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Reaktionen auf US-Luftangriff in SyrienViel Zustimmung für Trump

Merkel und Hollande erklären, Assad trage die alleinige Verantwortung für die Entwicklung. Der Luftangriff der USA erfährt auch Ablehnung.

Der Start einer der Tomahawk-Rakten, mit denen die US-Armee die syrische Armee attackierte Foto: ap

Washington/Damaskus/Moskau dpa/afp/rtr | Die Krise in Syrien droht nach einem US-Luftangriff weiter zu eskalieren. Der amerikanische Präsident Donald Trump ließ als Reaktion auf einen mutmaßlichen Giftgasangriff einen Luftwaffenstützpunkt in dem Bürgerkriegsland bombardieren. Dabei kamen nach syrischen Regierungsangaben sechs Menschen ums Leben, darunter auch Zivilisten.

Kanzlerin Angela Merkel und Frankreichs Präsident François Hollande erklären nach einem Telefonat: „Präsident Assad trägt die alleinige Verantwortung für diese Entwicklung.“ Sein wiederholter Einsatz von chemischen Waffen und seine Verbrechen gegen die eigene Bevölkerung verlangten eine Sanktionierung, wie Frankreich und Deutschland sie bereits im Sommer 2013 nach dem Massaker von Ghuta gefordert hätten.

„Dass die Vereinigten Staaten jetzt mit einem Angriff gegen die militärischen Strukturen des Assad-Regimes reagiert haben, von denen dieses grausame Kriegsverbrechen ausging, ist nachvollziehbar“, sagt Bundesaußenminister Sigmar Gabriel am Freitag am Rande seiner Mali-Reise in Bamako, wie das Auswärtige Amt in Berlin mitteilte. Zugleich warb er für eine „politische Lösung“ des Bürgerkriegs in Syrien.

Russland verurteilte das US-Vorgehen. „Präsident (Wladimir) Putin hält die amerikanischen Angriffe für eine Aggression gegen einen souveränen Staat, gegen das Völkerrecht, dazu noch mit einem erdachten Vorwand“, sagte Kremlsprecher Dmitri Peskow in Moskau. Die syrische Armee habe keine Chemiewaffen mehr, das habe nach der Entwaffnung auch die zuständige UN-Organisation bestätigt. Als Reaktion auf den Angriff setzt Russland eine mit den USA geschlossene Vereinbarung über die Vermeidung von Zusammenstößen im syrischen Luftraum aus. Das erklärte die Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa. Bislang hatten beide Länder Daten über Flugbewegungen ausgetauscht, um Kollisionen zu verhindern.

Die syrische Führung in Damaskus hat den US-Angriff auf einen syrischen Luftwaffenstützpunkt als „dumm und unverantwortlich“ verurteilt. Das Verhalten Amerikas offenbare nur dessen „Kurzsichtigkeit und politische und militärische Blindheit für die Realität“, erklärte das Büro von Machthaber Baschar al-Assad am Freitag.

Trump sagte am Rande eines Treffens mit Chinas Staatschef Xi Jinping in Florida, von dem nun ins Visier genommenen Flugplatz sei vor wenigen Tagen ein Angriff mit Giftgas auf die von Rebellen kontrollierte Stadt Chan Scheichun ausgegangen. Dies sei ein „barbarischer Akt“ gewesen. „Ich rufe heute alle zivilisierten Nationen auf, sich uns anzuschließen“, sagte Trump. Das Blutvergießen in Syrien müsse beendet werden.

Das russische Militär war informiert

Nach Darstellung des Verteidigungsministeriums in Washington wurden russische Militärs vor dem Militärschlag informiert. Damit habe ausgeschlossen werden sollen, dass russische Soldaten Opfer des Raketenangriffes werden. Das US-Militär habe darauf geachtet, keine Bereiche des Stützpunktes zu treffen, in denen sich Russen aufhielten oder gelagerte chemische Waffen vermutet würden, berichtete der Nachrichtensender CNN. Man gehe davon aus, dass es keine russischen Opfer gebe.

Die syrische Armee erklärte, die „amerikanische Aggression“ verstoße gegen internationale Gesetze und untergrabe den Kampf Syriens gegen den Terrorismus. Die USA seien zu einem Partner der Terrormiliz „Islamischer Staat“ (IS) und des syrischen Ablegers des Terrornetzwerks Al-Kaida geworden. Der angebliche Chemieangriff auf die Stadt Chan Scheichun sei nur ein Vorwand gewesen.

Aus syrischen Militärkreisen hieß es, die meisten Kräfte seien vor der Bombardierung von der Basis abgezogen worden. Der regierungsnahe TV-Kanal „Al-Mayadeen“ meldete, Syriens Luftwaffe habe auch die meisten Jets auf dem Flugplatz vor dem Angriff in Sicherheit gebracht.

Der Iran, ebenfalls ein Verbündeter Syriens, verurteilte den US-Luftangriff scharf. „Diese militärischen Alleingänge sind gefährlich und schädlich“, sagte Außenamtssprecher Bahram Ghassemi laut Nachrichtenagentur ISNA. In der derzeitigen Lage würden diese Einsätze nur die Terroristen stärken, die Krise in Syrien noch weiter eskalieren lassen und Hoffnungen auf eine politische Lösung noch mehr erschweren.

Zuspruch von vielen Seiten

Das türkische Außenministerium nannte den US-Angriff „sehr positiv“. Ein Sprecher von Präsident Recep Tayyip Erdogan fordert die Einrichtung einer Flugverbotszone und von Schutzzonen, um weitere Massaker in Syrien zu verhindern.

Israel hat den US-Luftangriff in Syrien begrüßt. „In Worten und Taten hat US-Präsident (Donald) Trump eine starke und klare Botschaft ausgesandt, dass der Gebrauch chemischer Waffen nicht toleriert werden wird“, hieß es am Freitag in einer Mitteilung des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu.

Auch Saudi-Arabien, der Erzrivale des Irans in der Gegend, begrüßte den Luftangriff als „mutige Entscheidung“ Trumps. Das Königreich unterstütze die amerikanische Militäroperation voll und ganz, meldete die staatliche saudische Nachrichtenagentur SPA unter Berufung auf das Außenministerium in Riad. Der Angriff sei eine Antwort auf die Verbrechen des syrischen Regimes gegen sein Volk.

Die britische Regierung unterstützt den US-Angriff in Syrien. Das Vorgehen sei eine angemessene Antwort auf den „barbarischen Chemiewaffenangriff“ der syrischen Regierung, sagt ein Sprecher von Premierministerin Theresa May.

Trump und Tillerson hatten nur Stunden vor dem Luftschlag den Druck auf die Regierung Assads erhöht. Trump sagte mit Blick auf Assad: „Ich denke, er ist der, der die Dinge verantwortet. Und ich denke, es sollte etwas passieren.“ Die USA wollten eine internationale Koalition schmieden, um Assad abzulösen, sagte Tillerson. Der UN-Sicherheitsrat hatte sich zuvor bei einer Sondersitzung in New York erneut nicht auf eine neue Syrien-Resolution verständigen können.

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16 Kommentare

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  • "Die Raketenangriffe fielen auf den Tag genau auf den 100. Jahrestag des US-amerikanischen Einstiegs in den Ersten Weltkrieg." — http://www.taz.de/US-Luftangriff-in-Syrien/!5396759

    https://de.wikipedia.org/wiki/Erster_Weltkrieg#Versch.C3.A4rfung_des_U-Boot-Kriegs_und_Kriegseintritt_der_Vereinigten_Staaten

     

    Das ist jetzt ein echt großer Zufall, dass genau dann Giftgasangriffe berichtet werden.

  • Wer erinnert sich noch an den letzten Giftgasangriff — bei dem am Ende dann doch nicht so klar war, von wem er ausging?

  • 8G
    87233 (Profil gelöscht)

    Genau Richtig Frau Merkel, Herr Hollande. Nur, es htte deutlicher auch gegen Barbar Putin auch gerichtet werden müssen.

  • Wir sollten uns viel mehr über den Einsatz von Giftgas aufregen und über das Einreiseverbot von Menschen aus muslimischen Ländern.

    Kennen Sie adopt a Revolution und die vielen Blogs der syrischen Opposition?

  • Angry Arab from Chicago comments on this: "Let me get this straight: so according to Washington DC pundits, Trump was a dangerous maniac...until he started bombing?"

     

    Angry Arab 07.04.2017

  • 5G
    571 (Profil gelöscht)

    Da wird ganz einfach der Rechtsbruch gelobt.

    Wo sind wir eigentlich gelandet?

    • @571 (Profil gelöscht):

      Wo „wir“ schon immer waren - guter Ami, böser Russ.

      • @Rainer B.:

        Ein Rosenduft entweicht da wo

        beim andren ziehen Fürze

        Doch feine Nase auf dem Klo

        vernimmt die gleiche Würze

        Mit etwas Fantasie jedoch

        spürt hier die schlichte Meute

        mal hier Flakon, mal da ein Loch

        und Kleider machen Leute

  • " Die USA wollten eine internationale Koalition schmieden, um Assad abzulösen, sagte Tillerson."

     

    Ach so? Und ausgerechnet Trumpel soll es richten? Na dann mal zu. Immerhin verfügen die USA darin ja schon über einen reichen Erfahrungsschatz. Afganistan, Irak, Lybien ... .

  • Da kommt mir doch ob der plötzlichen Rührseligkeit Trumps das Reiserische Lied "Menschenfresser" in den Sinn.

  • Tja... "Zustimmung.." zu was denn? Zu mehr Eskalation im `künstlichen´ "Kriegstheater" Syrien?

  • Bei dieser Sache kann es einem nicht wohl sein. Irgendwie scheint mir das alles zu passgenau daher zu kommen, genau wie 9/11 für Bush.

  • Trump sagte mit Blick auf Assad: „Ich denke, er ist der, der die Dinge verantwortet. Und ich denke, es sollte etwas passieren.“

     

    Seit wann „denk[t]“ dieser Mann? Und seit wann hat er Ahnung von Geographie?

     

    Nun gut. Wollen wir ihm mal glauben, dass er gedacht hat, er hätte gedacht. Ich denke auch. Ich denke, es sollte Angela Merkel, Sigmar Gabriel und François Hollande ganz schwer zu denken geben, dass sie in dem Fall nicht nur einer Meinung sind mit dem inkompetenten Großmaul Trump, sondern auch mit dem Journalisten-Hasser und Möchtegern-Diktator Erdogan, dem Terror-Finanzier und erklärten Anti-Demokraten al-Aziz, der als Falke getarnten Skandalnudel Netanjahu und der Kriegstreiberin und Brexit-Vollstreckerin May.

     

    Wäre ich Putin, würde ich mir jetzt die Hände reiben und denken: Wer solche Freunde hat, braucht keine Feinde mehr.

    • @mowgli:

      Unwahrscheinlich, bisher war "der Westen" berechenbar. Trump ist ein unberechenbarer Unsicherheitsfaktor, was Putins Strategien eher durchkreuzen kann.

       

      Spätestens jetzt kann Trump nicht mehr Putins Mann im weißen Haus sein.

       

      Das Putin jetzt sagen kann: Seht ihr ich habe es seit Jahren gesagt, ist wohl nur ein schwacher Trost für Putin. Maximal ein kurzer Sieg für ihn, aber langfristig verkompliziert es die Diplomatie.

  • Da hat Trump das altbewährte Mittel, nämlich Kriegshandlungen, gebraucht um zweifelnde Vasallen hinter der "einzigen Weltmacht" zu sammeln. Hat doch funktioniert. Sieht man doch an den Reaktionen die es aus den Vasallenstaaten gibt.

     

    Und nun beginnt wieder ein humanitär angemalter Krieg der USA. Genauso wie immer schon.

    • 5G
      571 (Profil gelöscht)
      @conny loggo:

      Jedem US-Präsi seine Kriege.

      War nur eine Frage der Zeit und jede Menge Lob bekam er auch noch dafür, dass er sich blutige Hände geholt hat.

      Oder gab es diesmal gar keinen "Kollateralschaden"?