z.B. am 21.12.2013 u. folgende Tage geschaffen werden.

     

    Zudem von einem (BundesInnen-)Minister, der es sich in jüngster Zeit zur Aufgabe gemacht hat mit falschen Zahlen aus seinem Arbeitsbereich Angst zu verbreiten und Polizeiführern u.a. dadurch die Möglichkeit zu schaffen, Divisionen um sich zu scharen, die man ja dann auch nicht in der Garage stehen lassen will.

     

    Die Hoffnung geht dahin, dass die Politik der Polizei die Stadt wieder übergibt und dass man soweit polizeilich durchdreht, als dass man Tausende von Hamburger Bürgern durch das Verhängen von Gefahrengebieten unter Generalverdacht stellt und DER Anordnende persönlich damit an die Wand fährt.

     

    SEIN Lehrer hat das seinerzeit schon einmal erfolgreich durchgeführt.

     

    Nur wenige Wochen nach einem Herzinfarkt hätte ich allerdings von dem Dienstherrn des Polizeiführers mehr Fürsorge erwartet, als ihm nach so kurzer Zeit der Genesung schon so ein wirklich aufreibendes Amt zum Erhalt der freiheitlich demokratische Grundordnung zu überlassen!?

  • Ist das jetzt lächerlich, bezeichnend oder eine Warnung, dass in einer rotgrün regierten Stadt die Grünen nicht mal erreichen, dass solche Rechtsbrecher nicht mit solchen Aufgaben betraut werden?

    • @Age Krüger:

      Mich würde nicht mal wundern, wenn sie nicht mal versuch hätten dagegen zu opponieren bzw. sogar dafür waren: man muss ja immer Koalitionsfähig mit der CDU bleiben. Wurden Grüne eigentlich schon auf den Demos gesehen?

    • 7G
      74450 (Profil gelöscht)
      @Age Krüger:

      guter Punkt!

  • 3G
    33710 (Profil gelöscht)

    Die Strategie der Stadt Hamburg ist keine Null-Toleranz-Strategie, sondern eine wohl kalkulierte Konfrontationsstrategie. Auf Konfrontation folgt Eskalation und dann hat der Senat genau die Bilder, die er braucht, um seinen Verfassungsbruch zu „legitimieren“. Ganz im Sinne einer selbsterfüllenden Prophezeihung werden die Ausschreitungen provoziert, mit deren Abwehr der Senat das Versammlungsrecht unterminiert. Ganz schön clever, könnte man sagen. Mit Demokratie hat dies jedoch nicht mehr viel zu tun. Vielleicht sollten die lieben Kollegen von zahlreichen Blättern, die den G-20-Protest erstaunlicherweise stets unter dem Motto „Protest gegen PutinTrumpErdogan“ interpretieren, auch einmal eins und eins zusammenzählen. Man kann über das „diabolische Schlagzeilen-Dreigestirn“ ja denken, was man will – das deutsche Grundgesetz wird in Hamburg jedoch weder von Putin, Trump noch Erdogan, sondern vom rot-grünen Senat der Hansestadt mit Füßen getreten.

  • 6G
    60440 (Profil gelöscht)

    Vorsätzlicher Rechtsbruch. Vorbildlich. Schillesque halt. Und klagen hat, wie man sah, auch keinen Sinn.

  • Das ist die typische Polizistendenke, wenn sich andere nicht an Gestze halten dann wären wir ja schön blöd, wenn wir das täten.

     

    Unser Rechtsstaat hat hier ein massives Problem.

     

    Zieht sich durch sämtliche Sicherheitsbehörden diese Feigheit.

     

    Vertuschungen allenthalben und falscher Korpsgeist.

     

    Was macht die CDU in NRW: Kennzeichnungspflicht für Polizisten wird abgeschafft.