Mit Panzern gegen Putin

Militär Von Bremerhaven über die Schiene nach Polen: Die US-Armee verlegt derzeit eine Kampfbrigade nach Osteuropa. Aus Linkspartei, SPD und AfD kommt Kritik

Am Rande der Strecke protestierte die Linkspartei am Montag in Lehnin (Brandenburg) Foto: Ralf Hirschberger/dpa

von Tobias Schulze

BERLIN taz | Am Montag erreichten die ersten Panzerhaubitzen ihr Ziel. In Drawsko Pomorskie, knapp hundert Kilometer hinter der deutschen Grenze, luden US-Soldaten die Fahrzeuge von Güterwagen der Deutschen Bahn. Drei Tage hatte die Zugfahrt gedauert, von der Schiffsanlegestelle in Bremerhaven ging es über Niedersachsen und Brandenburg nach Polen.

Insgesamt transportiert die US-Armee derzeit rund 3.500 Soldaten und 2.000 Militärfahrzeuge nach Polen. Eigentlich ist die Kampfbrigade in Colorado stationiert, im Rahmen der „Operation Atlantic Resolve“ wird sie aber für die kommenden neun Monate nach Osteuropa verlegt. Nach US-Angaben soll die Aktion dazu beitragen, „mit Blick auf die russische Intervention in der Ukraine den Frieden und die Stabilität in der Region“ zu sichern.

In Deutschland stößt die Truppenverlegung, die Bundeswehrsoldaten logistisch unterstützen, in verschiedenen Lagern auf Kritik. „Das dürfte in Russland als konkrete Kriegsvorbereitung wahrgenommen werden“, sagte die Linken-Fraktionschefin Sahra Wagenknecht in der vergangenen Woche. AfD-Vize Alexander Gauland sprach von „Säbelrasseln“ und zunehmender Konfrontation. Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte dem RBB: „Es hilft uns nicht weiter, wenn Panzer auf beiden Seiten der Grenze auf und ab fahren.“

CDU und Teile der Grünen zeigen mehr Verständnis. Der brandenburgische Oppositionsführer Ingo Senftleben nannte es „befremdlich“, dass Woidke das polnische Sicherheitsbedürfnis nicht ernst genug nehme. Die Grünen-Bundestagsabgeordnete Marieluise Beck sagte der taz: „Balten und Polen sind verständlicherweise besorgt, weil Russland Krieg führt und in der Ukraine gewaltsam Grenzen verschoben hat. Die Länder haben ihre Erfahrungen mit Okkupation durch die expansiven nationalsozialistischen und sowjetischen Nachbarn machen müssen.“

Die nun verlegten Truppen werden nicht alle in Polen bleiben: Ab Februar werden einzelne Bataillone ins Baltikum, nach Bulgarien und Rumänien sowie zum US-Stützpunkt Grafenwöhr in der Oberpfalz verteilt. Nach neun Monaten soll sich die gesamte Brigade wieder zurückziehen, dafür rückt eine neue Einheit samt Material aus den USA an. Zweck der Rotation ist unter anderem, große Truppentransporte zu üben.

Anders als von einigen Kritikern der Operation behauptet, verlegt die US-Armee im Rahmen der Truppenbewegung nicht 2.000 Panzer, sondern 2.000 Fahrzeuge verschiedener Art. Darunter sind beispielsweise Sanitätsfahrzeuge und Autoanhänger, aber auch 87 Kampfpanzer, 18 Panzerhaubitzen und 144 sogenannte Bradley-Kampffahrzeuge, die als Späh- oder Schützenpanzer eingesetzt werden können. Eine komplette Liste der Fahrzeuge veröffentlichte die US-Armee nicht, die tatsächliche Gesamtzahl der Panzer teilte sie auf Anfrage nicht mit.

CDU und Teileder Grünen zeigen mehr Verständnisfür den Transport

Im Rahmen der US-Operation werden ab Februar zudem noch 2.200 weitere Soldaten sowie 84 Transport- und Kampfhubschrauber nach Deutschland und Osteuropa verlegt. Außerdem bildet die Nato derzeit vier multinationale Bataillone mit je rund 1.000 Soldaten, die in Polen und dem Baltikum stationiert werden; die USA werden dafür mehrere hundert Soldaten stellen.

Alles in allem handelt es sich um den größten US-Truppenaufbau in Europa seit Jahrzehnten. Für einen Krieg mit Russland würde er aber kaum ausreichen. Zum Vergleich: Vier Wochen vor der Irak-Invasion 2003 hatten die USA allein im Nachbarland Kuwait über 100.000 Soldaten stationiert.

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